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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman
Autoren: Karla Weigand
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er mir als unglaubwürdiger Mensch bekannt
war. Niemals hätte ich seinen Lügen Glauben schenken dürfen. Ich hätte dich wahrlich besser kennen müssen, als dir zuzutrauen, deinen Bräutigam auf solche Weise im Stich zu lassen. Ich war einfach dumm! Kannst du einem alten Esel, der dich inständig darum bittet, verzeihen, mein liebes Kind?«
    »Herr Albrecht! Stellt Euch nicht schlimmer dar als Ihr es seid! Die meisten wären vermutlich auf meinen gewitzten Oheim hereingefallen! Das beste Beispiel sind die Räte von Ravensburg, die ausgerechnet ihn als meinen Vormund bestellt haben. Und wie ihr wisst, ist auch Mutter Notburga von Mauritz hereingelegt worden. Also, ich bitte Euch: Nehmt es Euch nicht mehr zu Herzen! Es ist doch alles gut geworden. Freut Euch lieber an Eurem Enkelsohn, lieber Großvater!«
    Die Hebamme Gertrude und alle anderen im Gebärzimmer konnten sehen, wie der angesehene Kaufmann mit dem Silberhaar sich über die Hand Magdalenas beugte, die langsam ihre gesunde Farbe zurückgewann und mehr denn je einer voll erblühten Rose glich, und sie ehrfurchtsvoll küsste.
    »Du machst mich sehr glücklich, Tochter«, flüsterte er dabei. Erneut wurden seine Augen nass. Dann erhob er sich, blieb jedoch vor dem Bett noch stehen, als schwere Schritte sich auf dem Flur näherten. Es hörte sich nach den Stiefeln mehrerer Männer an.
    »Auch ich habe eine kleine Überraschung für dich, mein Kind«, verkündete der alte Mann strahlend und strich sich das schwarze Seidenwams glatt. Alle blickten gespannt auf ihn, als er aus der Tasche seines Überrocks ein zusammengefaltetes Schriftstück zog.
    »Die Herren, welche dir jetzt gleich ihre Aufwartung machen werden, haben es ermöglicht und möchten sicher Zeugen davon sein, wie du dich darüber freust.«
    Gertrude, die den jüngsten Spross des Hauses in seine
Wiege gelegt hatte, in der seit hundert Jahren jeder Sohn des Kaufmannsgeschlechts Grießhaber schlummerte, trat ebenfalls näher, um zu erfahren, was Albrecht für Magdalena vorbereitet hatte. Es klopfte, und eine Magd ging, um zu öffnen.
    Vier Honoratioren der Stadt Ravensburg waren es, die der jungen Mutter die Ehre erweisen wollten, sie zur Geburt eines gesunden Sohnes im Namen der Gemeinde zu beglückwünschen. Es handelte sich um den ehemaligen Bürgermeister Jodok Finsterwald – der »nur« noch Ratsherr war, weil das Stadtrecht eine nochmalige Kandidatur als Schultheiß nicht erlaubte – und um den Stadtpfarrer Simon Auersberg sowie die beiden Ratsherren Burkhard Scheuringer und Karl Meusle.
    An dem stolzen Großvater war es nun, allen die große Überraschung zu verkünden, dass die Räte der Stadt einstimmig beschlossen hatten, Magdalena Maria Elisabeth Grießhaber, geborene Scheitlin, zur alleinigen Inhaberin der väterlichen Apotheke zu ernennen und zugleich – als erste Frau – zum ordentlichen Mitglied in der Großen Handelsgesellschaft Ravensburg.
    Selbst ihrem Ehemann Konrad hatten die Herren vorher nichts von dieser außergewöhnlichen Ehre verraten. Der junge Kaufmann war perplex, aber sobald er sich gefangen hatte, war er beinahe außer sich vor Freude und Stolz.
    Magdalena indes war einfach sprachlos. Beinahe zu vieles stürmte an diesem Tag auf sie ein. Erst die schwere, aber glücklich verlaufene Geburt, dann die öffentliche Versöhnung mit ihrem Schwiegervater – und nun diese Ehrung durch die angesehene Kaufmannsgilde!
    Spontan beschloss die junge Ehefrau und Mutter, sowohl der Stadtpfarrkirche als auch dem Gildehaus der Ravensburger Kaufleute ein buntes Glasfenster zu stiften, das jeweils
das Zeichen ihres Berufsstandes abbilden sollte: Mörser und Stößel sowie eine Apothekerwaage inmitten eines Kranzes von Heilkräutern.
    Das löste wiederum große Befriedigung bei den Ratsherren und dem Geistlichen der Stadt aus. Sie ließen »die Rose von Konstanz, die sich offenbar anschickte, die Rose von Ravensburg zu werden«, wie der einstige Schultheiß sich unerwartet galant ausdrückte, hochleben, und Pfarrer Simon traf mit dem Kindsvater eine Absprache bezüglich der Taufe des neuen Erdenbürgers, der mittlerweile friedlich in seiner Wiege schlief.
    Als sie jedoch sahen, dass die Wöchnerin völlig erschöpft war und auch Gertrude von Reuchlin ihre Autorität als Wehmutter ins Spiel brachte, brachen die Gratulanten auf. Die Geburtshelferinnen und Mägde sowie die Familienangehörigen verließen gar auf Zehenspitzen den Raum.
    Nur Konrad verweilte noch am Bett seiner Ehefrau. Er
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