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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Rücken, zog mit einem Schaudern die Decke bis zum Kinn hoch. Lag mit weitgeöffneten Augen ganz ruhig da und fühlte den Schnellzug durch seinen Körper rasen.
    Irgend etwas hatte sich verändert. Das Muster an der Decke war ein klein wenig verschoben. Das stellte er beinahe sofort fest.
    Aber wodurch waren die Schatten und Reflexe verändert worden?
    Er sah sich die kahlen Wände an, wandte den Kopf nach rechts und blickte zum Fenster. Das war jetzt geschlossen.
    Schlagartig kam die Angst zurück, und er hob die Hand, um nach der Klingel zu fassen. Aber die war nicht mehr an ihrem Platz. Er hatte vergessen, die Schnur mit dem Klingelknopf vom Boden aufzuheben.
    Seine Finger schlössen sich fest um das Metallrohr, an dem das Kabel befestigt gewesen war; unverwandt starrte er auf das Fenster.
    Der Spalt zwischen den beiden dichten Vorhängen betrug immer noch eine Handbreite, aber ihr Faltenwurf hatte sich verändert, und das Fenster war geschlossen. Konnte jemand vom Personal im Zimmer gewesen sein?
    Das schien nicht wahrscheinlich.
    Er fühlte, wie ihm der Schweiß ausbrach, und spurte das Hemd kalt und klebrig auf der empfindlichen Haut.
    Hilflos seiner Furcht ausgesetzt und ohne den Blick vom Fenster losreißen zu können, begann er, sich langsam aufzurichten.
    Die Vorhänge hingen völlig still, trotzdem war er sicher, daß jemand dahinter stand. Wer? dachte er.
    Wer?
    Und dann mit einem letzten Rest von Verstand: Das muß eine Sinnestäuschung sein.
    Der Kranke stand jetzt neben dem Bett, zitternd mit den Fußen auf dem Steinfußboden. Ging zwei Schritte weit auf das Fenster zu. Blieb stehen, leicht gebeugt mit bebenden Lippen.
    Die Person in der Fensternische schlug mit der rechten Hand den Vorhang zur Seite und zog gleichzeitig mit der linken das Bajonett heraus.
    Lichtreflexe blitzten auf der langen, breiten Scheide.
    Der Mann in dem kurzen, gefütterten Mantel und mit der Tweedmütze trat zwei schnelle Schritte vor und blieb breitbeinig stehen, groß und kerzengerade und mit der Waffe in Schulterhöhe. Der Kranke erkannte ihn sofort; er wollte den Mund öffnen, um zu schreien…
    Da traf ihn schon der schwere Griff der Waffe quer über den Mund; er fühlte, wie seine Lippen platzten und der Unterkiefer splitterte.
    Das war das letzte, was er bewußt erlebte.
    Alles übrige ging zu schnell. Seine Uhr war abgelaufen.
    Der erste Hieb traf ihn am rechten Rippenbogen und das Seitengewehr sank bis zum Schaft in seine Eingeweide.
    Der Kranke stand immer noch aufrecht mit zurückgeworfenem Kopf, als der Mann im Mantel die Waffe zum drittenmal hob und ihm die Kehle durchschnitt, vom rechten bis zum linken Ohr.
    Zu hören war nur der brodelnde, leicht zischende Laut aus der offenen Luftröhre. Mehr nicht.
    Es war ein Freitagabend, und Stockholms Restaurants und Gaststätten hätten voll von gutgelaunten Menschen sein müssen, die nach einer anstrengenden Arbeitswoche ausspannten. Das war jedoch nicht der Fall, und man konnte sich den Grund leicht ausrechnen. Während der letzten fünf Jahre waren die Preise in den Restaurants auf das Doppelte gestiegen, und nur wenige Leute waren in der Lage, hin und wieder auswärts essen zu können. Die Gastwirte hatten Grund zur Sorge und sprachen von einer Krise; diejenigen unter ihnen, die ihre Räume nicht in Diskotheken oder Pubs umgewandelt hatten, um die zahlungskräftige Jugend anzulocken, machten ihr Geschäft mit der wechselnden Zahl von Geschäftsleuten, die Kreditkarten oder Spesenkonten zur Verfügung hatten und es vorzogen, ihre Besprechungen mit dem Besuch eines feinen Restaurants zu kombinieren.
    Der Gyldene Freden in der Stockholmer Altstadt unterschied sich in diesem Punkt nicht von anderen feinen Lokalen. Sicher war es schon spät, aus dem Freitag war Sonnabend geworden, doch hatten in der ganzen letzten Stunde nur zwei Gäste in einer Nische im oberen Speisesaal gesessen. Ein Mann und eine Frau. Sie hatten jeder ein Steak gegessen und saßen nun bei Kaffee und Schweden-Punsch und unterhielten sich leise über den Tisch hinüber, der zwischen ihnen stand.
    Zwei Kellnerinnen saßen an einem kleinen Tisch gegenüber der Eingangstür und falteten Servietten. Die Jüngere, die rote Haare hatte und müde aussah, stand auf und blickte zur Wanduhr über der Kasse. Sie gähnte, nahm eine Serviette und ging zum Tisch der Gäste.
    »Darf ich noch etwas bringen, ehe die Kasse schließt ?« Fragte sie und wischte mit dem Tuch einige Tabakkrümel vom Tischtuch »vielleicht
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