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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment
Autoren: Robin Cook
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die Beschuldigten ihre Opfer quälen und die Leidenden auf der Stelle von ihren Qualen erlöst waren, wenn sie von den Beschuldigten berührt wurden.«
    »Aber sie haben die Opfer nicht berührt, um die Qualen hervorzurufen?«
    »Es waren die Geister der Beschuldigten, die das Unheil angerichtet haben«, fuhr Chester fort. »Und nur die Opfer waren in der Lage, diese Geister zu erkennen. So wurden die Beschuldigten von den Opfern entlarvt.«
    »Und so wurde auch meine Frau entlarvt?« fragte Ronald.
    »Ja«, antwortete Chester. »Und zwar von Ann Putnam, der Tochter Thomas Putnams aus Salem Village.«
    »Ich kenne Thomas Putnam«, bemerkte Ronald. »Ein kleiner, zorniger Mann.«
    »Ann Putnam wurde als erste heimgesucht«, fuhr Chester zögernd fort. »Es geschah Anfang Februar in Ihrem Haus. Sie hatte den ersten Anfall in Ihrer Wohnstube. Und sie leidet bis heute darunter, genau wie ihre Mutter, Ann Putnam senior.«
    »Und was ist mit meinen Kindern?« fragte Ronald. »Leiden sie auch an diesen Anfällen?«
    »Ihren Kindern ist das Schicksal gnädig gewesen«, erwiderte Chester.
    »Dem Herrn sei Dank«, warf Ronald ein.
    Sie bogen jetzt in die Gasse ein, die zum Gefängnis führte, und beide schwiegen. Vor dem Gefängnis brachte Chester die Kutsche zum Stehen. Ronald wies ihn an zu warten und stieg aus.
    Ronalds Nerven lagen bloß, als er nach dem Gefängniswärter William Dounton Ausschau hielt. Er fand ihn in seinem unaufgeräumten Büro, wo er sich gerade ein Stück frisches Weizenbrot aus der Bäckerei in den Mund stopfte. William hatte eine rote Knollennase, einen ungewaschenen Haarschopf, und er war ziemlich fettleibig. Ronald verachtete ihn, weil er wußte, daß der Mann ein Sadist war und es genoß, die Gefangenen zu quälen.
    William war offensichtlich wenig erfreut über Ronalds Besuch. Er erhob sich und blieb geduckt hinter seinem Stuhl stehen.
    »Die Verurteilten dürfen keinen Besuch empfangen«, krächzte er mit vollem Mund. »Befehl von Richter Hathorne.«
    Ronald war kaum noch Herr seiner selbst; er packte William am Wollhemd und zog ihn bis auf wenige Zentimeter zu sich heran. »Wenn Sie meine Frau mißhandelt haben, werden Sie dafür büßen«, drohte er.
    »Es ist doch nicht meine Schuld«, versuchte sich William zu rechtfertigen. »Die Obrigkeit hat es befohlen. Ich muß mich an die Anweisungen halten.«
    »Bringen Sie mich zu ihr«, fuhr Ronald ihn an.
    »Aber…«, begann William zu protestieren, doch Ronald packte ihn noch fester beim Kragen und schnürte ihm die Luft ab. William japste verzweifelt. Ronald lockerte seinen Griff ein wenig, woraufhin der Wärter einen Hustenanfall bekam und die Schlüssel herauszog. Jetzt erst ließ Ronald ihn los. »Das werde ich melden«, fauchte der Wächter, während er eine dicke Eichentür aufschloß.
    »Das wird nicht nötig sein«, entgegnete Ronald. »Ich werde anschließend auf direktem Wege zum Richter gehen und ihm Bericht erstatten.«
    Jenseits der Eichentür befanden sich etliche Zellen, die alle belegt waren. Die Gefangenen starrten Ronald mit glasigen Augen an. Einige erkannte er, sprach sie aber nicht an. Im Gefängnis herrschte eine bedrückende Stille. Ronald mußte sich ein Taschentuch vor die Nase halten; der Geruch war unerträglich.
    William blieb auf dem Absatz einer Steintreppe stehen und zündete eine Laterne an. Nachdem er eine weitere dicke Eichentür aufgeschlossen hatte, stiegen die beiden in den schlimmsten Teil des Gefängnisses hinab. Hier unten stank es unbeschreiblich. Der Keller war in zwei große Räume unterteilt, die Wände waren aus feuchtem Granit. Die Gefangenen waren alle entweder mit den Handgelenken oder mit den Beinen an den Wänden oder am Boden festgekettet. Ronald mußte über etliche Menschen hinwegsteigen, um William folgen zu können. Für Besucher reichte der Platz hier unten kaum aus.
    »Warten Sie einen Moment«, sagte Ronald.
    William blieb stehen und drehte sich um.
    Ronald bückte sich. Er hatte eine Frau erkannt, von der er wußte, daß sie sehr fromm war. »Rebecca Nurse?« fragte er. »Was, um Himmels willen, machen Sie denn hier?«
    Rebecca schüttelte schwerfällig den Kopf. »Das weiß nur Gott allein«, brachte sie mühsam hervor.
    Als Ronald sich wieder aufrichtete, fühlte er sich plötzlich ganz schwach. Es schien ihm, als wäre die ganze Stadt auf einmal verrückt geworden.
    »Hier rüber«, sagte William und zeigte auf die gegenüberliegende Kellerecke. »Lassen Sie uns die Sache zu Ende
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