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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen
Autoren: Gillian Philip
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rot im Blitzlicht einer Kamera leuchtete.
    Â»Schrecklich«, sagte er. »Da denkt man …«
    Â»Denkt man was?«, fragte Bertha.
    Er zuckte die Schultern. »Du solltest vorsichtig sein, Bertha. Lieber nicht abends zu Fuß nach Hause gehen und so.«
    Â»Als ob er ausgerechnet mich vergewaltigen und ermorden wollte!« Sie brüllte vor Lachen, schien dann aber zu der Ansicht zu gelangen, dass das unangebracht war. Sie presste die Lippen aufeinander und machte »hm«. »Mach dir keine Sorgen. So was Aufregendes passiert in Breakness nie.«
    Er sah sie ernst an und berührte ihre Hand. »Trotzdem.«
    Â»Kircaldy, das ist eine andere Welt. Oje, sieh doch mal, sie hatte ein Kind.« Bertha glättete die Zeitung und blätterte eine Seite weiter. »Zwei Jahre alt. Die arme Kleine.«
    Â»Wo du abends das Geschäft abschließt und das Geld mitnimmst und so. Sei vorsichtig.«
    Â»Das soll nur mal jemand versuchen.« Die Dicke Bertha ließ ihren Bizeps spielen. Irgendwo unter der Fettschicht zitterten Muskeln. »Er ist sowieso nicht hinter Geld her. Sie war eine vom Gewerbe. Wie die, die letztes Jahr in Cambuslang umgebracht wurde. Man tötet keine Prostituierten wegen Geld.«
    Â»Nein«, sagte er und betrachtete stirnrunzelnd das Zeitungsfoto. »Jung. Sieh sie dir an.«
    Â»Und ich bin eine alte Schrulle. Mädchen wie Ruby, die müssen vorsichtig sein.«
    Ich zuckte die Achseln und erwiderte ihr Lächeln.
    Â»Das stimmt«, sagte George der Molotow-Mann. »Sie hat recht, Ruby.«
    Ich wollte nicht hier stehen, den Kopf schütteln und irgendetwas über eine tote Prostituierte murmeln, die zweihundert Meilen entfernt in einem Graben lag. Es deprimierte mich, vor allem weil meine moralische Werteskala im Augenblick schlecht funktionierte, und weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Das war ein weiterer guter Grund, nicht viel zu sagen. Worüber hätte ich auch reden sollen? Das Mädchen im Graben und ihr trauriges, schmutziges Ende taten mir leid, aber ich konnte nichts für sie tun, und ich hatte nicht das Recht, entrüstet zu sein. Was hatte sie denn auch erwartet? Solche Dinge passieren, wenn man so etwas tat.
    Jinn trat aus dem Laden in die Helligkeit und wandte ihr Gesicht mit halb geschlossenen Augen der Sonne zu. Es gefiel mir nicht, wie ein Licht in ihrer Haut angegangen war, seit Nathan Baird seinen Schatten über den Tag geworfen hatte.
    Â»Fünf Minuten.« Sie blinzelte Bertha zu und lächelte.
    Â»Zehn. Lass Kim ein bisschen länger arbeiten. Sie ist gestern früher abgehauen, und sie denkt, ich weiß es nicht. Wollt ihr Mädchen einen Molotow?«
    Ich zögerte. Ich wollte etwas trinken, doch ein Getränk von einer Farbe, wie sie in der Natur vorkam, wäre mir lieber gewesen.
    Â»Ich hole sie«, sagte Jinn.
    Â»Im Kühlschrank stehen kalte. Schreib’s auf, ja, Liebes?«
    Das hieß nicht, dass wir dafür bezahlten, nur dass bei Bertha immer alles seine Ordnung haben musste. Die Dicke Bertha hielt viel davon, alles aufzuschreiben, aber sie war nicht geizig, wenn es um ein gelegentliches Getränk oder auch mal eine Tüte Chips ging.
    Ich konnte mich sowieso nicht beklagen, da ich den Molotow umsonst bekam. Vielleicht schmeckte er besser mit Wodka, so wie Jinn ihn abends trank. Ich wünschte, Alkohol würde mir besser schmecken: Vielleicht nahm er dem Ganzen die chemische Süße. Molotows gab es eher in verschiedenen Farben als Geschmacksrichtungen, und sie waren praktisch alle radioaktiv: Last Mango, Blue Lagoon, Pink Flamingo und Mellow Yellow. Jinn hatte mir einen rosafarbenen gebracht, weil sie noch am wenigsten giftig aussahen, doch ein Flamingo in diesem Fuchsienton müsste abgeschossen werden. Ich kippte das Zeug hinunter und versuchte, nicht auf den Geschmack zu achten. Wenigstens war es nass und kalt. Andere Menschen mochten es. Wenn sie das nicht täten, würde der Aufblasbare George nicht so oft zu Bertha kommen.
    Jinn schaute die ganze Zeit die Straße hinunter, in die Richtung, in die Nathan Baird verschwunden war, doch schließlich trank sie ihren Molotow und verschwand wieder im Laden. Ich hing dann nicht länger dort herum; mir war nicht nach Plaudern zumute. Ich ließ Bertha und George dort stehen – die Hintern gegen die warme Steinwand gelehnt, die Köpfe eng zusammen in das Boulevardblättchen gesteckt – und auf
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