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Das feuchte Nachtgespenst

Das feuchte Nachtgespenst

Titel: Das feuchte Nachtgespenst
Autoren: M. K. Bloemberg
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Zellentrakt führte, der für Langzeitgefangene vorgesehen war, in dem sich derzeit jedoch nur zwei Personen aufhielten. Die rechte Tür führe hingegen in weitere Bereiche des Kerkers, die dem Personal vorbehalten waren sowie zu den ausgedehnten Lagerräumen. Die beiden Türen direkt vor Ihnen seien der Eingang zu den beiden Folterkerkern, wo die Verhöre durchgeführt wurden.
    Friedrich von Ranestein vernahm ebenso wie die Gräfin das Wimmern, und der Deutsche horchte derart angestrengt in die Richtung der Stöhnlaute hinter der Tür, dass Pierrette seine Antwort voraussah, als sie vorschlug, zunächst dem Verhör von Aimée beizuwohnen, das offensichtlich bereits begonnen hatte. In der Tat nickte Friedrich mit einer Begeisterung, die sie ihm gar nicht zugetraut hatte. Lächelnd durchsuchte sie den Schlüsselbund und steckte zielsicher einen bestimmten Schlüssel in das Schloss der linken der beiden Folterkerkertüren. Gut geölte Scharniere taten ihren Dienst und die Gräfin und ihr Gast traten ein.
    Der Folterraum war angenehm warm, bedingt durch einen offenen Kamin an der Rückwand. Das Feuer prasselte ruhig und dass der Buchenholzrauch lediglich zu riechen und nicht zu sehen war, bewies, dass der Kamin gut zog und von außergewöhnlicher Qualität war. Ein Wachsoldat in schwarzem Justaucorps, roter Schärpe, Degen und schwarzem Dreispitz auf dem Perückenkopf lehnte an der linken Wand und beobachtete, wie der Foltermeister seiner Arbeit nachging. Aimée trug lediglich ein mittlerweile verschmutztes, knielanges Unterhemd. Ihre schlanken Arme reckte sie nach oben, da ihre Hangelenke von eisernen Ringen gehalten wurden, die wiederum mit Ketten über einen Flaschenzug an der Decke befestigt waren. Ein massiver, gedrungener Holztisch vor Aimée zeugte von Kratzern, Schnitten und Flecken. Eine Reihe von metallenen Instrumenten lag fein säuberlich aneinandergereiht auf dem Tisch und hinter ihm stand der Foltermeister, der in seinem Vortrag von den Eintretenden gestört worden war.
    Alle Augen richteten sich auf Pierrette und Friedrich. Der Foltermeister verbeugte sich. »Eure Durchlaucht, meine ehrwürdigste Gräfin Pierrette. Eure Anwesenheit ist mir stets eine außerordentliche Ehre. Wenn ich sagen darf, Eure Teilnahme an meiner Arbeit ehrt mich und vergrößert das Vergnügen.«
    Friedrich entnahm diesen Worten, dass die Gräfin ein häufiger Besucher in diesen unwirtlichen Gefilden des Schmerzes war. Die Gräfin dankte dem Foltermeister mit blitzenden, schwarzen Augen für die Komplimente und fragte nach dem Stand des Verhörs.
    »Oui, Comtesse Pierrette. Die Verurteilte vermochte sich bislang nicht zu einem Geständnis herablassen. Ich präsentiere der jungen Dame soeben meine Auswahl der Werkzeuge, die ich einzusetzen gedenke, um ihre Überzeugung der Unschuld auf die Probe zu stellen.«
    Friedrich von Ranestein zeigte sich höchst interessiert. »In meinem Land ist dies Bestandteil der Halsgerichtsordnung Constitutio Criminalis Carolina, die uns berechtigt, unter besonderen Umständen die Folter anzuwenden«, kommentierte er.
    Der Foltermeister winkte ab. »Ah, Deutsche! Alles muss geordnet sein. Ihr werdet erstaunt und begeistert sein, wenn ich Euch versichern kann, dass die Folter ein althergebrachtes und stets sehr effektives Gewohnheitsrecht des Adels darstellt, um Missetaten schnell und effizient aufzudecken. Einschränkungen in der Anwendung haben wir hier nicht.«
    Friedrich von Ranesteins Augen blitzten begeistert auf, als Aimées Stimme ihn unterbrach, die schrill und laut durch den Folterkeller tönte. »Eure Durchlaucht, gnädige, gütige Gräfin und Herrin, bitte erlöst mich hiervon, bitte, ich flehe Euch an, meine Herrin, zeigt Gnade.« Das letzte Wort dehnte sie lang und es endete wie in einem Schrei.
    Ungerührt, als wäre kein Laut von Aimée ertönt, lächelte Pierrette dem Foltermeister zu. »Mein lieber Roch, ich bitte Euch, fahrt doch fort mit der Territion. Mein geschätzter Gast Friedrich von Ranestein kommt aus deutschen Landen und würde gewiss gerne etwas über die Feinheiten unserer Methoden erfahren.«
    Aimée schrie aus Leibeskräften vor Angst, als sie merkte, dass sie übergangen wurde, als wäre sie bereits tot. Roch hob den Arm, knickte ihn seltsam ungelenk ab, führte die Hand vor den Mund und winkelte den kleinen Finger ab, so dass dieser den Mund kreisförmig umschloss. Ein Diener, der unbemerkt an der rechten Wandseite verharrt hatte, erkannte offensichtlich das Zeichen,
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