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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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hatte. Das Buch war groß und schwer und als Bettlektüre nicht besonders gut geeignet.
    Bald taten ihm die Arme weh. Er legte es weg und streckte die Hand aus, um die Lampe auszuschalten.
    In diesem Moment klingelte das Telefon, Einar Rönn war wirklich todmüde.
    Er hatte siebzehn Stunden lang ohne Pause gearbeitet. Jetzt stand er im Wachlokal der Kriminalpolizei in Kungsholmsgatan und sah sich einen weinenden Mann an, der einen Mitmenschen angegriffen hatte.
    Mann war vielleicht zuviel gesagt, denn der Festgenommene war richtig besehen nur ein Kind. Ein achtzehnjähriger Junge mit blondem Haar, das ihm bis auf die Schultern hing, knallroten Jeans und Fransenjacke aus braunem Mokka-Leder mit dem Wort LOVE auf dem Rücken gemalt. Zwischen den einzelnen Buchstaben und rundherum waren sorgfältig verschnörkelte Blumen in Rosa, Hellblau und Violett zu sehen. Auf den Stiefelschäften waren ebenfalls Blumen und Schriftzeichen zu erkennen, genauer gesagt die Worte PEACE und MAGGAN. Lange Strähnen aus weichem, wogendem Menschenhaar waren auf den Ärmeln festgenäht.
    Man mußte sich beinahe fragen, ob dafür jemand skalpiert worden war.
    Rönn hatte selbst nicht übel Lust, in Tränen auszubrechen. Zum Teil, weil er völlig fertig war, vor allem aber, weil er in letzter Zeit so oft mit Fällen zu tun gehabt hatte, bei denen er den Täter mehr bedauerte als das Opfer.
    Der Jüngling mit dem schonen Haar hatte versucht, einen Rauschgift-Händler zu erschlagen. Das war ihm nicht besonders gut gelungen, aber es reichte zur Anklage des versuchten Totschlags.
    Rönn war seit fünf Uhr nachmittags hinter ihm her gewesen, was bedeutet hatte, daß er gezwungen war, ganze achtzehn Rauschgifthöhlen in den verschiedenen Teilen seiner schönen Stadt zu finden und zu durchsuchi die eine immer schmutziger und widerlicher als die andere.
    Und alles nur deshalb, weil so ein Schweinehund, der auf Mariatorgi Hasch mit Opium vermischt an die Schulkinder verkaufte, eine Beule den Kopf bekommen hatte. Immerhin mit einem Eisenrohr und aus di einzigen Grund, weil der jetzt Angeklagte blank gewesen war. Aber trotzdem, dachte Rönn.
    Und dann: Neun Überstunden, es würden sogar zehn werden, ehe er nach Hause in seine Wohnung nach Vällingby kam.
    Aber man mußte die guten und die schlechten Seiten des Berufs gegeneinander abwägen. Und auf der Plusseite stand in diesem Fall die hohe Überstunden-Bezahlung.
    Rönn stammte aus Lappland; er war in Arjeplog geboren und seine Frau stammte aus einer Lappenfamilie. Von Vällingby war er nicht besonders begeistert, mochte aber den Namen der Straße, in der er wohnte: Vittangigatan.
    Er sah zu, wie einer der jüngeren Kollegen, die Nachtdienst hatten, den Laufzettel ausschrieb und den Haarfetischisten zwei Streifenpolizisten überantwortete, die den Gefangenen in den Fahrstuhl drängten und ihn in das drei Stock höher gelegene scheußliche Arrestlokal brachten.
    Ein Laufzettel ist ein Papier, mit dem Namen des Arrestanten darauf und ohne besonderen Wert oder Beweiskraft. Auf der Rückseite macht der Wachhabende üblicherweise seine Anmerkungen. Zum Beispiel: Sehr unruhig, warf sich immer wieder gegen die Zellenwände und verletzte sich. Oder: Widerspenstig, fiel gegen einen Türrahmen und verletzte sich. Vielleicht nur: Fiel zu Boden und hat sich gestoßen.
    Und so weiter.
    Die Tür zum Hof ging auf, und zwei Streifenpolizisten schleppten einen älteren Mann mit üppigem grauem Bart herein. Genau auf der Schwelle schlug einer der Beamten dem Festgenommenen mit der Faust kräftig in den Unterleib. Der Mann klappte zusammen und ließ einen erstickten Laut hören, der sich wie das Jaulen eines Hundes anhörte. Die beiden Diensthabenden blätterten ungerührt in ihren Papieren.
    Rönn blickte den Konstapel müde an, sagte aber nichts. Dann gähnte er und sah auf die Uhr.
    Siebzehn Minuten nach zwei.
    Das Telefon klingelte. Einer der diensthabenden Kriminalbeamten antwortete.
    »Ja. Kriminalpolizei. Gustavsson am Apparat.« Rönn setzte seine Pelzmütze auf und wandte sich zur Tür. Hatte schon die Hand an der Klinke, als der Mann, der Gustavsson hieß, rief: »Was? Moment mal… Du, Rönn?«
    »Ja.«
    »Hier hab ich was für dich.«
    »Was denn nun schon wieder?«
    »Irgendwas in Sabbatsberg. Da ist einer erschossen worden oder so. Der Bursche, den ich hier am Draht habe, ist völlig durcheinander.« Rönn seufzte und drehte sich um.
    Gustavsson nahm die Hand von der Sprechmuschel und sagte: »Einer von
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