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Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman

Titel: Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Autoren: Alfredo Colitto
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war schon seit einer Weile geschlossen - kam nach dem Nachtmahl einer der bewaffneten Diener, die der Bankier aus Sicherheitsgründen im Haus hatte, zu ihm und meldete, dass ein Reisender aus Tortosa ihn dringend zu sprechen wünsche. Remigio ging daraufhin ins Erdgeschoss - in der Annahme, dass er einen Templer vorfinden würde. Als er aber sah, dass Hugues de Narbonne auf ihn wartete, wurde ihm schwindelig und er wäre beinahe bewusstlos zu Boden gesunken.
    Der Franzose war so elegant gekleidet wie immer. Ein blaues Gewand, das ihm gerade bis über die Knie reichte, ein Tribut an die neue Mode, die die männlichen Gewänder immer kürzer werden ließ, bleigraue Beinlinge und schwarze Halbstiefel.
Er war sichtlich gealtert, und seine Locken, die unter dem weich fallenden Barett hervorkamen, wirkten inzwischen eher weiß als blond. Trotz allem war er aber immer noch eine beeindruckende Erscheinung. Hochgewachsen, kräftig, mit kantigem Kopf und einem grausam wirkenden Mund. Seine bloßen Oberarme waren mit einem dichten blonden Flaum bedeckt, und die Hände erinnerten an die Pranken eines Löwen. Remigio entschloss spontan, dass er den Franzosen besser empfing und allein mit ihm sprach, als zu versuchen, ihn mit Gewalt aus dem Haus zu entfernen. Dennoch wies er seine beiden Diener leise an, hinter der Tür zu warten und sofort hereinzustürmen, wenn er sie rief.
    Sobald sie allein in seinem Arbeitszimmer waren, ließ der Geldverleiher alle Förmlichkeiten außer Acht und sprach Hugues de Narbonne direkt an: »Was auch immer Euch hierhergeführt haben mag, Messere, ich werde nichts für Euch tun. Absolut nichts.«
    Diesmal war er sicher, dass er das Heft in der Hand hielt, aber als der Franzose aufstand, die Hände auf den Tisch stützte und sich ihm zuwandte, fühlte Remigio, wie ihm der Atem stockte.
    »Ich muss Euch wohl nicht erinnern, was das letzte Mal geschehen ist, als Ihr mir einen Gefallen verweigert habt«, sagte Hugues de Narbonne und starrte ihn mit seinen grauen Augen gefährlich an.
    »Die Zeiten haben sich geändert«, erwiderte Remigio und bemühte sich krampfhaft, keine Angst zu zeigen. »Euer Orden steht unter Anklage, der Großmeister De Molay sitzt im Gefängnis und könnte auf dem Scheiterhaufen enden, und die Häscher der Inquisition suchen nach Euch. Ich müsste nur laut rufen, und sofort hättet Ihr alle Schergen der Stadt auf dem Hals.«
    »Und warum tut Ihr es dann nicht?«, forderte ihn der Franzose heraus.

    Remigio sah ihn nur stumm an.
    »Ich werde Euch sagen, warum«, fuhr Hugues de Narbonne fort. »Selbst wenn der Orden der Tempelritter angeklagt wird, bleiben sie weiterhin Eure besten Kunden, und wenn sich das Gerücht verbreitete, Ihr hättet den Kommandanten von Akkon verraten und verhaften lassen, würdet Ihr sie alle verlieren. Außerdem könnte ich den Dominikanern, solltet Ihr mich an sie verkaufen, verraten, dass Ihr als Mittelsmann für viele Geschäfte von Tempelrittern fungiert, die sich der Verhaftung haben entziehen können, dass Ihr viele ihrer Verstecke kennt und dass Euer Haus für die Mitglieder des Ordens, die auf der Durchreise sind, eine feste Anlaufstation ist. Was meint Ihr wohl, wie sie reagieren würden?«
    »So etwas würdet Ihr Euren Mitbrüdern niemals antun«, erwiderte Remigio, doch seine Stimme klang nicht sehr überzeugend.
    Jetzt war der Franzose an der Reihe, ihn stumm anzusehen, und sein Blick besagte mehr als eine lange Rede. Hugues de Narbonne war bereit, jeden zu opfern, um seine Ziele zu erreichen.
    Es klopfte an der Tür. Auf Remigios »Herein!« betrat Fiamma den Raum. Sie hatte gehört, dass trotz der späten Stunde noch ein Kunde gekommen war, und wollte den Bankier nun unterstützen, indem sie wie immer die Dokumente ausfertigte.
    Sie war unauffällig gekleidet, wie es einer jungen Frau ihres Alters geziemte, mit Pantoffeln und einer schlichten Tunika aus leichtem Wollstoff, die ihre weiblichen Formen verhüllte. Allerdings hatte sie ihre Haare wohl schon zum Schlafengehen gelöst und offensichtlich keine Zeit gehabt, sie neu zu frisieren. So flossen ihre blonden Locken, nur von einem Haarreif gehalten, damit sie ihr nicht in die Stirn fielen, ungebändigt über ihre Schultern, ein Anblick, dem nur wenige Männer zu widerstehen vermocht hätten. Sie hielt ihr Gesicht seitlich abgewandt,
um dem Gast nur den unversehrten Teil davon zu zeigen. Remigio bemerkte genau den Blick, den Hugues de Narbonne auf sie warf.
    »Ich benötige keine Hilfe,
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