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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen
Autoren: Georgi Martynow
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dunkle Ferne tat sich auf, vor der ein dichter blauer Nebel wogte. Nichts war zu erkennen. Dann tauchten glitzernde kristallartige Fäden auf, die das blaue Halbdunkel nach allen Richtungen durchdrangen.
       Es wurden ihrer immer mehr, und bald füllten sie den gan- zen sichtbaren Raum.
       Jetzt sahen die Menschen auch deutlich, daß die „verschwun- dene“ Wand nach wie vor da war. Die Kristallfäden prallten heftig gegen ihre unsichtbare Oberfläche und knickten jäh um. Die Fäden, die wie Lichtstrahlen aussahen, waren offenbar Ströme unbekannter Teilchen.
       Das dauerte eine ganze Weile. Dann verschwanden Fäden und Nebel urplötzlich.
       Die Außenwand des Baues jedoch, die höchstens sechs Meter entfernt sein konnte, blieb immer noch unsichtbar.
       Statt durch blauen Nebel war sie nun durch milchig-weißes Licht verdeckt.
       Ganz dicht vor den Menschen, wie es schien, an derselben Stelle, wo noch unlängst die Wand gewesen war, wurde die Ge- stalt eines Phaetonen sichtbar.
       Er sah genauso aus wie jene, die Melnikow und Wtorow im ringförmigen Raumschiff gesehen hatten. Das dunkle Trikot lag eng an seinem Körper an. Um den Hals hatte er eine silbrig schimmernde Kette hängen.
       Der Phaetone glich in allem den Menschen der Erde, nur daß er kleiner war, knapp eineinviertel Meter groß.
       Seine untere Gesichtspartie schien im Vergleich zu dem gro- ßen Oval der Augen und der mächtigen Stirn unverhältnismäßig klein'. Die Brauen waren lang und buschig, zu den Schläfen hin scharf gebogen. Ebenso dicht und lang waren die Wimpern.
       Man spürte, daß hinter der gewölbten Stirn ein Gehirn lag, das um ein vielfaches entwickelter war als daß des Erdenmen- schen.
       So verging eine Weile.
       Die Menschen betrachteten den ungewöhnlichen „Gast“, der ein wirkliches Wesen aus Fleisch und Blut zu sein schien.
       Der Phaetone streckte beide Arme vor (es entstand der Ein- druck, als reichten sie über die Grenze der unsichtbaren Wand hinaus) und lächelte.
       In den Köpfen der zwölf Menschen bildeten sich die Worte:
       „Mein Name ist...“
       Dann hörten sie schon nicht mehr nur in Gedanken, sondern auch mit den Ohren die melodischen Laute der phaetonischen Sprache:
       „... Iaja.“
       Wo sich der Apparat befand, der mit den „Schemen“ verbun- den war und für ihn sprach, blieb ungewiß.
       „Ich bin gekommen, um Ihnen vom Untergang unseres Pla- neten und vom Schicksal seiner Bewohner zu erzählen, damit Sie mit unseren fernen Nachkommen in ihrer neuen Heimat Kontakt aufnehmen können ...“
       Jeder der zwölf Männer „hörte“ deutlich jedes Wort. Vier machten sich Notizen. Man wußte ja nicht, ob die Phaetonen noch eine zweite Vorstellung geben würden, und allein aufs Gedächtnis durfte man sich nicht verlassen.
       Iajas Rede erklang in sechs Sprachen. Über wieviel Phantasie und Exaktheit des Denkens mußten die Phaetonen verfügt haben, damit sich die Sätze ihrer Sprache in Bilder und Begriffe verwandelten, die vom menschlichen Gehirn leicht erfaßt wur- den!
       Iajas letzte Worte versetzten alle in Erstaunen. „Neue Hei- mat ... Ferne Nachkommen...“ Das bedeutete, daß die Be- wohner des fünften Planeten nicht, wie man geglaubt hatte, um- gekommen waren. Sie hatten sich retten können und waren auf einen andern Planeten übergesiedelt, der offenbar nicht zu un- serem Sonnensystem gehörte.
       „Jetzt dürfen Sie mir Fragen stellen“, fuhr Iaja fort. „Ich werde sie beantworten. Natürlich nur die, die wir vorhersehen konnten. In dem Apparat, aus dem Sie meine Stimme hören, sind mehrere Dutzend Antworten aufgezeichnet.“
       Der Phaetone schwieg. Er stand vor den Menschen und sah sie aus seinen auf einen Punkt gerichteten großen Augen an.
       Seine Arme waren immer noch ausgestreckt, er schien in die- ser Pose erstarrt zu sein. Und so lebendig wirkte er, daß man unwillkürlich dachte, er müsse ermüden, wenn er die Arme nicht herunternehme.
       „Kehren Sie an die Oberfläche des Planeten zurück“, sagte Iaja. „Überlegen Sie sich die Fragen. Kommen Sie in einem Zweitausendstel der Zeit wieder, die Ihr Planet braucht, um einmal um die Sonne zu kreisen. Und schützen Sie sich vor der Ermüdung. Unser Gespräch wird sehr lange dauern.“
       Natürlich hatten die Phaetonen die Zeitberechnung der Erd- bewohner nicht voraussehen können und daher eine Form der Zeitangabe
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