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Ich hatte sie alle

Ich hatte sie alle

Titel: Ich hatte sie alle
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Während meines Studiums in Berlin arbeitete ich nebenher in einem Call-Center. Das ist komplett gelogen. Wahr ist, dass ich beim Einschreiben an der Uni ganz höflich fragte, in welchem Studiengang ich denn am wenigsten stören würde. Nachdem ich so meinen Namen dort unvergesslich gemacht hatte, sah ich keine Notwendigkeit mehr, die Universität nochmals aufzusuchen.
    So arbeitete ich also nicht neben meinem Studium, sondern neben meinem Leben her. Und ich säße wohl auch heute noch bei dem Umfrage-Institut auf Platz 23, wenn nicht auf Platz 24 mein bester Freund Vassili gesessen hätte. Vassili glaubte an mich, völlig grundlos:
    »Katinka, eines Tages kommst du ganz groß raus, ich spüre das.«
    »Als was denn?«, fragte ich ihn.
    Vassili fuchtelte mit den Armen in der Luft herum, schnappte wild nach Luft und verkündete schließlich: »Na, als Quereinsteiger halt!«
    Vassili war nie um eine Antwort verlegen – leider. In seiner Eigenschaft als mein »Coach« riss Vassili geflissentlichStellenanzeigen für »richtige, interessante Jobs« aus der Zeitung heraus, tunete meinen Lebenslauf, und ab und an schrieb ich auch tatsächlich eine Bewerbung. Mindestens eine davon muss ich sogar abgeschickt haben. Denn eines Tages fand sich folgende Nachricht auf meinem Anrufbeantworter:
    »Frau Buddenkotte, hier spricht Schiffheudn von B-M-G , Berlin. Vielen Dank erst einmal für Ihre lustige Bewerbung. Wenn Sie wollen, können Sie ja mal morgen gegen zehn bei uns vorbeischauen. Wir freuen uns auf Sie.«
    BMG? Meine lustige Bewerbung? Was um alles in der Welt hatte ich der Firma BMG geschrieben? Plötzlich fiel es mir wieder ein. Die Plattenfirma BMG hatte vor Wochen eine Anzeige in die Zeitung gesetzt, die ein kleines Comic-Hündchen zeigte. Um das Hündchen herum waren viele saublöde Sprüche arrangiert, so etwa wie: »Hast du auch so eine Spürnase?« Ich hatte damit gekontert, ein spastisches Kätzchen zu malen und noch blödere Sprüche drum herum zu schreiben, wie etwa: »Kann gut mit Mäusen umgehen.« Dieses Machwerk hatte ich in einem Anfall von postpubertärer Renitenz erschaffen; dass ich als Absender nicht »Leck mich« geschrieben hatte, war reiner Zufall gewesen.
    BMG fand das lustig. Mir wurde schlecht. Vassili war begeistert: »Das ist dein Durchbruch!«, schrie er ins Telefon. Ja, tatsächlich, ich spürte so eine Art Durchbruch in der Magengegend. Vassili aber war kaum zu bremsen. »BMG,BMG, das ist ja toll! Was hast du denen denn geschickt?«, fragte er.
    »Ein Kätzchen …«, röchelte ich ins Telefon.
    Stille am anderen Ende. Dann: »Ach du Scheiße. Ich komm’ vorbei!«
    Als Vassili zehn Minuten später klingelte, hatte er zum Glück schon wieder einen Katastrophenplan entwickelt. Stufe 1 bestand darin, dass ich die homöopathischen Rescue-Tropfen einnahm, die Vassilis Hund auch immer bekommt, bevor es zum Tierarzt mit ihm geht. Stufe 2 beinhaltete ein kurzes Update der gesammelten Informationen. Diese beschränkten sich leider darauf, dass es sich tatsächlich um die BMG, also die berühmte Plattenfirma handelte. Anschließend versuchte Vassili es mit Hypnose: »Erinnere dich, Katinka, die müssen dir doch irgendwie eine Stellenbeschreibung gegeben haben. Die müssen doch gesagt haben, was sie von dir wollen, und du hast daraufhin zurückgeschrieben, was du alles kannst, oder?«
    »Ich habe ein Kätzchen gemalt«, wiederholte ich.
    Nach vier Portionen K. o.-Tropfen, dieses Mal mit Wodka gemischt, sah Vassili plötzlich den kosmischen Plan hinter dem ganzen BMG-Mist: »Weißt du was? Die wollen dir da gar keinen richtigen Job geben«, lallte er fachmännisch. »Du musst nicht wissen, was da abgeht, du musst nur cool sein. Und souverän. Herrin der Lage, jederzeit. Und wer ist die coolste, abgefeimteste Frau der Welt? Na? Na?« Ich ahnte Furchtbares, ließ ihn aber ausreden.
    »Genau, die cooooolste Frau der Welt ist: Alexis Colby! Und von der wird jetzt abgeguckt.«
    Vassili hat einen kleinen Tick. Vassili hat ein Faiblefür den Denver-Clan. Er besitzt 72 Videokassetten mit allen Folgen darauf – hübsch geordnet in »mit der alten« und »mit der neuen« Fallon. Ich war unfähig, mich zu wehren, also ließ ich mich vor den Fernseher setzen und schaute mir »Best of Alexis« an.
    Erst hielt ich es für kompletten Schwachsinn, aber nach einer Zeit empfand ich tatsächlich eine gewisse Hochachtung für Joan Collins. Immer war sie top gekleidet, immer wusste sie ein bisschen mehr. Wie sie alle
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