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Das fliegende Klassenzimmer.

Das fliegende Klassenzimmer.

Titel: Das fliegende Klassenzimmer.
Autoren: Erich Kästner
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überfüllte Kinopaläste oder grüne Gebirgsseen, ob Stadt oder Land, ich liebe beide.
    Und beide verdienen’s, dass man sie liebt. Was wäre das eine ohne das andere?
    Bevor ich schließe, muss ich euch noch von einer Begegnung erzählen, die ich eben hatte. Unter den vielen Menschen, die vorüberkamen, war auch ein Offizier der Handelsmarine. Ein älterer Herr in einer schönen blauen Uniform, mit goldenen Litzen und Sternen. Und neben ihm ging ein Junge mit einer Gymnasiastenmütze. Ein Irrtum war ausgeschlossen: Das waren Jonathan Trotz und der Kapitän.
    »Johnny!«, rief ich.
    Der Junge drehte sich um. Der Kapitän blieb stehen. Ich ging zu den beiden hin und machte vor dem Kapitän eine Verbeugung. »Du bist doch der Johnny Trotz aus dem Kirchberger Johann Sigismund-Gymnasium«, sagte ich zu dem Jungen.
    »Jawohl«, erwiderte er.
    »Das freut mich«, entgegnete ich. »Und Sie sind der Kapitän, der wie ein Vater für Johnny sorgt?«, fragte ich den Herrn in der Marineuniform.
    Er nickte höflich und wir gaben uns die Hand.
    »Ich habe nämlich ein Buch über euch geschrieben«, sagte ich zu dem Gymnasiasten. »Und zwar über die merkwürdigen Erlebnisse, die ihr vor zwei Jahren, um Weihnachten herum, hattet. Jetzt bist du allerdings schon Sekundaner, und eigentlich müsste ich Sie zu dir sagen. Aber ich tu’s nicht. Du wirst es ja auch nicht verlangen. Erinnerst du dich noch an jene Zeit, als die Realschüler eure Diktathefte in Egerlands Keller verbrannten?«
    »Ich entsinne mich noch sehr genau daran«, bemerkte Johnny.
    »Und das haben Sie aufgeschrieben?«
    Ich nickte. »Und den Fallschirmabsprung, bei dem Uli verunglückte.«
    »Das wissen Sie auch?«, fragte er erstaunt.
    »Freilich«, meinte ich. »Das und noch viel mehr. Wie geht’s denn allen? Isst Matthias noch immer so gründlich?«
    »Er isst nicht«, sagte Johnny. »Er frisst! Und zweimal in der Woche hat er Boxunterricht in einer Sportschule.«
    »Großartig! Und was macht Sebastian?«
    »Gegenwärtig hat er’s mit der Chemie. Er liest riesig schwierige Bücher über die Elektronentheorie und über die kinetische Gastheorie und über die Quantentheorie und solche Sachen. Er will Gelehrter werden und herauskriegen, was in den Atomen drin ist.«
    »Und was macht dein Freund?«
    »Martin ist noch immer der Klassenerste. Und wütend wird er immer noch, wenn wer ungerecht ist. Und in der übrigen Zeit malt er. Das wissen Sie ja wohl auch. Seine Bilder sind sehr schön. Ein Professor von der Kunstakademie hat ihm geschrieben, er solle später Maler werden. Und Martins Vater hat wieder eine Stellung gefunden.«
    »Das freut mich aufrichtig«, sagte ich. »Und Uli?«
    »Uli ist ein sonderbarer Kerl«, meinte Johnny. »Er ist noch immer der Kleinste in der Klasse. Aber er ist ganz anders als früher. Matthias steht völlig unter seinem Pantoffel. Und uns anderen geht’s fast genauso. Uli bleibt zwar klein, aber in ihm steckt eine Kraft, der sich niemand widersetzen kann. Uli will das gar nicht. Aber wenn er wen anschaut, hat er’s schon geschafft.«
    »Er hat sich damals selber überwunden«, sagte der Kapitän nachdenklich. »Und da ist dann alles Übrige eine Kleinigkeit.«
    »So wird’s wohl sein.« Ich wandte mich wieder an Johnny.
    »Und du dichtest nach wie vor?«
    Der Kapitän lächelte. »Ja, er schreibt Märchen und Dramen und Gedichte. Vielleicht darf er Ihnen einmal etwas zuschicken, damit Sie die Sachen prüfen? Würden Sie das tun?«
    »Eisern«, meinte ich. »Aber ich kann nur die Arbeiten prüfen, nicht das Talent. Ich kann nur nachschauen, ob du schreiben kannst, und nicht, ob du einmal ein Schriftsteller werden wirst. Das entscheidet sich erst später.«
    »Ich werde warten«, erklärte Johnny leise.
    Ein patenter Junge, dachte ich. Dann sagte ich: »Und grüße, wenn du wieder in Kirchberg bist, vor allem den Justus und den Nichtraucher!«
    »Die kennen Sie auch?«, fragte Jonathan Trotz perplex. »Und von wem soll ich sie denn, bitte, grüßen?«
    »Von ihrem Berliner Freund«, sagte ich. »Da wissen sie schon Bescheid. Und grüße auch die Jungen!«
    »Gerne. Ich richte die Grüße aus. Und Sie schicken uns das Buch, wenn es gedruckt ist, ja?«
    »Ich werde es dem Doktor Bökh schicken«, meinte ich. »Und wenn er’s für richtig hält, mag er’s euch geben. Sonst nur dem Martin Thaler.«
    Dann reichten wir einander zum Abschied die Hand. Und der Kapitän und sein Pflegesohn liefen weiter. Johnny drehte sich noch einmal um
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