Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele

Titel: Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele
Autoren: Douglas Adams
Vom Netzwerk:
KAPITEL 1
    Es kann kaum ein Zufall sein, daß es in keiner Sprache der Welt die Wendung »schön wie ein Flughafen« gibt.
    Flughäfen sind häßlich. Manche sind sehr häßlich. Manche erreichen ein Ausmaß an Häßlichkeit, das nur das Resultat besonderer Kraftanstrengungen sein kann. Diese Häßlichkeit kommt zustande, weil Flughäfen mit Menschen angefüllt sind, die müde und verdrossen sind und gerade festgestellt haben, daß ihr Gepäck in Murmansk gelandet ist (Murmansk ist die einzige bekannte Ausnahme dieser ansonsten unerschütterlichen Regel), und weil die Architekten alles in allem versucht haben, diesem Umstand in ihren Entwürfen Rechnung zu tragen.
    Sie waren bestrebt, das Müdigkeits- und Verdrossenheitsmotiv durch brutale Formen und nervenzerfetzende Farben zu akzentuieren, das Anliegen, die Reisenden für immer von ihren Koffern oder liebsten Angehörigen zu trennen, spielerisch in die Tat umzusetzen, den Reisenden mit Pfeilen zu verwirren, die auf Fenster, ferne Schlipsregale oder die gegenwärtige Position von Ursa Minor am Nachthimmel zu deuten scheinen, und wo immer möglich alle Rohrleitungen sichtbar zu machen, und zwar aus dem Grund, weil sie funktionell sind, und die Position der Flugsteige zu verstecken, wahrscheinlich aus dem Grund, weil sie's nicht sind.
    Inmitten eines Meeres verschwommener Lichter und eines Meeres verschwommener Geräusche stand Kate Schechter und hatte ihre Zweifel.
    Den ganzen Weg von London nach Heathrow hatten sie Zweifel geplagt. Sie war weder abergläubisch noch etwa gar religiös, sie war einfach eine Frau, die sich absolut nicht sicher war, ob sie nach Norwegen fliegen sollte. Aber es wurde ihr zunehmend leichter zu glauben, daß Gott, wenn es einen Gott gab und auch nur entfernt die Möglichkeit bestand, daß irgendein gottähnliches Wesen, das bei der Erschaffung des Universums die Anordnung winzigster Teilchen hatte festlegen können, ebenfalls an der Lenkung des Verkehrs auf der M4 interessiert wäre, auch nicht wollte, daß sie nach Norwegen flöge. Der ganze Ärger mit den Tickets und die Schwierigkeit, eine Nachbarin zu finden, die sich um die Katze kümmern konnte, dann die Katze zu finden, damit sich um sie durch die Nachbarin gekümmert werden konnte, das plötzliche Loch im Dach, die verschwundene Brieftasche, das Wetter, der plötzliche Tod der Nachbarin, die Trächtigkeit der Katze - alles hatte den Anschein einer mit Absicht angezettelten Behinderungskampagne, die allmählich begann, göttliche Ausmaße anzunehmen.
    Sogar der Taxifahrer - als sie endlich ein Taxi gefunden hatte - hatte gesagt: »Norwegen? Warum wollen Sie denn dahin?« Und als sie nicht sofort geantwortet hatte: »Das Nordlicht!« oder »Die Fjorde!«, sondern einen Augenblick ein zweifelndes Gesicht gemacht und an ihrer Lippe genagt hatte, da hatte er gesagt: »Ich weiß, ich wette, es ist irgend so 'n Kerl, der Sie da raufschleppt. Ich sag' Ihnen was. Sagen Sie ihm, er soll Sie mal. Fliegen Sie nach Teneriffa.«
    Das war eine Idee.
    Teneriffa.
    Oder auch, wagte sie einen flüchtigen Moment lang zu denken, nach Hause.
    Sie hatte aus dem Taxifenster stumm auf das wilde Verkehrsgewirr gestarrt und gedacht, wie kalt und erbärmlich das Wetter hier auch sei, es sei nichts im Vergleich dazu, wie es in Norwegen sein werde.
    Oder aber zu Hause. Zu Hause wäre es im Augenblick ungefähr genauso eisig wie in Norwegen. Eisig und mit kleinen Dampfgeysiren durchsetzt, die aus dem Boden hervorbrachen, in der Frostluft hängen blieben und sich zwischen den Gletscherklippen-Fassaden der Sixth Avenue verteilten.
    Ein rascher Blick auf den Weg, den Kate im Laufe ihrer dreißig Jahre zurückgelegt hatte, würde sie fraglos als New Yorkerin zu erkennen geben. Denn obwohl sie nur sehr kurze Zeit in dieser Stadt gelebt hatte, hatte sich der größte Teil ihres Lebens in einem konstanten Abstand dazu abgespielt. Los Angeles, San Francisco, Europa und eine Zeit zielloser Streifzüge durch Südamerika vor fünf Jahren, nachdem sie ihren frisch angetrauten Gatten Luke beim Versuch, sich in New York ein Taxi zu winken, durch einen Unfall verloren hatte.
    Sie fand Gefallen an dem Gedanken, daß New York ihr Zuhause sei und daß sie es vermisse, aber eigentlich war das einzige, was sie wirklich vermißte, Pizza. Und zwar nicht bloß irgend so eine Pizza, sondern die Art Pizza, die an die Wohnungstür gebracht wird, wenn man anruft und darum bittet. Das war die einzige echte Pizza. Eine Pizza, für die man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher