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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
Autoren: Charlotte Thomas
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ausgesehen.
    »Ich kann mir schlecht vorstellen, mit Jacop verheiratet zu sein.«
    »Aber ihr habt euch schon als Kinder so gut verstanden! Er war doch ständig bei euch zum Spielen. Oder du bei uns.«
    »Da waren wir klein.« Und wussten es nicht besser, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Wie gesagt, viel Zeit bleibt dir nicht mehr, einen anderen zu finden. Ein Monat noch.«
    Sie nickte unglücklich. »Ich denke darüber nach.«
    »Du weißt, dass es noch eine vierte Möglichkeit gibt. Es wäre nicht zu deinem Schaden.«
    »Ich will nicht verkaufen.«
    »Wir könnten noch einmal über den Preis reden.«
    Sie zuckte nur stumm die Achseln.
    »Wenn die Zeit abgelaufen ist, musst du den Ausschank schließen und den Verkauf einstellen«, mahnte Eberhard. »Eine Verlängerung kannst du nicht erwarten, das wurde bereits auf der letzten Sitzung besprochen.«
    Sie holte tief Luft und presste dann fest die Lippen zusammen, weil sie sonst zweifellos einen Wutschrei ausgestoßen hätte. Unseligerweise suchte sich ihre Nachbarin Agnes ausgerechnet diesen Augenblick dafür aus, im nebenan liegenden Garten eine Bemerkung an ihren Mann Hans zu richten, und zwar mit absichtlich lauter Stimme, sodass jedes ihrer gehässigen Worte bestens zu verstehen war. »Was für ein loses Weibsbild. Schämt sich nicht, mit offenen Locken die Männer zu umgarnen!«
    Madlen platzte der Kragen. »Halt bloß dein Maul, du Schwester einer Ziege, sonst stopfe ich es dir mit Heu aus!«, schrie sie über die hüfthohe Mauer hinweg, die zwischen ihren beiden Grundstücken verlief. Agnes, eine stämmig gebaute Frau in den Dreißigern, ließ die Axt sinken, mit der sie gerade ein auf dem Klotz zappelndes Huhn köpfen wollte, nur um sie gleich darauf hoch über den Kopf zu schwenken und damit in Madlens Richtung zu wedeln. »Versuch es nur, du Delilah!«, schrie sie zurück. »Wir werden ja sehen, wem es dabei schlimmer ergeht!«
    »Ich … äh … muss dann jetzt los«, rief Eberhard, während er sich mit peinlich berührter Miene in Richtung Durchgang zurückzog. »Auf bald, mein Kind!« Und schon war er verschwunden.
    Madlen ließ ihrer Wut freien Lauf, das alles war zu viel auf einmal gewesen. Sie trat gegen die Latrinentür, ohne auf Caspars laute Beteuerung zu achten, dass er leider noch immer nicht fertig sei, dann hob sie einen im Hof herumstehenden Bottich auf und warf ihn gegen die Hauswand, sodass er in Stücke zersprang. Eines der kurzen Bretter fiel ihr vor die Füße, sie packte es und schleuderte es mit einem Ausruf des Zorns erneut von sich. Aus dem Halbdunkel des Torbogens schoss eine Hand vor und fing das Brett mitten im Flug. Madlen hielt verdattert inne, den Arm noch vom Wurf ausgestreckt und das Haar in wilden Strähnen bis zur Taille hängend. Der Fremde, unter dessen Aufsicht sie das Fuhrwerk zurückgelassen hatte, kam auf den Hof spaziert.
    »Oje«, entfuhr es ihr. »Verflixt. Tut mir leid. Ich wollte dich nicht treffen.«
    »Ihr habt mich nicht getroffen.« Er reichte ihr höflich das Brett. »Verzeiht, dass ich einfach hereingekommen bin, aber ich wollte Euch mitteilen, dass ich Euer Fuhrwerk aus dem Schlamm gezogen habe. Nun könnt Ihr wieder damit fahren, wohin es Euch beliebt.«
    Sie nickte verdutzt. Auf den ersten Blick hatte sie ihn für einen Tagelöhner gehalten, wie es sie zu Tausenden in Köln gab, aber er sprach nicht wie einer. Gekleidet war er jedoch wie ein armer Arbeiter, mit derben Beinlingen, einer schweren, vielfach geflickten Joppe und einem wollenen Umhang, der nach Fisch stank. Nur die Stiefel wollten nicht recht zu dem abgerissenen Aufzug passen; sie waren zwar alt und abgetragen, aber aus gutem Leder und von hochwertiger Machart.
    Das Haupt des Mannes war von einer grob gewebten Gugel umhüllt, die das Haar vollständig bedeckte und nur sein Gesicht freiließ. Vorhin hatte sie nicht sonderlich darauf geachtet, doch es war ihr nicht hässlich erschienen. Das tat es auch bei näherem Hinsehen nicht, im Gegenteil. Sie verstand nicht recht, wie Eberhard darauf kam. Sicher nicht wegen der vorspringenden Nase und dem kräftigen Kinn, denn beides passte gut zu dem Mann. Vielleicht war es wegen der tiefen, gezackten Narben. Der Fremde hatte mehrere davon, eine in der rechten Wange, eine am Kinn, und eine ganz besonders üble dicht über dem rechten Auge. Sie zerteilte seine Braue und zog sich bis unter den Rand der Gugel hoch, was ihm ein leicht dämonisches Aussehen verlieh. Doch sein Lächeln war freundlich und
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