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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen
Autoren: Gillian Philip
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düstere Weise über den plötzlichen Tod schäkern.

Drei
    Jinn und ich wohnten in einem grauen Haus am Ende einer Häuserreihe. Früher gehörte es uns dreien – obwohl es natürlich in Wirklichkeit der Gemeinde gehörte. Nach Laras Tod ließen sie uns weiter dort wohnen, weil Jinn neunzehn und so unglaublich kompetent war. Die Sozialarbeiter und die Leute vom Wohnungsamt kamen etwa drei Monate lang regelmäßig vorbei, dann zuckten sie mit den Schultern, lächelten und ließen uns in Ruhe.
    Drinnen gab es nichts Besonderes zu sehen. Es sah aus wie in Millionen anderen Häusern. Betten, Sessel, die ein bisschen zu groß für den Raum waren, ein Fernseher, hier und da ein Tisch. Ein paar Fotos, Kerzen auf einem Regal, ein Porzellanpferd mit einem abgeschlagenen Ohr. Was kann ich sonst noch darüber sagen? Prägetapete in altmodischen Pastellfarben. Eine tote Wespe auf der Fensterbank. Es war ein Haus wie Millionen andere und es hätte sich nicht von einem von ihnen abgehoben. Aber es gab zwei Schlafzimmer, und wir hatten allen Platz, den wir brauchten, denn wenn wir mehr brauchten, gingen wir nach draußen. Vor dem Haus und seitlich davon gab es einen kleinen Garten, wo Jinn Dinge wie Kapuzinerkresse und Löwenmäulchen und Gänseblümchen angepflanzt hatte: die Art Pflanzen, die man in Kartons kaufte, drei für einen Fünfer bei B&Q.
    Wir hatten den farbenfrohesten Garten in der Straße. Jinn steckte leuchtende Windmühlen in den Boden, die schon beim geringsten Sonnenlicht glänzten, und sie kaufte seltsam aussehende Plastikfrösche und Kaninchen und manchmal auch eine Märchenfigur. Sie hängte Windspiele auf und vergaß, sie abzunehmen, wenn Stürme von der See aufzogen, sodass die Windspiele sich vollständig verhedderten und erst wieder läuteten, wenn sie sie entwirrt hatte. Es gab einen kleinen Wasserspeier aus Stein, der aussah, als sei ihm etwas im Hals stecken geblieben, das er gleich ausspucken würde. Als Jinn ihn im Gartencenter gesehen hatte, musste sie laut lachen, ja, so laut lachen, dass die Leute sie anstarrten. Sie sagte, er könne jetzt nicht mehr im Gartencenter bleiben, das wäre nicht fair. Die Leute würden ihn die ganze Zeit auslachen, und da er eindeutig keinen Sinn für Humor hatte, würde ihn das verletzen. (Das meinte sie ernst. Das muss man sich mal vorstellen!) Und so musste der hässliche kleine Penner, obwohl er teuer war und wahrscheinlich aus Beton gemacht, auch wenn es sich nach echtem Stein anfühlte, mit uns nach Hause kommen.
    Jinn hatte den Gärtnerbazillus von Lara. Lara verbrachte Stunden im Garten, zupfte wucherndes Unkraut und versuchte dann verzweifelt, es wieder zurück in den Boden zu schieben, wenn sie ein verblasstes Etikett fand und merkte, dass es sich um Blumen handelte. Sie tat nie etwas sehr Sinnvolles. Nachdem Lara gestorben war und Jinn die Sache übernahm, explodierte der Garten vor Farbe. Zugegeben, nicht hundert Prozent natürliche Farben mit den giftgrünen Plastikfröschen und den regenbogenfarbenen Windmühlen, doch er glitzerte und funkelte wie ein Jahrmarkt am Ende der grauen Reihe. Kleine Kinder guckten gern über die niedrige Hecke, bis ihre Mütter sie wegzogen. Ich war stolz auf unseren Garten und sehr stolz auf Jinn.
    Jinn plante auch, Gemüse anzubauen: Man konnte Reifen aufeinanderstapeln, sagte sie, und sie mit Kompost füllen, und sie würden auf jeden Fall leicht zu pflegen sein. Sie war bis jetzt noch nicht dazu gekommen, aber sie hatte ein paar alte Reifen gesammelt, die wir in einer Ecke des Hinterhofs aufbewahrten, worüber sich der griesgrämige alte Saftsack von nebenan sofort beschwerte, indem er sagte, wir würden den Hof in einen Schrottplatz verwandeln. Jinn sagte, er solle sich verpissen, und da die Gemeinde sich einen Dreck um ein paar alte Reifen scherte (sie scherten sich wahrscheinlich auch einen Dreck um den G.A.S .), behielten wir sie. Trotzdem deckte Jinn die Reifen mit einer alten Decke ab, die sie mit Ziegelsteinen beschwerte, und das schien den G.A.S . zu besänftigen.
    Â»Wer sagt, man kann in einer Stadt nicht autark sein?«, sagte Jinn an jenem Tag, als sie von der Arbeit nach Hause kam. Draußen im Hausflur knallte die Tür irgendwann mit einem explosionsartigen Geräusch zu. Das tat sie immer. Sie schwang erst entsetzlich langsam in den Angeln und schlug dann mit einem Knall zu. Wenn
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