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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman
Autoren: Karla Weigand
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werden!«
    Der Geistliche hüstelte und errötete leicht – vielleicht in Gedanken an seine nicht gerade unansehnliche, aber immerhin genügsame Haushälterin … Er sah ein, dass es klüger war, nicht länger auf diesem heiklen Thema zu beharren, und versuchte, die Gesprächsleitung an sich zu reißen und lieber über das kommende Konzil in Konstanz zu sprechen.
    In der Tat: Alle drei Stellvertreter Christi auf Erden waren nach Konstanz geladen. Und noch einer sollte erscheinen und sich rechtfertigen vor dem erlauchten Gremium: Magister Jan Hus aus Prag.
    »Weil er Angst hat, dass man ihn festnehmen und ins Gefängnis werfen könnte, hat der König ihm sein Wort gegeben,
dass der böhmische Gelehrte unter seinem, König Sigismunds, persönlichen Schutz stehe.«
    »Er wäre auch dumm, ohne einen Schutz- und Geleitbrief in die Höhle des Löwen zu kommen!«, grinste Jodok Finsterwald. »Er wird es sowieso nicht leicht haben, sich in einer Disputation gegen all die gelehrten geistlichen Herren zu behaupten.«
    Dem Stadtpfarrer war es angenehm, dass er das Gespräch in weniger stürmische Gewässer gelenkt hatte. Über Hus und seine ketzerischen Ideen war es leichter, sich zu einigen, als die »Sünden« und Verfehlungen der Diener Gottes zu diskutieren.

KAPITEL 3
    ZU RECHT HATTE Magdalena mit der Zuverlässigkeit des Klosterfischers Martin gerechnet. Wie vereinbart legte der junge Bursche eine Stunde nach Sonnenuntergang am 22. April mit seinem Boot am Steg des Klosters Sankt Marien am See an. Es war mondhell und sternenklar, und sie verständigten sich nur mit Handzeichen. Die Entfernung zum Kloster betrug zwar knapp zweihundert Meter, außerdem trennte eine mannshohe Mauer das Seeufer vom Klostergarten, dennoch war Vorsicht geboten: Vor allem des Nachts trug der See sogar den schwächsten Laut meilenweit über die spiegelglatte Wasseroberfläche.
    Martin hatte beim Näherkommen jedes Geräusch zu vermeiden versucht und die Ruder nur noch leicht ins feuchte Element eintauchen lassen. So weit die spitzbogigen Fenster der Klostergebäude über der Mauer zu erkennen waren, sah
man nirgends ein Licht brennen. Offenbar schliefen bereits sämtliche Bewohner.
    Magdalena hatte sich einen Ziegenlederbeutel mit ihren Habseligkeiten um den Hals gehängt, und mit Hilfe des jungen Mannes gelangte sie mit Leichtigkeit ins Boot, wo sie sich sofort im hinteren Teil auf einer Holzbank niederließ. Es roch nach Schlick, nach Fisch und dem flüssigen Pech, womit Martin seinen Fischerkahn vor kurzem frisch kalfatert hatte.
    Die jungen Leute sprachen kein Wort zur Begrüßung. Ein gegenseitiges Zunicken genügte. Magdalena erkannte im Sternenlicht, dass ein zweites Paar Ruder am Boden des Schiffleins lag.
    So konnte sie später, sobald sie weiter vom Klostergrund entfernt waren, Martin beim Rudern unterstützen. Zu zweit würden sie um vieles schneller vorankommen, und je eher sie im Eriskircher Ried anlangte, desto schneller konnte sie den Ritt nach Ravensburg antreten. Blieb nur zu hoffen, dass Martins Freund Wort gehalten und die Pferde besorgt hatte …
    Die Flucht aus dem Kloster war überraschend einfach gewesen. Was Magdalena allerdings gar nicht behagte, war die Tatsache, dass sie zu Lüge und Verstellung gezwungen war: Falls es ihr nämlich nicht gelungen wäre, der Mutter Oberin über ihre wahren Absichten Sand in die Augen zu streuen, hätte dies ihren Plan hoffnungslos scheitern lassen.
    Äbtissin Notburga, die Ehrwürdige Mutter, hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie fest entschlossen war, den Willen von Magdalenas Oheim durchzusetzen: Das junge Mädchen hatte in Sankt Marien am See zu bleiben, solange es ihrem Vormund Mauritz Scheitlin gefiel. Und das konnte bekanntlich sehr lange dauern …
    Magdalena fügte sich scheinbar in ihr Schicksal. Demut und Gehorsam mimend ging sie weiterhin die restlichen
Tage ihren geistlichen Übungen und den Pflichten einer Betreuerin der Kranken und Siechen im Infirmarium des Klosters nach.
    Sowohl die leidenden Nonnen als auch die Kranken von außerhalb schätzten, ja verehrten die junge Heilerin, »deren Anblick allein schon ausreichte, um einen gesund zu machen«, wie es eine Bäuerin und fünffache Mutter ausgedrückt hatte, deren Wassersucht in den Beinen sie mit einem speziellen Sud aus rotem Weinlaub und Rosskastanien, einer salzlosen Diät, einem herzstärkenden Medikament aus Weißdorn und Besenginster sowie mit gezielter Massage erfolgreich bekämpft hatte.
    »Um meine
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