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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman
Autoren: Karla Weigand
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Kranken, die ich so einfach im Stich lasse, tut es mir von Herzen leid«, dachte sie, auf die leisen Ruderschläge Martins achtend.
    Außerdem machte sie sich Sorgen wegen Schwester Philomena, deren altersbedingte Verwirrtheit schon mehrfach Patienten zum Verhängnis hätte werden können: Die senil gewordene Nonne verwechselte gelegentlich Medizinfläschchen, irrte sich in der Dosierung der Inhaltsstoffe, vergaß hin und wieder ganz einfach die Behandlung mancher Kranker oder verabreichte den Leuten mehrmals hintereinander ihre Arznei.
    Bislang hatte in solchen Fällen immer Magdalena eingegriffen, um Schlimmeres zu verhüten. Die junge Frau unterdrückte einen Seufzer, quetschte ihren Beutel, den sie bereits am Nachmittag im Krankensaal versteckt hatte, noch fester unter die Bank und lauschte auf das Rascheln im Röhricht, welches das Seeufer dicht überwucherte und allerlei Vögeln und sonstigem Getier Zuflucht bot.
    Deutlich waren das Schnarren und das Flügelschlagen einer Wildgans zu hören. Gleich darauf herrschte wieder
Stille – bis auf das Froschgequake in einem nahe gelegenen kleinen Teich und das sanfte Plätschern, verursacht durch die behutsame Bewegung der Ruderblätter, die sie langsam aber stetig ihrem Bestimmungsort, dem Dorf Eriskirch, näher brachten.
    Nach etwa der Hälfte der Strecke erbot sich Magdalena, zur Unterstützung des jungen Mannes die Muskelkraft ihrer Arme zur Verfügung zu stellen, und Martin nahm das Angebot – wenn auch scheinbar widerstrebend – an.
    »Ich schlafe sonst vor Langeweile ein«, behauptete sie und griff resolut nach dem zweiten Ruderpaar. Sie war geschickt und kräftig, und beiden erschien es jetzt, als flögen sie förmlich über den völlig unbewegten See dahin. Es ging nicht der leiseste Windhauch, und die Oberfläche des Wassers ähnelte im fahlen Mondlicht einem polierten Spiegel, ohne das geringste Kräuseln.
    »In einer Stunde spätestens wird sich das ändern«, prophezeite Martin leise, »dann kommt um diese Jahreszeit für gewöhnlich eine frische Brise auf, und der See macht Wellen. Aber dann haben wir es nicht mehr allzu weit bis zu unserem Ziel.«
    Magdalena durchströmte ein warmes Gefühl der Dankbarkeit. Dieser schlichte Bursche, den sie kaum kannte, hatte ihre Sache wie selbstverständlich zu seiner eigenen gemacht. Würde man ihn erwischen, erginge es ihm übel. Die Klosterknechte – obgleich Unfreie wie er – würden ihn auf Geheiß der Ehrwürdigen Mutter gnadenlos auspeitschen und ihn danach bei Wasser und Brot in das feuchte Kerkerloch unterhalb der Krankenstation werfen. Womöglich widerführe ihm gar noch Schlimmeres …
    Sie fragte sich, wie wohl der andere Kerl sein würde, der sie zu Pferd nach Hause geleiten wollte. Sie wusste nur, dass
er Peter hieß, so alt wie Martin war – etwas über zwanzig – und normalerweise sein Auskommen als eigener Holzknecht eines gräflichen Herrn in den Wäldern um Eriskirch und Langenargen fand.
    Unbewusst bewegte sie ihre Arme schneller, und der junge Mann passte sich umgehend ihrem Rhythmus an. Je eher er die Entlaufene im Eriskircher Ried an seinen Kameraden übergab, desto früher vermochte er selbst den Heimweg anzutreten. Immerhin musste er wie jeden Tag im ersten Morgengrauen die am vorhergehenden Abend ausgelegten Netze einziehen und kontrollieren.
     
    Margret Scheitlin seufzte und wälzte sich unruhig auf ihrem Lager hin und her, ohne Schlaf zu finden. Sie fühlte sich überhaupt nicht mehr wohl, seit sie vom wenige Kilometer entfernten Altdorf nach Ravensburg umgezogen war in das hochherrschaftliche Anwesen ihres verstorbenen Schwagers Georg Scheitlin. Der schlichten Hausfrau und Ehefrau des Baders Mauritz war das Unrecht, das ihr Gatte seinem Mündel Magdalena anzutun im Begriffe war, durchaus bewusst.
    Sie wehrte sich innerlich dagegen, obwohl ihr Mann behauptete, dies nur zum Wohle ihres gemeinsamen Sohnes Bertwin zu tun. Es widerstrebte ihr, das junge Mädchen, das doch gerade erst seinen Vater verloren hatte, derartig zu hintergehen. Wie kam Mauritz dazu, seine Nichte, die immerhin einem Bräutigam versprochen war, gegen ihren Willen ins Kloster zu verbannen?
    Sie wusste Bescheid darüber, mit welcher Raffinesse er versuchte, die Leiterin des Klosters mit einer gehörigen Summe Bargeld zu bestechen sowie mit dem Versprechen, in Zukunft müsse der Konvent sich nie mehr um die Bezahlung von Kräutern, Drogen und Arzneien Sorgen machen …

    Allein die Tatsache, dass er die Munt über
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