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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
Autoren: Charlotte Thomas
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geschlagen. Natürlich konnte Caspar nichts dafür, es war nicht seine Schuld. Ständig kam es vor, dass der eine oder andere aus ihrem Haushalt an Durchfall litt, abgesehen von Irmla, die hatte Gedärme aus Eisen. Aber Irmla konnte ihr nicht beim Abladen der Fässer helfen, die sie pünktlich zur sechsten Stunde am Heumarkt abliefern sollte. Der Händler würde nicht auf sie warten, denn das Frachtschiff, mit dem er anschließend weiterfahren wollte, hatte eine feste Abfahrtszeit. Und sie konnte nicht von hier weg, weil das Fuhrwerk im Schlamm festsaß! Und Caspar auf dem Lokus! Flüchtig erwog sie, an seiner Stelle Willi mitzunehmen, er war schon fast so kräftig wie Caspar. Doch dann hätte sich Berni allein um den Sud kümmern müssen, und das konnte nur schlimm enden, denn leider Gottes hatte er zwei linke Hände.
    Gerade als sie glaubte, es könne kaum noch schlimmer werden, kam Irmla mit wehender Schürze aus dem Wohnhaus auf den Hof geeilt. »Es ist Besuch da!«
    »Was für Besuch?«
    »Der Braumeister Eberhard möchte dir seine Aufwartung machen. Er sagte, du wissest, dass er heute käme.«
    »Heiliger Strohsack!« Madlen presste beide Hände gegen ihre erhitzten Wangen. Wie hatte ihr das nur entfallen können! Er hatte schon vor zwei Wochen angekündigt, dass er am Tag nach Mariä Lichtmess vorbeischauen wolle, um mit ihr zu reden. Seither hatte sie mehrmals voller Unbehagen daran gedacht, es aber immer wieder sofort nach Kräften verdrängt. Wahrscheinlich hatte sie es deswegen auch vergessen.
    Es war zu spät, sich eine Ausrede zu überlegen. Eberhard, seines Zeichens Braumeister und Schöffe, kam durch den Durchgang, der die Schankstube vom Wohnhaus trennte, nach hinten auf den Hof. Seine beleibte Gestalt war in einen Umhang aus feinem, nachtblauem Tuch gehüllt, sichtbares Zeichen für seinen Wohlstand. Mit seiner ganzen Erscheinung versuchte er, dem ehrenvollen Amt gerecht zu werden, mit dem der Erzbischof ihn im vergangenen Jahr betraut hatte. Die Schöffenwürde wurde normalerweise nur an Angehörige der Richerzeche vergeben; erstmalig war ein Mitglied der Brauerzunft in diesen hohen Rang aufgerückt.
    Madlen hatte ihren Posten vor dem Lokus geräumt und eilte ihm entgegen. Sie zwang sich zu einem strahlenden Lächeln und einem Knicks. »Onkel Eberhard, wie schön, dass du kommst!«
    In Ermangelung eines echten Onkels hatte sie ihn schon als Kind so nennen dürfen, denn er war nicht nur ein guter Kamerad und geschätzter Zunftbruder ihres Vaters gewesen, sondern auch nach dessen Tod für sie und Konrad ein väterlicher Freund und Ratgeber, der sich stets wohlwollend um ihrer beider Belange gekümmert hatte. Nachdem nun auch Konrad nicht mehr lebte, war er zwar immer noch wohlwollend, aber mit seiner Geduld auch bald am Ende, was der heutige Besuch zweifelsfrei zeigte. Madlen hatte die ganze Zeit die Augen davor verschlossen, doch sie wusste sehr gut, dass die ihr gesetzte Frist bald ablief.
    Eberhard begrüßte sie freundlich, indem er ihr die Wange tätschelte, so wie er es schon getan hatte, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. »Wie hübsch du wieder bist, Kind. Und erst dein schönes lockiges Haar, das reinste Gold! War es schon immer so lang?« Er stutzte. »Trägst du nicht sonst eine Haube?«
    Sie fuhr sich ins Haar. Der Zopf hatte bereits begonnen, sich aufzulösen. Es war wie verhext, alles schien sich gegen sie verschworen zu haben.
    »Die hat leider vorhin das Pferd gefressen«, sagte sie verlegen.
    »Aha«, meinte Eberhard, als sei das eine völlig einleuchtende Erklärung. Stirnrunzelnd fügte er hinzu: »Es steht übrigens draußen mitsamt dem Fuhrwerk auf der Gasse, bewacht von einem großen, hässlichen, vernarbten Kerl. Als ich ihn fragte, was er mit deinem Fuhrwerk zu schaffen hat, meinte er nur, er müsse sich ein Bier verdienen. Was hat das zu bedeuten?«
    »Ach, nichts weiter, er soll nur kurz darauf aufpassen. Caspar und ich wollten gerade ein paar Fässer zum Markt bringen, aber leider hat Caspar … ähm …« Sie deutete auf das Latrinenhäuschen, dann verschränkte sie sittsam die Hände.
    »Wollen wir nicht in die Stube gehen?«, fragte sie. »Dort könnte ich dir einen guten Tropfen kredenzen.« Sie hatte noch drei Krüge besten Malvasier, der war so stark, dass er jeden, der davon trank, binnen kürzester Zeit in beste Laune und friedfertige Stimmung versetzte. Irgendwie musste sie Eberhard dazu bringen, mindestens einen halben Krug zu trinken und sich bei der
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