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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman
Autoren: Karla Weigand
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Konzil zu koordinieren und organisatorisch möglichst reibungslos am Laufen zu halten, blieben für den Rechtsgelehrten indes auch nicht ohne Lohn: Immerhin verlieh ihm der Kaiser vor seinem Auszug aus Konstanz noch einen Adelstitel.
    Die Beförderung zum »Freiherrn von Zängle« war Anlass für eine ganz besondere Feier im Haus zum Goldenen Bracken.
     
    Seine erheblichen Schulden beglich Kaiser Sigismund in der Tat nicht. Nach seiner Gewohnheit vergaß er sie schlichtweg, und keiner der Stadtväter hatte das Herz, den Herrscher
daran zu erinnern. Im Gegensatz zu Papst Martin verließ der Kaiser die Stadt Konstanz ohne jegliches Spektakel. Beinahe lautlos ritt er mit seinem Gefolge, unter dem sich auch Magdalenas Vetter Albrecht von Meinrad befand, in Richtung Ungarn davon; ein Land, dessen Königstitel Sigismund ja gleichfalls trug. Dort gab es wieder einmal Ärger mit den Osmanen.
    Die Brüder Jakobus, Andreas und Johannes hatten der Konzilsstadt gleich nach der Wahl des neuen Papstes Lebewohl gesagt und den langen Weg zurück in ihr Alpenkloster angetreten – Johannes mit einer gewissen Wehmut im Herzen: Musste er doch seine heimlich angebetete Donna Lena zurücklassen …
    Auch Vetter Julius Zängle fiel der Abschied von der jungen Apothekerin nicht gerade leicht. Nicht selten hatte er mit dem Gedanken gespielt, wie es wohl wäre, sich aus einem ältlichen Hagestolz in einen jungen Ehemann zu verwandeln.
    Betz hingegen, seit kurzem frischgebackener Pharmazeut, ließ seine ehemalige Herrin und Lehrmeisterin leichteren Herzens ziehen, hatte der Jüngling sich doch im Laufe der Zeit tatsächlich der Dienstmagd Änneli zugewandt. Beide waren sehr verliebt ineinander und beabsichtigten zu heiraten, sobald Julius sein Einverständnis erteilte.
    Der Notar vermochte seiner scheidenden Base noch ein ganz besonderes Abschiedsgeschenk zu machen: Das städtische Gericht von Konstanz hatte entschieden, dass Magdalena Scheitlin die rechtmäßige Erbin ihres Vaters Georg war und ihr die Apotheke samt dem Wohnhaus mit allem Inventar fraglos zustand. Die Richter in Ravensburg schlossen sich dem Urteil einstimmig an.
    »Deinem Oheim wurde eine Frist eingeräumt, binnen derer
er dein Elternhaus zu verlassen hat. Das müsste inzwischen geschehen sein. Viel hat der Mann ja nicht mitzunehmen, außer den paar Sachen, womit er eingezogen ist«.
    Vetter Julius klang sehr zufrieden. Die leuchtenden Augen Magdalenas entschädigten ihn tausend Mal für seine Anstrengungen, derer es bedurft hatte, die Richter in Konstanz zu überzeugen. Vaterlose, alleinstehende Jungfern hatten es im Allgemeinen nicht so leicht, vor Gericht zu ihrem Recht zu kommen.
     
    »Woher kommt eigentlich der Hausname ›Zum Goldenen Bracken‹?«, erkundigte sich Konrad bei Magdalena, als beide an einem ihrer letzten Tage in Konstanz durchs Wollmatinger Moos schlenderten und die junge Apothekerin nebenbei Heilkräuter pflückte.
    »Der erste Eigentümer des Hauses an der Prozessionsgasse vor gut einhundert Jahren war der damalige bischöfliche Leibjäger. Bekannt war dieser Vorfahr meines Vetters Julius nicht nur für seine Treffsicherheit beim Wildbretschießen, sondern auch für die Zucht einer besonderen rotbraunen Spürhundrasse, den Bracken. Der Name des Wohngebäudes hat sich bis heute erhalten.«
    »Weil wir gerade von Häusern sprechen, mein Schatz!«
    Konrad verhielt seinen Schritt, fasste Magdalena am Oberarm und drehte sie zu sich.
    »Ich nehme doch an, dass du mit mir ins Haus meines Vaters Albrecht ziehst? Oder störst du dich an der Tatsache, dass vor dir eine andere Hausfrau dort das Regiment geführt hat?«
    »Natürlich nicht, Liebster! Es ist doch guter alter Brauch, dass die Söhne eines Mannes unter dem ehemaligen Dach seines Vaters aufwachsen.«

    »Es freut mich, Liebste, dass du so denkst!«
    Sie küssten sich innig. Zeugen hatten sie nicht zu befürchten. Außer einigen Enten und Moorhühnchen war hier niemand.
    Ehe sie ihren Weg durchs Moor fortsetzten, brachte Konrad noch etwas zur Sprache, das ihm am Herzen lag: »Was hast du eigentlich mit deinem Vaterhaus vor? Dein Oheim ist fort, seine Ehefrau hat das Weite gesucht, ihr Sohn ist irgendwo in der Schweiz verschollen, und deine Großmutter lebt längst nicht mehr. Willst du es etwa leerstehen lassen? Du solltest einmal ernsthaft darüber nachdenken, Liebste. «
    »Das habe ich bereits, mein Schatz! Ich fände es am besten, die Stadtapotheke in das Untergeschoss des Gebäudes zu verlegen.
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