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Das feuchte Nachtgespenst

Das feuchte Nachtgespenst

Titel: Das feuchte Nachtgespenst
Autoren: M. K. Bloemberg
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was im Grunde jedoch eine empörende Beleidigung darstellte. Nachdem Maximilien ausgestiegen war, erwartete ihn eine Überraschung, denn er erblickte auf einer schwarzen Kutsche, die soeben fortfuhr, das Wappen seines ärgsten Feindes Graf Charles de Jousfeyrac. Er fragte den Kammerdiener und dieser bestätigte ihm seine Vermutung. Seine Exzellenz Graf Charles de Jousfeyrac sei kurz vor ihm eingetroffen.
    Maximilien versank in schwermütigen Gedanken, während der Kammerdiener ihn und seine Tochter zu ihren Gastgemächern im Schloß geleitete. Hatte dieser prüde Bock etwas mit dieser Einladung zu tun? Was führte er im Schilde? Maximiliens buschige Augenbrauen wuchsen zu einer durchgehenden Wellenlinie zusammen, als sich das Gefühl der Bedrohung verstärkte. Er fühlte sich wie ein Wolf, der in die Enge getrieben worden war.
    Nachdem der Kammerdiener ihnen mitgeteilt hatte, dass Seine Hoheit Herzog Honoré de Ravfleur sie erst am nächsten Morgen empfangen und das Abendessen auf ihre Zimmer gebracht werde, war sich Maximilien beinahe sicher, dass sie morgen hingerichtet werden würden. Brummelnd ließ er dies seine Tochter wissen, die ihre Hände in die Hüften stemmte. »Papa! Du machst aus allem immer ein grand malheur. Es wird schon nicht so schlimm sein.« Sie wischte ihre Hände verlegen am ausladenden, roten Kleid ab. »Meinst du, Damian ist auch hier?«, offenbarte sie ihre erotischen Gedanken. Wie zu erwarten war, verbesserte dies nicht die Laune Maximiliens.
    »Ich hoffe nicht. Es ist schon schlimm genug, diese Bazille von seinem Vater hier anzutreffen. Ich frage mich, was er vorhat …« Der Graf strich nachdenklich über sein kantiges Kinn. Yseult gab ihre Bemühungen auf, ihren Vater auf andere Gedanken zu bringen und rollte schicksalsergeben mit den Augen. Bald darauf nahmen sie ihr Abendessen ein und gingen früh zu Bett.
    Nach einer unruhigen, alptraumgeplagten Nacht hatte sich Maximiliens Laune am nächsten Morgen dennoch geringfügig verbessert, denn immerhin hatte nun die Warterei ein Ende und er würde endlich erfahren, aus welchem Grund man ihn herzitiert hatte.
    Maximilien war nicht zum ersten Mal im Schloss von Bliardouai und folgte dem Kammerdiener, der sie von ihren Gemächern abgeholt hatte. Dann wandte der Graf sich in der Empfangshalle nach rechts in Richtung der herzoglichen Repräsentationsräume für den Empfang von Gästen, doch der Kammerdiener hielt inne, deutete in die entgegengesetzte Richtung und sagte kalt »Non, Eure Durchlaucht. Der Weg führt hier entlang, s’il vous plaît.«
    Maximilien erschrak so sehr, dass er seine aufkommende schlechte Laune ignorierte. Die vom Diener angezeigte Richtung führte in den Gerichtssaal. Mit erneut düsterer Miene folgte er den Schritten des Kammerdieners, dessen hallende Schrittechoes unangenehm laut wie Schüsse seinen Ohren und Nerven zusetzten und auch Yseult machte mittlerweile ein betretenes Gesicht.
    Sie betraten den gewaltigen Saal, in dem sich der gesamte herzogliche Hofstaat versammelt hatte. Maximilien schluckte, riss sich dann jedoch zusammen. Er war ein de St. Courchose und niemand würde ihm seine Ehre nehmen, was auch immer geschähe. Der Saal, in dem Herzog Honoré de Ravfleur Gericht zu halten pflegte, war erstaunlicherweise nicht von barocker Üppigkeit und dem üblichen Zierrat. Vergeblich suchte man verspielte Verzierungen, neckische Figuren aus Stuck oder üppige Gemälde. Statt dessen erinnerte der Saal mit seinem schlichten Parkettboden, der in dunklem Holz getäfelten Decke, einigen Ritterrüstungen sowie Schilden und Schwertern an eine Ritterburg aus den düsteren Epochen vor ihrer Zeit. Maximilien erinnerte sich, dass irgendwann jemand ihm erzählt hatte, dass Schloss Bliardouai einst eine Burg gewesen sei, die bereits seit Jahrhunderten als Wasserburg auf dem See existiert habe.
    Die Augen des Herzogs waren ernst und starr auf Maximilien gerichtet. Wie ein alter, mächtiger Herrscher saß er in einem hochlehnigen, mit aufwändigem Schnitzwerk verzierten Holzstuhl und erwartete die Ankunft des Grafen von Fontainevert. In alter Tradition schmückte eine sehr lange Allongeperücke seinen Kopf, die entgegen heutiger, moderner Mode eine braune Farbe trug und bis hinunter auf die Brust reichte. Das von Alter und Krankheit eingefallene und gefurchte Gesicht des Herzogs sah nicht erfreut aus.
    Links und rechts vom Herzog waren lange Tische aufgestellt worden und direkt vor dem Holzthron des Herzogs standen zwei einfache
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