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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman
Autoren: Karla Weigand
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Das bedeutet gleichzeitig eine größere Wohnung für Wenz Traugott, den Apotheker. Er verrichtet seit Jahren gute Arbeit und er soll mich auch weiterhin unterstützen. Vielleicht findet er eine Ehefrau und wird in Ravensburg dauerhaft ansässig.
    Das Wichtigste aber scheint mir, dass ganz oben eine Bleibe für Muhme Margret sein soll. Sie könnte doch die Räume von Großmutter Elise beziehen. Entweder sie bewohnt das zweite Geschoß allein – oder doch vielleicht irgendwann zusammen mit ihrem Sohn Bertwin, sobald dieser genug vom Herumstreunen hat!«
    »Du bist nicht nur eine sehr schöne und außergewöhnlich kluge Frau, meine geliebte Rose, sondern auch eine mit einem goldenen Herzen.«
    Konrad strahlte und schloss seine Liebste erneut in die Arme. »Was kann mir Besseres widerfahren, als zusammen mit dir alt zu werden, Röschen?«
    »Das wollen wir hoffen, mein Liebster. Aber jetzt sind wir
beide noch herrlich jung, nicht wahr? Und diese Jugend wollen wir endlich gemeinsam genießen.«
    Dagegen ließ sich nun nichts Vernünftiges einwenden. Das Alter würde noch früh genug auch zu ihnen kommen …
     
    Trotz der langen Abwesenheit fühlte Magdalena sich bald wieder heimisch in ihrer Vaterstadt Ravensburg. Ruhig und beschaulich kam es ihr vor und längst nicht so hektisch, wie es im wirbeligen Konstanz gewesen war. Sie vermisste die Konzilsstadt keineswegs, auch die berühmten und bedeutenden Männer, deren Weg sie gekreuzt hatte, waren bald nur noch eine blasse Erinnerung für sie.
    Beim ersten Gang durch die Stadt stellte sie erstaunt fest, dass sich nahezu nichts verändert hatte. Ein paar neue Häuser waren anstelle der alten, die vermutlich einem Brand zum Opfer gefallen waren, errichtet worden. Das Mauerwerk der Stadttürme und -mauern hatte man ausgebessert, und wieder einmal unternahm man einen halbherzigen Anlauf, die Privilegienbestätigung König Wenzels bezüglich der Schiffbarmachung der Schussen bis zum Bodensee in Angriff zu nehmen.
    Laut Konrad Griesshaber zeugte das zwar vom Unternehmergeist der Ravensburger, aber seiner Meinung nach würde der Plan aus politischen und technischen Gründen wohl niemals verwirklicht werden.
    »Die Reichsstände zwischen unserer Stadt und dem Bodensee haben das notwendige Gelände immer noch nicht zur Verfügung gestellt. Und selbst wenn! Wie sollte die Bürgerschaft die ungeheuren Summen zur Durchführung des Projekts jemals aufbringen? Als man die Sache vor gut zwanzig Jahren erstmals ins Auge fasste, schwebte den Ravensburger Großkaufleuten das Beispiel der niederländischen Handelsstadt
Brügge vor, die durch einen Kanal mit der Nordsee verbunden ist. Was man bei uns nicht bedachte, war die Tatsache, dass die Brüggener infolge ihrer geringen Höhe über dem Meer und infolge des sehr flachen Landes keine allzu großen baulichen Schwierigkeiten zu überwinden hatten …«
    Eine geringfügige Neuerung bestand in dem Verbot der Behörden, in der Stadt Tauben zu halten. Das hatte die Obrigkeit vor vierzig Jahren und zwischendurch immer wieder durchzusetzen versucht, bislang allerdings ohne Erfolg. Für die Bürgerschaft war die Nutztierhaltung innerhalb der Stadtmauern unerlässlich, und Tauben gehörten, wie anderes Federvieh, einfach dazu. Als Magdalena aus ihrer Vaterstadt geflohen war, hatte der Rat der Stadt zwar ein Auge zugedrückt, jedoch als Kompromiss verlangt, dass vor den Taubenschlägen nirgendwo Futterbretter über Hauswand und -dach hinausragten. So sollten Spaziergänger auf der Gasse vom Kot dieser Vögel verschont bleiben.
    Alles in allem war jedoch, wie Magdalena mit Genugtuung feststellte, beinahe alles beim Alten geblieben.

KAPITEL 53
    ES WAR ÜBERSTANDEN. Mit Muttergottes und Muhme Gertrudes Hilfe schenkte Magdalena im Sommer 1420 einem gesunden Kind das Leben.
    Der Vater des Kleinen – und mehr noch der Großvater – waren vom langen Warten, den gelegentlichen, durchdringenden Schreien der Kreißenden und dem geschäftigen Treppauf, Treppab der Dienerschaft ganz benommen. Endlich, nach achtzehn Stunden Wehen, vernahmen beide einen
seltsam hohen Schrei, vergleichbar dem Krähen eines heiseren, jungen Hahnes.
    Wie von einer wilden Hornisse gestochen, stürzten die zwei Kaufleute aus Albrechts Gemach, wo sie die letzten Stunden verbracht und versucht hatten, ihre ungeduldige Sorge mittels mehrerer Partien Schach zu verdrängen.
    Eine ältere Magd kam ihnen entgegen. »Es ist ein Büble!«, rief sie, »Ihr habt einen Erben, Herr
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