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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman
Autoren: Karla Weigand
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Betrüger!«
    »He, he!«, knurrte der ehemalige fahrende »Wunderheiler« und Zahnbrecher, und in seinem Gesicht wetterleuchtete es gehörig.
    »So darfst du mir aber nicht kommen, gell!«, schnauzte er seine bessere Hälfte an. »Sonst könnt’ es glatt passieren, dass ich meine guten Manieren vergesse und dir eine Ohrfeige zuteil werden lasse! Nur damit du dich wieder dran erinnerst, dass eine Frau ihrem Mann Respekt und Demut schuldig ist.«
    Margret kümmerte sich allerdings nicht mehr um Mauritz’ bösartiges Gerede; sie stürmte aus der Wohnstube – wobei sie der am Schlüsselloch horchenden, neugierigen Dienstmagd
einen ordentlichen Nasenstüber mit der Tür verpasste. Die aber fasste sich sofort.
    »Ich wollt’ bloß fragen, ob die Herrschaften noch einen Wunsch haben«, behauptete sie geistesgegenwärtig, aber Margret hörte gar nicht hin. Sie musste jetzt gut überlegen.
    An ihren Sohn Bertwin konnte sie sich leider nicht wenden. Der Vierundzwanzigjährige hatte es bisher erfolgreich vermieden, sich einer vernünftigen Ausbildung zu unterziehen, und von einer geregelten Arbeit hielt er ebenso wenig.
    Er war faul und leichtsinnig, lebte meist in den Tag hinein, war aber andererseits nicht anspruchsvoll, sondern genügsam und freigebig, sobald er selbst irgendetwas besaß. Von stets heiterer Gemütsart, verstand er es, sich bei Jung und Alt beliebt zu machen. Er wurde gerne eingeladen, weil er witzig und noch dazu ein ausgezeichneter Sänger war; und was er den Leuten auf seiner Fiedel vorzuspielen pflegte, konnte sich hören lassen. Seine Mutter wusste indes meist nicht, wo er sich mit seinen nicht ganz einwandfreien Kumpanen herumtrieb. So war es auch heute.
    Aber eines wusste die unglückliche Margret mit Sicherheit: Ihr Sohn würde auf keinen Fall irgendwann die Apotheke samt der ganzen Verantwortung übernehmen! Und wenn er gewusst hätte, dass sein Vater seine Base so übel über den Tisch zog, wäre er, von Grund auf gutmütig wie er war, Mauritz wahrscheinlich für immer aus dem Weg gegangen.
     
    Während der ruhelosen Margret all dies durch den Kopf ging, fasste sie den Beschluss, sofort und ohne auf den nächsten Morgen zu warten, ihre alte, schon etwas hinfällige Schwiegermutter Elise, geborene von Schmalegg aus dem Ministerialengeschlecht der Schmalegg-Winterstetten, aufzusuchen. Die alte Dame – fünfundsiebzig Jahre schon und
ein wenig gehbehindert, aber geistig hellwach – bewohnte mit ihrer ebenfalls reichlich betagten Zofe Auguste und einem noch jüngeren Knecht namens Gandolf im Oberstock des Gebäudes mehrere Zimmer, welche sie so gut wie nie mehr verließ.
    Voller Stolz pflegte sie jedem Besucher zu erzählen, dass einer ihrer direkten Vorfahren ein berühmter Minnesänger war: Ulrich von Winterstetten. Und dass sie den damaligen Stadtarzt Wendelin Scheitlin aus Liebe geheiratet habe, obwohl sie eine »bessere« Partie hätte machen können …
    Zähneknirschend hatte sich Mauritz darein gefügt, seiner Mutter das lebenslange Wohn- und Bleiberecht in »seinem« Haus weiterhin »gnädig zu gewähren«. Auf eine entsprechend unverschämte Bemerkung ihres Ältesten hin hatte die alte Frau – die unter dem Tod ihres Lieblingssohnes Georg schrecklich litt – mit aller Schärfe angekündigt, ihr Recht sofort einzuklagen, falls Mauritz es sich einfallen ließe, sie von ihrem Grund und Boden vertreiben zu wollen.
    »Das Geld zum Bau dieses schönen großen Hauses stammt immerhin aus meiner Mitgift«, hatte sie dem ungeliebten Usurpator entgegengehalten, worauf der ältere Sohn klein beigab.
    Margret erklomm die mit Teppichen ausgelegte Stiege, die zu den Räumlichkeiten ihrer Schwiegermutter hinaufführte. Sie hoffte inständig, die alte Dame habe sich erst vor kurzem zur Ruhe begeben und sei noch nicht in tiefen Schlaf verfallen.
    Elise würde sie trösten und ihr wieder Mut zusprechen. Margret hielt es sogar für möglich, dass sie auch Rat wüsste, wie man Magdalena helfen konnte. Das letzte Wort durfte doch noch nicht gesprochen sein in dieser traurigen Angelegenheit.

KAPITEL 4
    MARTINS FREUND, DER Holzarbeiter, der die beiden Arbeitsgäule besorgt hatte – auf Reitpferde hatte er keinen Zugriff – , erwies sich als noch schweigsamer als der junge Fischer. Schüchtern wie er war, lief er bei Magdalenas Anblick knallrot an.
    Selbst die nicht ganz geringe Geldsumme, die sie ihm gleich zu Anfang in die Hand drückte, um ihn gewissermaßen aufzumuntern, blieb ohne Wirkung. Er
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