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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
Autoren: Charlotte Thomas
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Fischmenger ihre Ware feilhielten. Johann ging an einem Gaddem vorbei, in dem Tontöpfe und Krüge und anderer Haushaltskram angeboten wurden, und dann weiter in Richtung Alter Markt. Auch dort herrschte rege Betriebsamkeit zwischen den zahlreichen Händlerbuden. An einem Stand feilschte eine Marktfrau mit einer Matrone um ein Huhn, an einem anderen wurden Eier im Dutzend verkauft, an einem weiteren wechselte gerade eine krakeelende Gans den Besitzer. Der Betreiber einer Garküche bot frisch gebratene Hühnerbeine an, und Johann, der seit dem frühen Morgen nichts gegessen hatte, lief das Wasser im Mund zusammen. Kurz entschlossen kaufte er sich einen der knusprigen Schlegel und verzehrte ihn im Weitergehen. Ohne seine Schritte zu verlangsamen, bog er bei der Marspforte ab und passierte das Judenviertel in Richtung Unter Wappensticker, wo er sich nach links hielt, bis er die Schildergasse erreicht hatte.
    Nun, da er fast am Ziel war, spürte er den bohrenden, quälenden Zweifel. Was, wenn alles nur ein Irrtum war und er sich umsonst Hoffnungen machte? Wenn der Bauer sich getäuscht hatte? Der Mann hatte Blithildis ohnehin nur vom Sehen her gekannt, und das war so viele Jahre her, dass die Erinnerung ihm leicht einen Streich gespielt haben könnte. Oder es handelte sich um eine Verwechslung.
    Johann rief sich die Unterhaltung vom Vortag ins Gedächtnis, die er mit einem früheren Pachtbauern seines Vaters geführt hatte.
    »Doch, ich bin mir sicher. Gut, sie hatte dieses Nonnenkleid an, so eines, wie die Beginen sie tragen. Grau und mit einer Haube, bei der nur das Gesicht herausschaut. Aber ich könnte schwören, dass sie es war.«
    »Und wo genau willst du sie gesehen haben?«
    »Na, im Goldenen Fass auf der Schildergasse, nur einen halben Steinwurf vom Neumarkt. Da gibt es das beste Bier von ganz Köln. Immer wenn ich in der Stadt bin, gehe ich dorthin und trinke einen Becher. Oder auch zwei. Früher, als der Alte noch den Ausschank betrieb, musste man im Stehen vor dem Tor trinken und seinen Becher mitbringen, aber seit ein paar Jahren haben sie da ein eigenes Schankhaus, in dem man sogar sitzen kann. Mit Kamin, deswegen gehen die Leute auch im Winter gerne hin. Als ich das letzte Mal dort war, habe ich sie gesehen.«
    »Willst du damit etwa sagen, dass sie dort gezecht hat?«
    »Nein, nicht doch. Sie hat da nur die Madlen besucht. Ich glaube, die zwei sind befreundet. Sie haben miteinander gelacht und geschwätzt, so wie es Weiber eben tun, die sich gut leiden können.«
    »Arbeitet diese Madlen dort?«
    »Gewiss. Sie ist die Schankwirtin. Und sie braut dort auch das Bier. Ganz allein, seit letztes Jahr ihr Mann erschlagen wurde. Es ist ein Jammer. Dass ihr Mann gestorben ist, meine ich. Sie waren so ein schönes junges Paar. Und erst das Bier!« Der Mann hatte schwärmerisch die Augen verdreht, bevor er hastig hinzufügte: »Das Bier ist immer noch gut. Ihr könnt es unbesorgt trinken, auch wenn es von einer Brauerin stammt, die kaum älter aussieht als ein Kind.«
    »Warum bist du nicht zu ihr gegangen und hast sie angesprochen?«
    »Das kann sie nicht leiden. Sie schimpft wie ein Rohrspatz und wirft mit Bierkrügen nach den Männern, die es bei ihr versuchen. Außerdem bin ich verheiratet, wie Ihr wisst.«
    »Ich meinte Blithildis.«
    »Die Begine? Wo denkt Ihr hin! Sie ist doch eine heilige Frau!«
    Mit diesem Wissensstand hatte Johann sich auf den Weg in die Stadt gemacht, beseelt von der brennenden Hoffnung, Blithildis wiederzufinden. Vor wenigen Tagen erst war er an den Bauern geraten, der glaubte, sie in jener Schänke gesehen zu haben. Bis dahin hatte er überall herumgefragt, doch niemand wusste, was aus ihr geworden war – sie war verschwunden und galt als tot. So tot wie Johanns Mutter. Nur, dass man diese in der Nähe der Burg gefunden hatte, Blithildis jedoch nicht.
    Die Schildergasse, die in Richtung Sankt Aposteln führte und im Neumarkt mündete, war eine belebte Straße mit dichter Bebauung. Windschiefe Holzhütten drängten sich neben neuere Fachwerkhäuser, vereinzelt sah man auch Steinbauten. In etlichen Häusern waren Werkstätten untergebracht, darunter einige von Schildermachern, die der Straße ihren Namen gegeben hatten, aber auch andere, etwa die eines Schusters, eines Küfers oder eines Bäckers. Auch eine Kräuter- und Gewürzhandlung gab es, der Wohlgerüche nach getrockneten Spezereien entströmten, ein auffallender Gegensatz zu dem beißenden Gestank nach Schweinemist und
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