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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen
Autoren: Georgi Martynow
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hat! dachte Wtorow.
       Er fing an zu erzählen. Mit jedem Wort wurde seine Stimme ruhiger.
       Wtorow war sehr erregt gewesen, als er dieses Gebäude, das Kosmische Institut der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, betreten hatte. Sollte, doch darin über sein ganzes wei- teres Leben entschieden werden. Mit klopfendem Herzen hatte er die Schwelle dieses Arbeitszimmers überschritten. Die Nähe des berühmten Kosmonauten lähmte im ersten Augenblick sein Denken, und es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Jedoch allmählich beruhigten ihn Melnikows freundlicher Ton und seine kollegiale Haltung.
       Er sprach, und Melnikow, der die Arme auf den Tisch und das Kinn auf die Hände gestützt hatte, hörte aufmerksam zu.
       Wtorows Schilderung nahm nicht viel Zeit in Anspruch. Schule, Komsomol, Institut, drei Jahre Arbeit in einem Projektierungs- büro und der Entschluß, sein ganzes Leben der Raumfahrt zu weihen – das war alles, was er von sich zu berichten wußte.
       „Sie sagen, daß Sie vor kurzem geheiratet haben?“ fragte Melnikow. „Wie steht denn Ihre Frau zu Ihrem Vorhaben?“
       „Sie ist voll und ganz damit einverstanden.“
       „Gut. Ich werde dem Expeditionsleiter alles vortragen. Kom- men Sie übermorgen früh wieder. Damit wir keine Zeit ver- lieren, gebe ich Ihnen aber schon ein paar Zeilen mit für den Expeditionsarzt, Stepan Arkadjewitsch Andrejew. Fahren Sie zu ihm. Sie sehen zwar sehr gesund aus, aber ob Sie es sind, das muß geprüft werden.“
       Nachdem Wtorow gegangen war, blieb Melnikow eine Weile tief in Gedanken versunken sitzen. Der Besuch des jungen In- genieurs und die Unterhaltung mit ihm riefen jenen weit zurück- liegenden Abend ins Gedächtnis zurück, an dem er selber mit den gleichen Absichten wie Wtorow zu Kamow gegangen war.
       In den acht Jahren, die seitdem vergangen waren, hatte Mel- nikow sich' sehr verändert. Er war als Siebenundzwanzigjähriger gegangen, den man jedoch seinem Aussehen nach für zwanzig hätte halten können. Inzwischen war aus ihm ein Fünfund- dreißigjähriger geworden, der älter aussah, als es seinen Jahren entsprach. Die jugendliche Rundung seiner Wangen und der fröhliche Glanz seiner Augen waren verschwunden. Was er auf dem Mars erlebt hatte, die Teilnahme an den beiden schwieri- gen Mondexpeditionen und die angestrengte geistige Arbeit – all das hatte ihm seinen Stempel aufgedrückt. Um die Mund- winkel zeichneten sich erste Falten ab, und der Ausdruck seiner Augen wurde von jener unerschütterlichen Ruhe geprägt, die ihn seinerzeit bei Kamow beeindruckt hatte. Über die linke Stirnhälfte zog sich eine tiefe Narbe, als Erinnerung an einen tragischen Unfall – ein Meteorit hatte den Tank ihres Gelände- wagens durchschlagen und eine Explosion verursacht. Er und Paitschadse waren damals nur wie durch ein Wunder gerettet worden. An seiner linken Hand fehlte ein Finger – er hatte ihn beim Sturz in einen Mondspalt verloren, der zum Glück nicht tief gewesen war.
       Viele andere Zwischenfälle hafteten ihm noch im Gedächtnis. Jeden Schritt eines Sternfahrers umlauern tödliche Gefahren. Die Natur gibt ihre Geheimnisse nicht gern preis. Jedes muß man ihr mit Gewalt entreißen. Der Erforscher des kosmischen Raumes muß umfangreiche Kenntnisse und grenzenlosen Mut besitzen, muß fest mit seiner Arbeit verbunden und jeden Augenblick bereit sein, für sie sein Leben zu lassen. Kamows Verhalten beim tragischen Start von „SSSR-KS 2“ auf dem Mars war zum ewigen Vorbild für alle Raumfahrer geworden.
       Melnikow, der sich nüchtern einschätzte, wußte, daß er heute alle notwendigen Eigenschaften besaß.
       Acht Jahre beharrliche Arbeit...
       Drei Jahre lang hatte Melnikow an der physikalisch-mathe- matischen Fakultät studiert, vier Jahre hatte er sich mit Astro- nomie und Astronautik beschäftigt, zweimal war er – als Mit- glied einer sowjetischen und englischen Expeditionsgruppe – zum Mond geflogen. Er hatte Wissen und Erfahrung erworben.
       Melnikow erinnerte sich der energischen Gesichtszüge Wto- rows, seiner hellblauen Augen, in denen Verstand aufleuchtete, und gelangte zu dem Schluß, daß Professor Balandin sich in dem jungen Mann wohl nicht getäuscht habe.
       Ingenieur Wtorow hatte auf Melnikow einen sehr guten Ein- druck gemacht. Die Übereinstimmung ihrer Ansichten trug dazu in nicht geringem Maße bei. Ebenso wie Melnikow vor acht Jahren drängte Wtorow nach
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