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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett
Autoren: Unknown
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Nichts.
Keine Hinweise oder heiße Spuren. Dann — er war gerade am Postoffice
vorbeigekommen, hielt er — verkehrswidrig — und handelte sich prompt ein
Strafmandat ein. Er telefonierte mit seiner Schwester am Thunersee, aber das
Hausmädchen bedauerte, die gnädige Frau sei mit den Kindern ausgegangen und
käme wohl erst am Nachmittag zurück.
    Ach, natürlich, die Prinzessin...,
vielleicht war sie zur Prinzessin geflüchtet — aber, sie hatte von einem Mann
geschrieben. Und ein Kerl da oben bei der Knusperhexe in Fontana Martina — schwer
denkbar. Gleichwohl, der Versuch mußte gemacht werden. Also zerknüllte er die
verkehrspolizeiliche eidgenössisch-kantonale Aufforderung zur Buße sträflich,
warf sie in den Rinnstein und machte sich auf den beschwerlichen Weg in die
Berge. Aber als sein mißgestimmter DKW stotternd und mit unflätigen
Auspuffgeräuschen protestierend den Saumpfad bewältigt hatte, stand er vor dem
verschlossenen Rustico der Prinzessin und ein flüchtig hingemalter Zettel an
der Tür belehrte ihn, daß die Künstlerin die nächsten Tage bei einer
Ausstellung in Zürich weile und daß sie bitte, allfällige Post oder
Benachrichtigungen durch den Türspalt zu schieben. Ein Datum, in die Ecke des
Kartons gekritzelt, bewies ihm außerdem, daß sie bereits seit einigen Tagen
abwesend sein mußte. Also hier konnte das Miststück auch nicht sein und seine
Wut stieg mit den mittäglichen Temperaturen noch um beträchtliche Grade.
    Er fuhr hinunter nach Locarno — Mittag
war längst vorbei — , versuchte es sogar bei Madonna dell’Sasso — natürlich
vergebens — und trat, man beachte seine beträchtliche Verwirrung — völlig
systemlos bei der heiligen schwarzen Muttergottes ein, und konnte nicht wissen,
daß, während er ratlos vor dem verehrten Heiligenbild verweilte, sich die
Gesuchte in dem Duschraum der »Académie de danse« rituellen Waschungen unterzog
und begann, sich bräutlich zu schmücken.
    Es war schwül geworden und einige
barocke Wolkenformationen zogen sich drohend zusammen. Als Al zum drittenmal
vergeblich versuchte seine Schwester zu erreichen und sein Zorn die Dimensionen
angenommen hatte, die den bedenklichen Gewitterfronten, die sich gebildet
hatten, entsprach, hatte Gregor, in ungewohntem Anzug, in dem er fast bäurisch
wirkte, Blanche abgeholt und mit linkischem Gebaren, das so gar nicht zu seiner
federnden Sprungkraft und der wendigen Bewegungseleganz im Probensaal paßte,
seinen Gast feierlich zu seinem Wohnhaus geführt, das im sommerlichen
Blumenschmuck auf Blanche tatsächlich einen hochzeitlich-festlichen Eindruck
machte. Er öffnete mit der linken Hand das Haustor (in der rechten hatte er den
Koffer mit dem sperrigen Schirm) und hieß sie eintreten. (Hatte sie gehofft, er
würde sie über die Schwelle tragen?) Er stellte das Gepäck ab, führte sie durch
einen heimelig-dunklen Flur, öffnete die Tür des Wohnzimmers — und sie sah sich
freundlich begrüßt von einer gutmütigen russischen Frau und drei pausbäckigen
Kindern, die sie prompt jubelnd umringten. Ja, das war seine gute brave Frau,
mit ihm den Wirren der bolschewistischen Revolution entkommen, wie er stolz
erklärte. Die hoffnungsvolle Braut erstarrte zu Stein — eine Tochter Loths war
nach der Katastrophe von Sodom und Gomorrha dagegen eine tanzende Mänade. Sie
kam sich vor wie eine Braut, die zum Standesamt bestellt, aber nicht abgeholt
worden war. Die Frau — sichtlich eine Russin aus dem Volke — war in ihrer
Molligkeit wie eine Puppe in der Puppe; ein Spielzeug, wie sie es einmal in der
Kinderzeit besessen hatte, und man konnte sich gut vorstellen, daß in ihrer
Hülle noch viele Puppen wie Zwiebelschalen steckten, eine kleiner als die
andere und sämtliche diesen Rangen gleich, die sie nun mit unverständlichem
Geschrei bedrängten. Ihre ganze Mundpartie war steif geworden, als hätte sie
Gips im Kiefer, der langsam härter und härter wurde und ihr Herz... Ach,
schweigen wir davon.
    Sie wurde freundlich an den Tisch
gebeten, wo — natürlich — der Samowar dampfte und ein böses Zischen von sich gab,
als wäre er eine Schlangengrube mit giftigen Vipern. Und es gab Honigkuchen,
eine echte Spezialität Mütterchen Rußlands, die ihr im Halse stecken blieben...
und die lebemännischen Gardeoffiziere winkten höhnisch von weit — aber schon
von sehr weit her...
    Al hatte endlich seine Schwester
erreicht und ihr mit überstürzten und wohl auch recht wirren Worten und
Halbsätzen die
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