Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
Vom Netzwerk:
Pistole Zehn Sekunden vorher hatte er einen Ton von sich gegeben, der nur ein Seufzer der Erleichterung gewesen sein konnte Der Junge hat Angst, dachte Ronn und sagte beruhigend »Na, wir werden mal nachsehen. Wo ist es denn?«
    »Es ist ein bißchen umständlich zu finden Ich kann vorweg fahren « Ronn nickte und ging zurück zu seinem eigenen Wagen. Er startete den Motor und folgte dem blauen Blinken in einem weiten Bogen um den Hauptblock und hinein in das Krankenhausgelände. Innerhalb einer halben Minute mußte der Streifenwagen dreimal rechts und zweimal links abbiegen, dann bremste er und hielt vor einem langen, flachen Gebäude mit gelb verputzten Wänden und schwarzem Dach. Das Haus sah uralt aus. Über den morschen braunen Holzturen versuchte eine einsam flimmernde Glühbirne mit altertümlichem weißem Glasschirm erfolglos die Dunkelheit zu durchdringen. Der Polizist stieg aus und baute sich wie vorher mit den Händen an Pistolenkolben und Autotur auf, letztere ein Schutzschild gegen die Nacht und die möglicherweise dann verborgenen Gefahren.
    »Da drin«, sagte er und schielte zur Tür. Ronn unterdruckte ein Gähnen und nickte.
    »Soll ich Verstärkung rufen?«
    »Na, wir werden mal sehen«, wiederholte Ronn gutmutig.
    Er war bereits auf der Treppe und stieß die rechte Türhälfte auf. Die lange nicht geölten Angeln quietschten jämmerlich. Noch ein paar Treppenstufen und eine Tür und er befand sich in einem sparsam beleuchteten Korridor. Der war breit mit hoher Decke und zog sich durch die ganze Länge des Gebäudes herum.
    Auf der einen Seite lagen die Krankenzimmer, die andere war offenbar dem Spulraum, der Waschekammer und den Behandlungsräumen vorbehalten. An der Wand hing ein altes schwarzes Telefon, der Typ, für den man nur ein Zehn-Öre-Stück braucht Ronn starrte auf ein weißes, ovales Emailleschild mit der lakonischen Aufschrift BADERAUM und machte sich dann daran, die vier Personen genauer zu mustern, die sich jetzt m seinem Blickfeld befanden Zwei davon waren uniformierte Polizeibeamte. Der eine war untersetzt und kraftig, stand breitbeinig mit hangenden Armen da und blickte starr ge radeaus. In der linken Hand hielt er ein Notizbuch mit schwarzem Einband. Sein Kollege lehnte gegen die Wand und hatte den Kopf über einen weißlackierten, gußeisernen Ausguß mit altertümlichem Messmghahn gebeugt Von all den jungen Mannern, denen Ronn an diesem Tag im Verlauf seiner neun Überstunden begegnet war, sah dieser aus, als ob er der allerjungste wäre, m seiner Lederjacke mit Koppel und der offenbar unentbehrlichen Waffe wirkte er wie die Karikatur eines Polizisten Eine altere grauhaarige Frau mit Brille saß zusammengesunken in einem Korbstuhl und starrte apathisch auf ihre weißen Holzschuhe Sie trug einen weißen Kittel und hatte haßliche Krampfadern an den blassen Waden Ein Mann von Mitte Dreißig vervollständigte das Quartett. Er hatte krauses Haar und biß sich nervös in die Fingerknöchel. Auch er trug einen weißen Kittel und Holzschuhe.
    Die Luft im Flur war schlecht, es roch nach einer Mischung aus Putzmitteln, Erbrochenem und Medikamenten. Rönn mußte ganz plötzlich niesen und griff etwas verspätet mit Daumen und Zeigefinger an seine Nase.
    Der einzige, der darauf reagierte, war der Polizist mit dem Notizbuch. Ohne ein Wort zu sagen, zeigte er auf eine hohe Tür mit gelbweißem Anstrich und einer weißen, maschinengeschriebenen Karte in einem Metallrahmen. Die Tür war nur angelehnt. Rönn stieß sie auf, ohne die Klinke zu berühren. Dahinter war noch eine Tür. Sie ging nach innen auf, war ebenfalls nicht zugeklinkt und öffnete sich, als Rönn mit dem Fuß dagegen stieß.
    Er warf einen Blick in das Zimmer und fuhr erschrocken zurück. Dann ließ er seine rote Nase los und blickte noch einmal hinein, diesmal genauer.
    »Um Gottes willen«, murmelte er.
    Dann trat er einen Schritt zurück, ließ die äußere Tür in die alte Stellung zurückschwingen, setzte seine Brille auf und sah sich den Namen auf dem Schild an.
    Der Konstapel hatte das schwarze Notizbuch eingesteckt und statt dessen seine Dienstmarke hervorgeholt. Nun stand er da und trommelte darauf herum.
    Die Dienstmarken würden nun demnächst eingezogen werden, dachte Rönn geistesabwesend. Und damit würde der lange Streit darüber, ob diese Marken als deutliches Erkennungszeichen auf der Brust zu tragen waren oder in einer Tasche verborgen werden konnten, ein ebenso enttäuschendes wie schlagartiges Ende finden.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher