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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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für eine Kobra!“, sagte Felix von der Leiter aus. „Wenn Sie zwei Schlangen haben, müsste ich einen größeren suchen.“
    Der Mann schlug sich die Kapuze vom Kopf und lächelte Felix an.
    „Oh...!“, sagte er, „...gewiss, gewiss, für zwei Schlangen bräuchte ich einen großen Korb, einen richtig großen. Wie klug du bist. – Weißt du, dass du mich an jemanden erinnerst...?“
    Weiter allerdings kam der Fremde nicht. Denn plötzlich ertönte die Stimme von Onkel Fidelius.
    „Felix!“, rief er ungewöhnlich scharf. „Sieh’ zu, dass du in die Küche kommst. Schür’ im Herd das Feuer!“
    Felix verstand nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Was sollte er antworten? Er hatte Onkel Fidelius noch nie so außer sich erlebt.
    Aber es kam noch schlimmer. Onkel Fidelius hastete auf den Mann zu, riss ihm den Schlangenkorb aus der Hand und schrie ihn an.
    „Hinaus! Hinaus mit dir! Sonst hetze ich die Hunde auf dich!!!“
    „Überleg’ dir gut, was du tust, Fidelius!“, zischte der Mann drohend und ging zur Türe. Dort zog er sich die Kapuze wieder über den Kopf und der rote Handschuh verschwand wie eine gefährliche Schlange unter dem schwarzen Umhang.
    „Felix heißt der Kleine also, Felix...!“ murmelte er zufrieden vor sich hin. Er öffnete die Ladentüre, trat hinaus, und ohne einen Blick zurück verschwand er zwischen den anderen Menschen im dichten Gedränge der Gasse.
    „Wer war das?“, wollte Felix von seinem Onkel wissen. „Kanntest du ihn?“
    „Kein Wort mehr!“, befahl Onkel Fidelius. Er war kreidebleich und rang nach Luft. „Und zwar zu niemandem!“
    Felix griff sich den Schlangenkorb, um ihn wieder oben im Regal zu verstauen.
    „Nein!“, rief Onkel Fidelius und nahm dem Jungen den Korb aus der Hand. „Heute werde ich das Herdfeuer machen – hiermit!“, und deutete auf den Korb. „Er hat ihn mit seinem Handschuh berührt...!“
    Onkel Fidelius ging mit dem Korb hinaus, als wäre der bis oben voll mit Giftschlangen.
    Ratlos blieb Felix alleine zurück. Er zog den Hocker dichter an das Schaufenster, nahm sich die blaue Reisetasche auf den Schoß, dazu Nadel und Faden. Dann warf er einen Blick auf die Gasse, die überquoll vor Menschen.
    ‚Was für eine verrückte Stadt’, dachte er und beugte sich wieder über seine Arbeit.
    ‚Was für eine verrückte Stadt, aber ich liebe sie.’
    Mit flinken Stichen flickte er weiter das Futter der Reisetasche.
     
    Tante Fatima hatte den ganzen Tag Tränen in den Augen. Mit kleinen Schritten lief sie unentwegt von der Küche in den Salon und vom Salon in die Küche. Und das nur, um dann wieder von vorne loszulaufen. Fragte Felix sie, ob er ihr etwas helfen könne, blieb sie kurz stehen, sah ihn an, als hätte er soeben die sieben Weltwunder neu erfunden und setzte anschließend mit einem Kopfschütteln ihre Wanderung durch die Wohnung fort.
    Onkel Fidelius telefonierte in seinem Büro aufgeregt mit seinem Bruder Fridolin in Berlin. Kaum kam Felix in die Nähe des Büros, verwandelte sich Onkel Fidelius’ eben noch so drängende Stimme in einen munteren Singsang, der von allerlei Belanglosigkeiten zu berichten wusste.
    Felix war klar, dass hier etwas nicht stimmte. Etwas war gehörig schief gelaufen. Aber was? Warum die ganze Aufregung? Nur weil ein Mann mit einem roten Handschuh einen Schlangenkorb kaufen wollte?
    Felix ließ sich auf der Treppe nieder, die hinunter ins Erdgeschoß zum Zauberladen führte. Onkel Fidelus kam aus seinem Büro und sah den Jungen da sitzen.
    „Felix...“, sagte er. „Ich habe dir einen Platz reserviert. Für morgen. Im Expresszug nach Berlin. Es tut mir leid, aber du musst uns verlassen.“
    „Aber warum denn?“, fragte Felix. „Ich sollte doch noch drei Wochen bleiben. Das ist ungerecht.“
    Onkel Fidelius lächelte: „Es kommen neue Ferien. Dann wirst du wieder bei uns sein. Und ich werde dir zeigen, wie man ein Pulver mischt, mit dem du das Bellen der Hunde verstehst.“
    Felix sah Onkel Fidelius an: „Bin ich in Gefahr? Ihr könnt mir ruhig die Wahrheit sagen.“
    Onkel Fidelius begann zu lachen. Aber es klang irgendwie unglücklich und überhaupt nicht echt.
    „Fatima, hast du das gehört... der kleine Hosenscheißer hier, was der sich einbildet...!“ Er  ließ Felix einfach auf der Treppe sitzen und verschwand in der Wohnung. Felix hörte ihn noch rufen: „Fatima... Fatima! Wo steckst du denn nur? Hör’ doch endlich einmal mit dieser Rennerei auf, Herr im Himmel, wie soll man denn da
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