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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment
Autoren: Robin Cook
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zu ihm gekommen war. Als Antwort auf Ronalds Fragen konnte er nur bestätigen, was Jonathan Corwin ihm bereits gesagt hatte. Er erklärte ihm, daß Elizabeths Schuld aufgrund des offensichtlichen Beweisstückes, welches Sheriff Corwin in ihrem Haus gefunden hatte, unstrittig war.
    Ronald sackte in sich zusammen. Er seufzte und kämpfte gegen die Tränen. Er wußte nicht mehr aus noch ein. Verzweifelt bat er seinen Gastgeber um einen Krug Bier. Als Samuel mit dem Gebräu zurückkam, hatte Ronald sich wieder gefaßt. Nachdem er einen tiefen Zug aus dem Krug genommen hatte, fragte er Samuel nach dem Beweisstück, das man gegen seine Frau ins Feld geführt hatte.
    »Das sage ich dir sehr ungern«, antwortete Samuel.
    »Aber warum?« bohrte Ronald. Samuel war deutlich anzusehen, wie unwohl er sich bei dieser Frage fühlte. Ronalds Neugier wuchs. Leider hatte er vergessen, Jonathan nach dem Beweisstück zu fragen. »Ich habe doch wohl ein Recht, es zu erfahren.«
    »Ja, natürlich«, erwiderte Samuel, ohne jedoch mit der Sprache herauszurücken.
    »Bitte«, drängte Ronald, »ich hoffe, daß ich diese schäbige Geschichte dann besser verstehen kann.«
    »Vielleicht ist es das beste, wenn wir meinen guten Freund, Reverend Cotton Mather, besuchen«, schlug Samuel vor und erhob sich. »Er hat mehr Erfahrung mit den Dingen aus der unsichtbaren Welt. Und er wird dir bestimmt auch einen Rat geben können.«
    »Ich beuge mich deiner Entscheidung«, sagte Ronald und erhob sich ebenfalls.
    Sie nahmen Samuels Kutsche und fuhren auf schnellstem Wege zur Old North Church. Eine Putzfrau teilte ihnen mit, daß Reverend Mather in seinem Haus an der Kreuzung Middle und Prince Street anzutreffen sei. Da es bis dahin nicht weit war, gingen sie zu Fuß.
    Auf Samuels Klopfen hin erschien eine jugendliche Hausangestellte und führte die beiden Männer in den Salon. Im nächsten Moment erschien auch schon Reverend Mather und begrüßte sie überschwenglich. Samuel erklärte ihm den Grund ihres Besuches.
    »Aha«, sagte Reverend Mather und bat seine beiden Gäste, es sich auf den Stühlen bequem zu machen.
    Ronald betrachtete den Geistlichen, den er nicht zum ersten Mal sah. Er war jünger als Ronald und Samuel; er hatte das Harvard College erst 1678 abgeschlossen, sieben Jahre nach ihnen also. Ungeachtet seines geringeren Alters waren bei ihm bereits die gleichen körperlichen Veränderungen zu erkennen, die Ronald auch bei Samuel aufgefallen waren. Und zwar aus demselben Grund: Er hatte zugenommen. Seine Nase war rot und leicht vergrößert, sein Gesicht wirkte aufgeschwemmt. Doch seine Augen sprühten vor Intelligenz und feuriger Willensstärke.
    »Ich nehme von Herzen Anteil an Ihrem Leid«, wandte er sich an Ronald. »Gottes Wege sind uns Sterblichen oft unergründlich. Über Ihr persönliches Leid hinaus bin ich aber auch in großer Sorge wegen der Ereignisse in Salem Town und Salem Village. Unter den Menschen dort herrscht ein nicht zu bändigender Aufruhr, und ich fürchte, daß die Vorfälle allmählich außer Kontrolle geraten.«
    »Ich mache mir im Augenblick nur Sorgen um meine Frau«, warf Ronald ein. Er war nicht gekommen, um sich eine Predigt anzuhören.
    »Das sollten Sie auch«, erwiderte Reverend Mather. »Doch ich versuche, Ihnen klarzumachen, daß der Klerus und die zivilen Behörden auch an die Gemeinde als Ganzes denken müssen. Ich habe immer gewußt, daß der Teufel in unserer Mitte erscheinen würde. Angesichts der dämonischen Heimsuchung bleibt uns nur ein kleiner Trost: Dank Ihrer Frau wissen wir nun, wo der Satan sein Unwesen treibt.«
    »Ich will wissen, auf Grund welchen Beweises meine Frau verurteilt worden ist«, erklärte Ronald.
    »Den Beweis werde ich Ihnen zeigen«, entgegnete Reverend Mather. »Sie müssen mir allerdings versprechen, mit niemandem darüber zu reden. Wir befürchten nämlich, daß eine Preisgabe des Geheimnisses die Unruhe und die Hysterie unter den Menschen von Salem zusätzlich anfachen würde.«
    »Aber was ist, wenn ich mich entscheide, Einspruch gegen die Verurteilung zu erheben?« wollte Ronald wissen.
    »Wenn Sie den Beweis gesehen haben, werden Sie keinen Einspruch mehr erheben«, erwiderte Reverend Mather. »Vertrauen Sie mir. Habe ich Ihr Wort?«
    »Sie können sich auf mein Wort verlassen«, versprach Ronald. »Unter der Voraussetzung, daß mir mein Recht auf Widerspruch nicht genommen wird.«
    Sie erhoben sich, und Reverend Mather führte sie zu einer steinernen Treppe. Nachdem er
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