Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel
Autoren: Ingmar Gregorzewski
Vom Netzwerk:
da war Felix schon längst wieder unterwegs, um seinen nächsten Auftrag zu erfüllen.
    Im Laden selbst hatte der Junge dafür zu sorgen, dass zu jeder Zeit frischer Tee bereit stand. Die Kunden sollten sich bei Onkel Fidelius wohlfühlen und zufrieden das Geschäft verlassen, damit sie immer wieder kämen.
    Oft aber war es eine schwierige Kundschaft, mit der man es zu tun bekam. Denn es befanden sich Zauberer und Hexen darunter, die stundenlang in den Regalen nach bestimmten Kräutern kramten, mit ihren Nasen Hühnerfüße prüften oder Metalle kauften, die durch ihre pure Anziehungskraft Gegenstände quer über den Tisch bewegen konnten.
    Diesen Kunden durfte man niemals widersprechen, denn die Gefahr war groß, dass sie einen am nächsten Morgen als Marmeladenbrötchen aufwachen ließen oder dass einem bei Neumond ratz-fatz eine lila gepunktete Zunge wuchs. Wahrlich kein schöner Anblick.
    So war Felix schon aus lauter Vorsicht vor unerwünschten Hexereien stets freundlich zu allem und jedem, der in den Laden kam.
     
    Drei Wochen waren seit Felix’ Ankunft in Konstantinopel vergangen, da betrat ein Mann den Zauberladen. Felix kannte ihn nicht, er hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Der Mann schlug mit einem lauten Knall die Ladentüre zu und lehnte sich mit seinem ganzen Körper dagegen, als wollte er sicher gehen, dass sie auch wirklich geschlossen war und auch geschlossen blieb. Sein Atem ging schwer und er rang nach Luft wie ein gehetztes Tier. Ein schwarzer Umhang umhüllte ihn, die Kapuze hatte er über den Kopf gezogen. Trotzdem konnte Felix seine Augen sehen. Es waren Augen, die keine Angst kannten, da war sich Felix sicher. Der Blick des Mannes heftete sich auf den Jungen und er schien zu lächeln. Die Ruhe kehrte in seinen Körper zurück, er fühlte sich in Sicherheit. Dennoch blieb er in der Nähe Türe und behielt mit einem Auge das Treiben auf der Gasse im Blick.
    Felix war ganz allein, denn Onkel Fidelius saß oben im Büro und rechnete und Tante Fatima kaufte auf dem Basar ein. Der Auftritt des Fremden irritierte Felix überhaupt nicht. Viele Kunden von Onkel Fidelius wollten nicht erkannt werden. Sie mochten weder das Tageslicht und erst recht keine neugierigen Blicke. Also nähte Felix erstmal ungestört weiter am Innenfutter seiner blauen Reisetasche. Das war genau die richtige Taktik, denn jetzt kam der geheimnisvolle Fremde näher.
    „He, du da, Junge!“, rief er und deutete auf Felix.
    Felix unterbrach seine Arbeit und sah auf.
    Was für ein ungewöhnliches Rot sein Handschuh hat, dachte er für eine Sekunde.
    Als der Fremde bemerkte, wie Felix auf den Handschuh starrte, ließ er seine Hand gleich wieder unter dem Umhang verschwinden. Seine Stimme klang dunkel, aber nicht laut. Sie tönte als käme sie vom Grund eines tiefen Brunnens:
    „Ich brauche einen Korb für meine Kobra. Rasch, ich habe nicht ewig Zeit!“
    Körbe standen ganz oben im Regal, auch die für Schlangen. Felix lehnte die Leiter an das Regal und kletterte nach oben. Jeder Zentimeter bis zur Decke war vollgestopft mit Waren und Felix musste aufpassen, dass ihm nicht alles auf einmal entgegen kam. Eine umständliche Angelegenheit. Mit viel Geschick fand Felix zwischen den Körben einen, den Schlangebeschwörer gewöhnlich für ihre Auftritte benutzten.
    Oben auf der Leiter drehte er sich wieder zu dem Fremden unter ihm.
    „Ist der recht, Herr? Aus geschälter gelber Weide.“
    „Das hast du gut gemacht! Der ist wahrlich perfekt!“, schmeichelte der Fremde und ließ augenblicklich die blaue Reisetasche wieder los, die er eben noch hinter dem Rücken von Felix untersucht hatte.
    „Die Tasche verkaufen wir leider nicht!“, sagte Felix. „Sie gehört mir! Das Innenfutter ist mir zerrissen. Gerade bin ich dabei, es zu nähen...!“
    Der Fremde betrachtete die Tasche. Felix war plötzlich unwohl zumute. Warum nahm der Mann nicht die Kapuze ab?
    „Du bist nicht von hier?“, fragte der Fremde. Wieder blitzten seine Augen kurz unter der Kopfbedeckung hervor. Diese eigenartigen schwarzen Augen, misstrauisch und stechend, aber gleichzeitig voller Schwermut.
    „Nein“, antwortete Felix höflich. „Ich komme aus Berlin.“
    Für einen Moment betrachtete der Mann die Reisetasche nachdenklich. Dann klang es, als würde er zu sich selbst sprechen:
    „Aus Berlin, wie schön... eine Stadt, die ich einmal gut kannte. Vielleicht sollte ich wieder dorthin zurückkehren, was meinst du, Junge?!“
    „Der Korb hat gut und gerne Platz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher