Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen
Autoren: Georgi Martynow
Vom Netzwerk:
die an diesem historischen Flug teilgenommen hatten.
       Dieses Denkmal machte Melnikow immer verlegen, und er versuchte Olga abzulenken, damit sie sein Abbild nicht sähe, das ausgerechnet an der dem Bahnhof zugekehrten Seite an- gebracht war.
       „Weißt du noch“, sagte er und wies auf ein Dach, „wie vor acht Jahren Sergej Alexandrowitsch, den wir für tot gehalten hatten, dort stand und die Landung des ‚SSSR-KS 2’ beobach- tete? Wie traurig war unsere Heimkehr gewesen, aber was für eine riesige Freude erwartete uns! Den Augenblick, in dem wir ihn sahen, werde ich nie vergessen.“
       Olga drückte dankbar die Hand ihres Mannes.
       Sie stiegen aus dem Wagen und gingen die breite Treppe hin- auf. Der Wachtposten trat auf sie zu, um nach dem Passierschein zu fragen, doch als er Melnikow erkannte, zog er sich schwei- gend zurück und legte die Hand an den Mützenschirm.
       Die riesige Vorhalle war mit rotem Marmor getäfelt. Durch das Glasdach fiel das Sonnenlicht ein und füllte die ganze Halle, die wie immer menschenleer war. Eine breite Glastür führte auf das Flugfeld hinaus, doch Melnikow geleitete seine Frau durch einen Seitenausgang.
       Der Stille nach zu schließen, die weit und breit herrschte, schien niemand in dem ganzen Gebäude zu sein, aber gleich hinter ihnen trat hastig ein mittelgroßer Mann heraus, der eine blaue Arbeitskombination trug.
       Olga erkannte ihn sofort, obwohl sie ihn nie persönlich ge- sehen hatte. Die Zeitungen hatten sein Porträt gebracht. Der Name dieses Mannes war untrennbar mit den Raumfahrten ver- bunden, obwohl er an keiner einzigen teilgenommen hatte. Er hatte alle Raumschiffe, die von diesem Flughafen aus ihre Fahrt begannen, startklar gemacht, angefangen von jenem ersten, mit dem Sergej Alexandrowitsch Kamow seinerzeit zum Mond star- tete. Er war der Direktor des Flughafens, Ingenieur Larin.
       „Ich habe schon gehört, daß Sie da sind“, sagte er, wahrend er auf die beiden zuging. „Guten Tag, Boris Nikolajewitsch!“
       Melnikow druckte seinem alten Freund fest die Hand.
       „Und Sie, Olga Sergejewna“, Larin küßte ihr galant die Hand, „sind natürlich gekommen, um sich das Raumschiff anzusehen.“
       Woher kennt er mich? dachte Olga.
       „Leider kann ich Sie nicht begleiten. Ich habe wenig Zeit, und es ist noch viel zu tun. Konstantin Jewgenjewitsch hat zum drit- ten Male angeordnet, alle Gerate und Apparaturen zu über- prüfen. Und heute ist schon der Achte!“
       Melnikow lächelte. Er wußte genau, daß Belopolski Larin vertraute und niemals Anweisungen erteilte; der Ingenieur prüfte von sich aus, und zwar nicht dreimal, sondern fünfmal und noch häufiger.
       „Wir finden uns schon allein zurecht“, sagte er. „Lassen Sie sich durch uns nicht stören, lieber Semjon Pawlowitsch.“
       Der Ingenieur verabschiedete sich und ging.
       Das Betonfeld, das sich vor ihnen breitete, war völlig leer. Nur ganz in der Ferne, beinahe am Horizont, zeichneten sich Erhebungen ab und rollten winzige Fahrzeuge. Dort, in zwei Kilometer Entfernung, befand sich das Raumschiff „SSSR-KS 3“.
       „Womit werden wir fahren?“ fragte Olga. Sie sah weit und breit kein Auto.
       Melnikow gab keine Antwort, er hing seinen Gedanken nach. Olga wiederholte ihre Frage.
       „Acht Jahre sind erst vergangen“, sagte er, „und wie hat sich alles verändert! Das Flugfeld gleicht sich ebensowenig wie ,KS 3' und ,KS 2'. Alles in allem nur acht Jahre! Aber ,KS 2' ist schon eine veraltete Konstruktion ... Kein Mensch wird heute mehr mit solch einem Schiff fliegen, und doch war es ein Wun- derwerk der Technik. Als wir zum Mars flogen, war diese Fläche hier mit Gras bewachsen, das Raumschiff lag acht Kilo- meter entfernt, war nicht zu sehen, und unser Wagen fuhr auf einer Straße, die sich in nichts von einem Feldweg unterschied. Du fragtest, womit wir fahren werden? Wir laufen! Du wirst gleich sehen!“
       Er führte sie in den Bahnhof zurück. Als Olga die Halle be- trat, erblickte sie einen jungen Mann, der sogleich auf sie zukam und ihren Mann begrüßte.
       „Darf ich vorstellen“, sagte Melnikow, „meine Frau, Olga Sergejewna, und das, Olga, ist Leonid Nikolajewitsch Orlow; er wird mit uns fliegen.“
       Der junge Mann verbeugte sich und gab Olga die Hand. Dies tat er so behutsam, daß sie sogleich spürte, welch gewaltige Körperkraft Orlow besaß. Da er sehr hager war, wirkte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher