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Das Erbe der Azteken

Das Erbe der Azteken

Titel: Das Erbe der Azteken
Autoren: Clive Cussler
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brüllte Rivera.
    Sam ging zu dem Loch hinüber. Rivera hatte die Arme weit ausgebreitet. Nur noch seine Handflächen lagen auf solidem Grund. Die Arme zitterten bereits; die Sehnen an seinem Hals zeichneten sich als dicke Stränge unter seiner Haut ab. Immer noch vom Salz geblendet, drehte Rivera den Kopf wild hin und her.
    Sam ging neben ihm in die Hocke.
    »Fargo!«
    »Ich bin hier. Sie sitzen ganz schön in der Tinte.«
    »Holen Sie mich raus!«
    »Nein.«
    Sam leuchtete in die Öffnung. Salzverkrustete Felsvorsprünge ragten wie Haken von den Felswänden in die Höhlung und ließen nur einen schmalen Raum in der Mitte frei. Aus der Tiefe drang das Rauschen tobender Wassermassen, die gegen die Felswände schäumten, zu Sam herauf. Er ergriff einen tennisballgroßen Stein, ließ ihn in die Öffnung fallen und hörte zu, wie er von Felsvorsprung zu Felsvorsprung hüpfte, bis das Geräusch verstummte.
    »Was war das?«, wollte Rivera wissen.
    »Das war der Ruf des Schicksals«, antwortete Sam. »Aus dreißig Meter Tiefe, wie sich aus dem zweiten newtonschen Gesetz ergibt.«
    »Was zur Hölle soll das heißen? Holen Sie mich hier raus!«
    »Sie hätten nicht auf meine Frau schießen sollen.«
    Rivera knurrte vor hilfloser Wut. Er versuchte sich hochzustemmen, schaffte jedoch nur wenige Zentimeter. Dann sackte er wieder zurück. Sein Kopf tauchte in die Öffnung. Unter seinem Hemd war deutlich zu erkennen, wie seine Muskeln von der fast übermenschlichen Anstrengung zitterten.
    »Mir ist gerade etwas klar geworden«, sagte Sam beiläufig. »Je stärker Ihre Handflächen schwitzen, desto mehr Salz wird unter ihnen aufgelöst. Ich denke, das ist das, was Finanzexperten als abnehmenden Ertrag bezeichnen. Es ist zwar keine hundertprozentig treffende Metapher, aber ich denke, Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ich hätte Sie töten sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte.«
    »Halten Sie sich ruhig an diesem Gedanken fest. Nicht mehr lange, und er ist alles, was Ihnen noch bleibt.«
    Riveras linke Hand rutschte vom Rand der Öffnung ab. Für den Bruchteil einer Sekunde krallte er die Finger seiner rechten Hand in den Boden, zerfetzte sich dabei die Fingernägel, ehe er seitwärts wegkippte und abstürzte. Er landete mit dem Rücken auf einem der Felsvorsprünge – sein Rückgrat wurde zertrümmert. Er stieß noch einen Schmerzensschrei aus, dann rutschte er von dem Felsdorn herunter, stürzte tiefer, schlug mehrmals mit dem Kopf gegen weitere Felsbuckel, ehe er in der Dunkelheit verschwand.

Epilog
Zwei Wochen später
Goldfish Point, La Jolla, Kalifornien
    Remi humpelte ins Solarium und ließ sich vorsichtig auf der Liege neben Sams nieder. Ohne von seinem iPad hochzublicken, sagte er: »Du sollst deinen Stock noch mindestens eine weitere Woche benutzen.«
    »Ich mag ihn nicht.«
    Sam sah sie an. »Und mich nennst du stur. Wie geht es deinem Bein?«
    »Besser. Der Arzt sagt, ich sei in ein paar Wochen wieder voll einsatzfähig. Angesichts der weitaus hässlicheren Alternative bin ich damit glücklich und zufrieden.«
    »Mit hässlicher meinst du sicher das Verhungern im Krater eines erloschenen Vulkans, nicht wahr?«
    »Genau das.«
    Auch wenn Remi nicht hatte befürchten müssen, auf Chicomoztoc Island, wie sie den Flecken im Nachhinein getauft hatten, zu verbluten, hatte doch, wie Sam wusste, die ernstzunehmende Gefahr einer Infektion und einer Sepsis bestanden. Er hatte nur zwei Alternativen gehabt: Die eine war, an Ort und Stelle zu bleiben und darauf zu warten, dass Selma Hilfe schickte, was sie sicherlich auch getan hätte – aber wie lange würde ihre Bitte um Unterstützung brauchen, um die zuständigen Stellen in der indonesischen Regierung zu erreichen? Die zweite Möglichkeit war, Remi allein zu lassen und selbst Hilfe herbeizuschaffen. Am Ende drängte Remi, die ihren Mann nur zu gut kannte, Sam, ihr die Waffe zu überlassen und sich auf den Weg zu machen. Das stellte Sam vor die Frage, welche Richtung er einschlagen sollte.
    Am nächsten Morgen verabschiedete er sich also von Remi und kletterte auf den Rand der Caldera hinauf. Dort orientierte er sich und suchte den Horizont ab. Er war schon im Begriff, sich für einen Vorstoß nach Norden zu entscheiden, als er ein paar Meilen weiter nördlich aus dem Urwald eine dünne Rauchfahne aufsteigen sah.
    Im Laufschritt suchte er sich einen Weg den Abhang hinunter, watete ins Wasser und schwamm eine halbe Meile bis zum Strand. Dort wandte er sich nach Norden,
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