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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett
Autoren: Unknown
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dramatische Situation geschildert, wobei er alles
durcheinanderbrachte, so daß Mericia immer wieder fragen mußte. Nein, sie könne
ihm nicht helfen, wenn er so idiotisch gewesen sei, den hübschen Schmetterling
fortfliegen zu lassen, den sie ihm doch in schwesterlicher Zuneigung zugedacht
und ins Haus gebracht habe. Nein, da war nichts zu machen, sie wüßte nichts und
könnte sich nicht denken..., das heißt... es sei denn... ja, das wäre eine vage
Möglichkeit... Er solle doch bei Madame Dershinska vorbeisehen, im Val
Verzasca, in Mergoscia — das wäre der einzige Tip, den sie ihm geben könne,
aber eine Garantie? Nein, die könne sie natürlich nicht übernehmen... und im
übrigen, setzte sie maliziös hinzu, möge er sich beeilen, denn der Abend böte
zwar einem Jäger ein günstiges, aber zeitlich nur beschränktes »Büchsen«-licht,
sagte noch anzüglich: »Also, Waidmanns Heil!« und hing ein.
    Al sprach seinem DKW, der immer
mißmutiger und unfreundlicher wurde, zu wie einem kranken Gaul, kam schließlich
im letzten müden Sonnenstrahl bei Madame in der »Académie« an, wurde
unterrichtet, daß die charmante Tedesca wohl bei Monsieur Gregor sei, mit dem sie
seit einiger Zeit sicher eine liaison d’âme, eine Seelenfreundschaft verbinde,
ließ sich den Weg sagen, fragte sich durch und stand plötzlich, während der
nahe Donner grollte, aber nicht so stark, wie sein empörtes Gemüt, vor einem
unerwarteten patriarchalischen Familienbild, das ein naiver Bauernmaler hätte
schaffen können: Blancheneige im Kreise eines offenbar intakten Familienzirkels
bei Tee und Kuchen, aber mit der seltsamen Steifheit eines Votivbildes,
merkwürdig sprachlos und unlebendig.
    Doch nahm er sich keine Zeit,
detailliertere Betrachtungen anzustellen, sondern ergriff Blanche schroff beim
Arm, zog sie vom Stuhl, gab ihr zwei Backpfeifen, die gar nicht wie
falschgepolte Zärtlichkeiten aussahen, und riß sie aus dem Zimmer, während die
griechisch-orthodoxe Familie mit offenen Mündern zurückblieb. Als Blanche sich,
protestierend, aber doch irgendwie erleichtert, gegen die umklammernde Hand zur
Wehr setzte, fing sie sich noch eine ein, er packte ihren Koffer (mit dem
Regenschirm), riß und stieß sie in den DKW, der alsbald wie ein müdes
Ackerpferd, das den Stall wittert, munterer den Berg hinabtuckerte, natürlich
nicht so elegant, wie wenn man keck auf der Längsachse eines Velos in starken
Armen im Damensitz ins Tal schwang wie ein Skiläufer durch Slalomtore.
    Al, plötzlich gar nicht mehr
spöttisch-ironisch, beschimpfte sie wie ein Kutscher seine Trine oder wie ein
Marquis seine Gattin — was oft dasselbe ist — , und Blanche, erst verdutzt und
seltsam betroffen von der ungewöhnlichen Behandlung, die sie gerade von diesem
Mann erfuhr, kam wieder zu sich und aus dem jugendlichen Drang, eine Blamage
durch Gegenangriff zu kompensieren, schimpfte sie wie ein Rohrspatz zurück.
Doch als die Nacht, wie in vielen dieser Alpentäler, plötzlich einfiel — mit
schwarzen Schwingen würde der Dichter sagen, aber uns schien es mehr, als ließe
sich ein riesiger Schwarm von Rabenvögeln nieder — , da gab auch der
DK-Wuppdich endgültig seinen Geist auf und wollte partout nicht mehr weiter.
    Das Gezänk, das zum Geschrei
ausuferte, hätte die entferntesten Ortschaften alarmiert, würde der Himmel
nicht die Tonregie übernommen und den Zwist mit lautem Donnergebrüll taktvoll
zugedeckt haben. Denn nicht nur zwei feindliche Parteien saßen sich in dem
leblosen Kleinwagen gegenüber, sondern auch draußen hatten gewaltige feindliche
Streitmächte endgültig Aufstellung genommen und warteten ungeduldig auf das
Signal zur Entscheidungsschlacht. Vier Gewitter (auch das ist Tessin) waren wie
Armeen, die sich suchen und entziehen, lauernd um den See gewandert und standen
sich jetzt als waffenstarrende Heersäulen gegenüber. Unheilvolles
Wetterleuchten zeugte von ihrer Feuerkraft, die grellen Bündel entfernter
Blitze waren wie der Widerschein zornig geschüttelter Lanzenspitzen, das
Grollen und Grummeln schwoll gefährlich an wie ein unheimlicher Kriegerchor,
der immer wieder in einem wilden Kampfruf gipfelt, mit fernen Donnerschlägen
hatte schon die Artillerie ihr Duell mit grellem und blutrotem Mündungsfeuer
ihrer Falconets und Feldschlangen begonnen...
    Wie klein war gegen diesen
Aufmarsch der Elemente dieses verzankte Menschenpärchen in seinem kaputten
Wagen, das seinen Streit noch immer nicht beendet hatte.
    Als Al
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