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Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele

Titel: Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele
Autoren: Douglas Adams
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Aufbewahrung von Pinguinen benutzt würden.
    Nach und nach begannen die Schrankkoffer, die Erinnerungen und die Pinguine zu verschwimmen, weiß und nebelhaft zu werden, dann wie Wände zu werden, die ganz weiß und nebelhaft waren, um schließlich zu Wänden zu werden, die bloß weiß waren, oder vielmehr von einem gebrochenen, gelblich-grünlichen Weiß, und Kate in einem kleinen Raum umschlossen.
    Der Raum lag im Halbdunkel. Eine Nachttischlampe brannte, war aber heruntergedimmt, und das Licht einer Straßenlaterne sickerte zwischen den grauen Vorhängen hindurch und malte natriumgelbe Muster auf die gegenüberliegende Wand. Undeutlich wurde sie den schattenhaften Umriß ihres Körpers gewahr, der unter dem weißen, zurückgeschlagenen Bettuch und den fahlen, ordentlichen Decken lag. Sie starrte ängstlich eine Zeitlang hin und überprüfte, ob alles richtig aussah, ehe sie zaghaft versuchte, irgendeinen Körperteil zu bewegen. Sie versuchte es mit ihrer rechten Hand, und die schien in Ordnung zu sein. Sie war ein bißchen steif und tat weh, aber die Finger reagierten sämtlich, und alles schien die richtige Länge und Dicke zu haben und sich an den richtigen Stellen und in die richtigen Richtungen zu biegen.
    Sie geriet ganz kurz in Panik, als sie ihre linke Hand nicht gleich orten konnte, aber dann fand sie sie. Sie lag auf ihrem Bauch und grabbelte irgendwie merkwürdig an ihr herum. Sie benötigte ein, zwei Sekunden äußerster Konzentration, um eine Reihe recht beunruhigender Gefühle zusammenzukriegen und sich klarzuwerden, daß ihr mit einem Verband eine Kanüle am Arm befestigt war. Das nahm sie ziemlich mit. Von der Kanüle schlängelte sich ein langer, dünner, durchsichtiger Schlauch nach oben, der im Licht der Straßenlaterne gelblich schimmerte und in einer sanften Kurve zu einem dicken Plastikbeutel führte, der an einem hohen Metallständer hing. Angesichts dieses Apparates überfiel sie kurz ein ganzes Geschwader von Horrorvisionen, aber dann spähte sie unsicher nach dem Beutel und sah die Aufschrift »Dextro-Saline«. Sie wartete, bis sie sich beruhigt hatte, und lag ein paar Sekunden still da, ehe sie ihre Erkundung wiederaufnahm.
    Ihr Brustkorb schien unversehrt zu sein. Geschunden und empfindlich, doch spürte sie nirgendwo heftigere Schmerzen, die darauf schließen ließen, daß irgendwas gebrochen war. Die Hüften und Oberschenkel schmerzten und waren steif, wiesen aber keine ernsthafte Verletzung auf. Sie spannte die Muskeln ihres rechten und dann ihres linken Beins an. Sie meinte fast, ihr linker Knöchel sei verstaucht.
    Mit anderen Worten, sagte sie sich, sie war vollkommen in Ordnung. Also, was tat sie dann hier in diesem Haus, das nach der Eiterfarbe des Anstrichs zu urteilen zweifellos ein Krankenhaus war?
    Sie setzte sich ungeduldig auf und leistete auf der Stelle für ein paar weitere unterhaltsame Minuten den Pinguinen Gesellschaft.
    Als sie das nächstemal zu sich kam, ging sie etwas pfleglicher mit sich um und blieb still liegen, während sie ein leichtes Schwindelgefühl verspürte.
    Vorsichtig stupste sie ihr Gedächtnis danach an, was passiert war. Es war dunkel und fleckig und kam ihr in bleichen, schmierigen Wellen entgegen wie die Nordsee. Klumpige Formen drängten sich daraus hervor und setzten sich langsam zu einem schwankenden Flughafen zusammen. Der Flughafen war mürrisch und schmerzte in ihrem Kopf, und in seiner Mitte pulsierte wie eine Migräne die Erinnerung an einen Moment mit einer wirbelnden, pompösen Lichtwolke.
    Es wurde ihr plötzlich völlig klar, daß die Abfertigungshalle des Terminals Zwei im Flughafen Heathrow von einem Meteoriten getroffen worden war. Als Silhouette vor dem Flammenmeer hob sich die in einen Pelzmantel gehüllte Gestalt eines riesenhaften Mannes ab, der die volle Wucht der ganzen Sache abgekriegt und auf der Stelle in eine Wolke aus Atomen verwandelt worden sein mußte, die frei dorthin zogen, wohin es ihnen gefiel. Auf den Gedanken hin durchfuhr sie ein gewaltiger und gräßlicher Schauder. Der Mann war aufreizend und arrogant gewesen, aber sie hatte ihn auf eine merkwürdige Weise gemocht. Es war etwas sonderbar Vornehmes an seiner bockbeinigen Sturheit gewesen. Oder vielleicht, dämmerte ihr, gefiel ihr der Gedanke, eine so bockbeinige Sturheit sei vornehm, weil sie sie an ihre eigenen Versuche erinnerte, in einer fremden, feindseligen und Pizza nicht ins Haus liefernden Umgebung sich eine Pizza ins Haus liefern zu lassen. Vornehmheit
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