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Das Elfenportal

Titel: Das Elfenportal
Autoren: Herbie Brennan
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bevor der Käfig einen Ruck machte und ihn in den Schwefel tauchte. Pyrgus war sicher, dass es einen Ruck geben würde. Trotz Beleths Prahlerei über sein langsames, qualvolles Sterben war der Käfig in den letzten fünfzehn Minuten zweimal um mehr als einen halben Meter gefallen. Noch so ein Ruck und Pyrgus würde verbrennen.
    Durch die Dämpfe und den Rauch konnte er sehen, dass Beleth wieder da war. Der wollte sich das Schauspiel wahrscheinlich nicht entgehen lassen. Der Prinz der Finsternis sah nur zu gern zu, wie Leute Todesqualen litten, er lauschte genussvoll ihren Schreien und ihrem Flehen. Aber Pyrgus war fest entschlossen, ihm diesen Gefallen nicht zu tun. Wenn er es schaffte, würde er geschmolzenen Schwefel schlucken und sich damit einen schnellen Tod verschaffen.
    »Hofft Ihr darauf, dass er noch einen Ruck macht?«, rief Beleth. Er hatte wieder seine gehörnte Gestalt angenommen, so dass seine Stimme rollte wie ferner Donner. »Hofft Ihr auf einen schnelleren Tod?« Er lächelte breit. »Ich fürchte, Kronprinz, Ihr werdet enttäuscht sein. Ich habe Euren Käfig schneller absenken lassen, damit ich mir Euer Hinscheiden noch ansehen kann, bevor ich – «
    Beleth brach ab. Im Inneren des Metallkäfigs begann Pyrgus’ Gestalt wie eine Kerze im Wind zu flackern. Kurz sah man seine feste Gestalt, schon wirkte er wieder wie ein Gespenst. Beleth fiel die Kinnlade herunter. Pyrgus war nicht mehr da. Doch, war er. Nein, war er nicht. Doch – Pyrgus war vollständig verschwunden. Er hatte doch gerade noch dort gekauert, eingehüllt von Gasen und Rauch, und jetzt war der Käfig leer. Eindeutig leer.
    Beleth brüllte auf. Er irrte sich nicht. Pyrgus war fort! Der Dämonenprinz fuhr herum und starrte seine Untertanen an, als hätten sie das zu verantworten. Aber die Dämonen, die in der Schwefelhöhle arbeiteten, waren genauso verdutzt wie er.
    »Wo steckt er?« Beleth griff sich den nächstbesten Dämon und schüttelte ihn, bis dessen Genick brach. Den Toten warf er beiseite. »Wo steckt Prinz Pyrgus?«, donnerte Beleth.
    Ihm kam ein Gedanke. Unsichtbarkeit! Der Bursche hatte sich in einem Kegel der Unsichtbarkeit versteckt. Er war nicht entkommen. Natürlich war er nicht entkommen. Ein Entkommen war so gut wie unmöglich. Pyrgus war noch immer in dem Käfig! Er konnte immer noch ertastet werden, konnte immer noch verbrannt, immer noch zerquetscht werden…
    Beleth trat in den Schwefeltümpel. Die geschmolzene Lava schwappte über seine Füße hinweg wie lauwarmes Wasser. Als er auf den Käfig zuwatete, blieb sein Fuß an irgendetwas dicht unter der Oberfläche hängen und er geriet ins Stolpern. Er ruderte mit den riesigen Armen und erwischte die Weltenbrandbombe, die von ihrem Gestell fiel und ins Rollen kam. »Neeeiiiiiiiiin!«, heulte Beleth plötzlich in heller Panik.
    Alles schien sich zu verlangsamen. Die Weltenbrandbombe rollte zentimeterweise auf den Tümpel zu. Einer der Arbeiter versuchte sie festzuhalten, aber sie war zu schwer. Beleth warf sich nach vorn, verfehlte sie aber ebenfalls. Langsam, ganz langsam glitt sie in die geschmolzene Lava.
    Beleths Schrei dröhnte durch die Höhle. Eine Blase stieg zur Oberfläche des Tümpels auf und zerplatzte in einer Riesenfontäne. Gewaltige Blitzstrahlen von elementarer Kraft fuhren über den geschmolzenen Schwefel. Von irgendwo tief unten kam ein Dröhnen, das rasch zu einem Donnern wurde. Beleth rannte nicht schnell genug. Der Schwefeltümpel brach in einer ungeheuren Explosion hervor und riss den Dämonenfürst in Stücke. Einen Sekundenbruchteil später stürzte die Höhle ein und begrub alles unter sich, alles, was kurz zuvor noch tot oder lebendig gewesen war.
    Viel weiter oben dröhnte die große Stadt aus Metall wie eine Glocke, dann knickten die Gebäude um und versanken im Nichts.
     
    Auf einmal waren Henrys Zweifel verschwunden. Auf einmal verließ ihn alle Unsicherheit, und eine Woge der Zuversicht brandete über ihn hinweg. Er spürte, dass er ein bisschen gerader stand, dass seine Stimme kräftiger wurde, er spürte – jawohl, spürte –, wie Energie ihn durchströmte und die Worte, die er sprach, ihn durch Raum und Zeit und fremde Dimensionen trug. Das Buch Beleth bebte in seinen Händen. »Komm zu uns, Pyrgus, komm!« Der Raum vibrierte vor Kraft. »Komm, Pyrgus, komm!«
    Aber das Wesen war nicht Pyrgus. Dieses Wesen war auch nicht in dem Dreieck gefangen. Durch den wirbelnden Weihrauch konnte Henry etwas kommen sehen, das einem Alptraum
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