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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett
Autoren: Unknown
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sich — und mochten sich —
, aber es kam auch in den Momenten eines zärtlichen Waffenstillstandes zu
nichts, obwohl Blanche dann doch raffiniertere weibliche Künste spielen ließ.
Er schien ihre Taktik zu durchschauen und sich über ihre Evaslisten lustig zu
machen. Und dann war natürlich alles aus, und da ihr zum Heulen war, wurde sie
impertinent.
    Als es wieder einmal zum Eklat
kam, über den er sich köstlich zu amüsieren schien, nahm sie ihre Handtasche
»mit dem Nötigsten«, sprang auf die Straße, ließ sich im nächsten Laden ein
Telefonbuch geben, schrieb sich eine Adresse heraus, fragte, empfing Auskunft,
nahm den nächsten Omnibus, verließ ihn in Mergoscia, ging zu Fuß weiter und
erschien in der »Académie de danse«. Sie wurde freundlich aufgenommen, suchte
sich eine Ecke und begann ihre Übungen, ohne sich viel um die anderen Mädchen
zu kümmern — und, was Gregor betrifft (die zweite Silbe betonen), so war er
leider nicht da. (Daß er das Exercise schwänzte, war nicht recht von ihm.) Dann
sah sie eine Weile den Mädchen zu und reihte sich, einem plötzlichen Einfall
folgend, im letzten Glied am Ende ein.
    Was kann es schaden, dachte sie — ein
Verbrechen ist es ja schließlich nicht. Es war verdammt ungewohnt und ging ganz
schön in die Knochen.
    In der Mittagspause durchstreifte
sie den Ort, kaufte sich Obst, Oliven und Weißbrot, aß alles im malerischen
Bogengang der Kirche, blickte nach Süden, wo sich das Tal bei Tenero zum Lago
Maggiore öffnet.
    Am späten Nachmittag erschien sie
wieder im Übungssaal — und da war auch Gregor. Sie flüsterte mit ihm in ihrem
mangelhaften Schulfranzösisch mit englischen Brocken gemischt, er antwortete
oder versuchte wenigstens zu antworten und man mußte lachen, soweit es die
befohlene Stille des Arbeitsraumes zuließ. Und wenn es einmal doch etwas lauter
wurde, dann sah Madame Dershinska mit dem abweisenden Lächeln einer gütigen
Klosterfrau milde darüber hinweg. Er zeigte ihr, auf ihr Bitten hin, einige
klassische Hebungen und ein Teil ihres Traumes wurde Wirklichkeit.
    Später wollte er sie zur
Bushaltestellte bringen, da er ohnedies in diese Richtung mußte. Er bedeutete
ihr, sich vorne auf sein Velo zu setzen. Die Fahrradstange brannte wie
glühendes Eisen auf ihren nackten Schenkeln — oder war es schon der Po? — ,
aber sie drückte sich vertrauensvoll an seine Brust, fühlte sich geborgen in
seinen starken Armen, deren Hände sicher auf der Lenkung lagen, während sie im
Freilauf die Bergstraße hinabflogen. So mußte es auf einer Toboggan-Fahrt in
Madeira sein.
    Auch das dicke, stinkende Postauto
schien nachher zu einem Luftschiff geworden zu sein, und die Landbevölkerung,
die sich auf dem Wege nach Locarno aneinanderrückte, roch nicht im mindesten
nach Knoblauch und dem Salami, sondern hatte vielmehr Ansätze von Engelsflügeln.
    Das spätere Abendessen mit Al war
ein voller Erfolg — sie hatte all ihre Streitlust verloren, war frei und
ausgelassen, wollte in keinem Punkte unbedingt recht haben, und der Abend
schloß mit einem harmonischen Gute-Nacht-Kuß.
    In der Folgezeit ging es mit Al
immer besser, je verliebter sie in Gregor wurde. Ist das normal? fragte sie
sich — oder habe ich einen Dachschaden?
    Sie bedauerte sehr, daß sie
Mericia in dieser Angelegenheit nicht um Rat fragen konnte.
    Zwar spürte sie deutlich, daß noch
ein langer Weg vor ihr lag. Gregor hatte nichts von der Lasterhaftigkeit der
russischen Gardeoffiziere ihrer Einbildung, er war keusch — er hätte gut den
Joseph in der »Josephslegende« von Richard Strauss tanzen können, und sie war
alles andere als eine Potiphar, aber im Gegensatz zu ihren Verführungsversuchen
bei Al kam sie wenigstens langsam, sehr langsam, schrittweise bei Gregor voran.
Sie fühlte es mit dem Instinkt der Frau, die in jedem Mädchen verschlossen ist.
    Jedenfalls stellte sie nicht mehr
jedesmal gleich ihre Stachel, wenn sie eine mokante, aber zutreffende
Formulierung Als überraschte, gab weniger und nur überlegte Widerworte, sie
hatte die naßforsche Dreistigkeit des Backfisches — mit der dieser seine
Unsicherheiten kaschiert — abgelegt, sie brauchte keine lange Zigarettenspitze
mehr, um ihre Verlegenheit hinter einer lässigen Geste verbergen zu können,
also rauchte sie auch nicht mehr, sie trank sehr wenig — nicht um sich zu
kasteien, sondern weil sie des Stimulanzes als Zeichen des Erwachsenseins nicht
mehr bedurfte.
    Dann kam der denkwürdige Tag, an
dem sie —
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