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Das falsche Opfer

Das falsche Opfer

Titel: Das falsche Opfer
Autoren: Carter Brown
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die schreckliche Tragödie, die sich heute morgen ereignete, erschüttert hat«, sagte er mit
trockener, farbloser Stimme. »Zufällig habe ich selber das Kramersche Haus eine Stunde, bevor es geschah, verlassen.«
    »Es
war mehr als eine Tragödie, Mr. Irving«, brummte Lavers .
»Es war ein Mord. Jemand hat eine Zeitbombe in das Flugzeug gelegt.«
    Irving
sah keineswegs überrascht drein. »Das habe ich vermutet.« Er schlug forsch die
Fingerspitzen aneinander. »Ein Glück, daß ich geradewegs zu Ihnen gekommen bin,
Sheriff. Mitch Kramer — ich bedaure, das von einem Mandanten sagen zu müssen —
ist ein ungestümer und tollkühner Mann. Meiner Ansicht nach fordert er seit
geraumer Zeit förmlich dazu heraus, ermordet zu werden.«
    »Als
ich ihn heute morgen sah, wirkte er nicht gerade
lebensmüde«, sagte ich milde.
    Irving
warf mir einen langen, nachdenklichen Blick zu, schürzte die Lippen und schloß,
anscheinend in Meditation versinkend, die Augen. Ich zählte insgeheim bis
sieben, bevor er weitersprach. »Ich muß Sie wohl mit den Hintergründen des
Ganzen vertraut machen«, sagte er feierlich, als wäre ich die einzige Chance,
die Einstimmigkeit eines Geschworenengerichts zu verhindern. »Es wird ein
Weilchen dauern, Lieutenant, aber ich glaube, es ist zu Ihrem Verständnis
erforderlich.«
    »Wir
haben jede Menge Zeit, Sir«, versicherte ich ihm, wobei ich sorgfältig vermied,
den blutunterlaufenen Augen des Sheriffs zu begegnen.
    »Kramer
ist in einer kleinen Stadt namens Canyon Bluffs, etwa hundertfünfzig Kilometer
von hier entfernt, geboren und aufgewachsen«, begann Irving.
    »Sie
ersparen uns hoffentlich die Details seiner Jugendlieben«, sagte Lavers mit erstickter Stimme.
    »Neunzehnhundertzweiundvierzig
trat Kramer im Alter von neunzehn Jahren in die Air Force ein«, fuhr Irving
fort, die Bemerkung des Sheriffs milde überhörend. »Im Jahre
neunzehnhundertfünfundvierzig war er ein Held — ich glaube, man nennt solche
Leute ein >Asabgeschossen hatte. Als er zurückkam, wurde er mit dem typischen Pomp der
Kleinstadt als heimkehrender Heros gefeiert. Eine unserer Klientinnen, die
ebenfalls in Canyon Bluffs lebt, wurde durch all dies so überwältigt, daß sie
zu dem Entschluß kam, dieser Held müßte von seinem dankbaren Vaterland eine
praktische Belohnung erhalten.
    Diese
Frau war äußerst reich, exzentrisch, eine alte Jungfer — und fast so etwas wie
eine Einsiedlerin. Sie richtete einen Trustfonds für den jungen Kramer ein, der
ihm auf Lebenszeit ein Einkommen von rund viertausend Dollar im Jahr sicherte.
Eine Woche später fügte sie dem Fonds auch noch die Hälfte der Aktien bei, die
sie — wie sie offen zugab, in einem schwachen Augenblick — bei einer neuen
Firma, die eben in einem Hinterhof irgendeiner Nachbarschaft gegründet worden
war, gekauft hatte. Der eigentliche Grund, weshalb sie diese Aktien erstanden
hatte, war, wie sie meinem Vater, der zu dieser Zeit ihre Interessen vertrat,
verriet, daß sie der komische Name dieser Firma so amüsiert hatte.«
    Irving
schloß wieder für ein paar Sekunden die Augen. »Diese Geschichte verblüfft mich noch heute, nach all diesen
Jahren. Der komisch klingende
Name war: Allied and General Electronic Incorporated. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu
sagen, Gentlernen , daß sich Kramers Einkommen irgendwo
in der Gegend von siebzigtausend Dollar pro Jahr bewegt und daß seine gesamten
Vermögenswerte nunmehr wahrscheinlich eine Million erreicht haben? Ich habe es
in letzter Zeit nicht mehr nachgeprüft.«
    »Er
ist also jetzt ein sehr wohlhabender Mann«, sagte ich. »Glauben Sie, daß das
ein Motiv sein könnte, ihn zu ermorden?«
    »Genau
das glaube ich, Lieutenant«, sagte er und nickte feierlich. »Als der Koreakrieg
ausbrach, trat Kramer wieder in die Air Force ein und bedeckte sich erneut mit
Ruhm. Nachdem der Krieg zu Ende war, ließ er sich in Pine City nieder und heiratete ein reizendes Mädchen. Ich dachte, er wäre nun
endlich zur Vernunft gekommen. Ich habe mich auf betrübliche Weise getäuscht, Gentlernen ! Er ist nichts weiter als ein älter werdender
Peter Pan, der über seinen früheren Ruhm lamentiert und fortgesetzt seine
heroischen Leistungen wiederholen möchte — in einer Welt, die sie längst
vergessen hat. Er hat nicht einmal Achtung vor Geld.« In seiner Stimme lag ein
Unterton echten Entsetzens. »Er will sich seiner Verantwortung nicht bewußt
sein. Statt dessen
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