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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus
Autoren: Alexander Borell
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sie ein wenig hoch und ließ sie so sanft wieder zu Boden gleiten, als wolle er der Toten nicht wehtun.
    »Noch nicht lange«, hörte ich ihn murmeln.
    Er richtete sich auf und starrte auf die Flasche, die auf dem Tisch stand. Es war amerikanischer Gin, die Flasche war halb voll, der Korken lag daneben.
    Der Inspektor beugte sich über die Flasche, roch daran und schüttelte den Kopf.
    »Nichts. Jedenfalls kein Zyankali.« Er machte kehrt, kam zu mir heraus und zündete sich eine Zigarette an. »Das Haus hat ihr gehört, sagten Sie?«
    »Die Landpolizei hat mir das gesagt, und ich habe mit ihr gesprochen. Sie war im Kuhstall beim Melken, und sie hatte absolut keine Lust, mit mir über dieses Haus zu sprechen. Sie hat auch gesagt, daß ihr das Haus gehört, aber sie wollte es nicht vermieten.«
    Wendlandt überlegte.
    »Wie war das?« fragte er mich. »Sie haben der Hilbinger gesagt, daß Sie im Haus waren?«
    »Nein, ich sagte ihr nur, es sei jemand drin gewesen.«
    »Sie sagten nicht, daß dieser Jemand vor Ihren Augen gestorben ist?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    Er ging durch die Halle vors Haus und sagte:
    »Fragt sich nur, ob sie öfters hergekommen ist, oder ob sie kam, weil Sie sagten, es sei jemand im Haus gewesen.« Er kehrte wieder in die Diele zurück, fuhr mit dem Zeigefinger über die Möbel, tat dasselbe im Wohnzimmer und im Bad. Nirgends war so viel Staub wie in einem völlig unbewohnten Haus. Aber es war auch nirgends so sauber wie in einem ständig bewohnten Haus.
    Etwa um zwanzig Uhr trafen Wendlandts Mordspezialisten ein, unmittelbar danach kam der Arzt. Er stellte den Tod fest und sagte uns nichts, was wir nicht schon wußten.
    Die üblichen Fotos wurden gemacht, dann gab Wendlandt die Tote zum Abtransport ins Gerichtsmedizinische Institut frei.
    Zwei Beamte vom Spurensicherungsdienst arbeiteten schweigend und umsichtig. Wendlandt stand dabei, seine Augen verfolgten das Treiben um ihn her, aber ich sah ihm an, daß seine Gedanken ganz woanders weilten.
    »Ein Schlafzimmer«, sagte er plötzlich. »Irgendwo in diesem Haus muß es doch auch ein Schlafzimmer geben.«
    Wir stiegen die Treppe hinauf.
    Es gab zwei Schlafzimmer und noch ein Bad im Oberstock, alles mit schrägen Wänden.
    In dem einen standen leere Betten mit nackten Drellmatratzen, im anderen waren die zwei Betten frisch bezogen, so frisch, daß die Bettücher noch nach Wäscherei rochen. In diesen Betten hatte, seit sie bezogen worden waren, noch niemand gelegen.
    Als wir wieder hinuntergingen, kamen uns die Spurenleute entgegen.
    »Schon ein Resultat?« fragte Wendlandt.
    »Verschiedene Abdrücke, Inspektor. Offenbar nirgends etwas abgewischt. An der Haustür und in der Küche sind die von der Toten, aber auch andere.« Der Beamte schaute mich an. Ich hielt ihm lächelnd meine Hände hin.
    »Bitte«, sagte ich mit einem Seitenblick auf Wendlandt.
    Er nahm meine Fingerabdrücke, um sie später aussortieren zu können.
    »So«, sagte Wendlandt plötzlich. »Hier kommen wir vorerst nicht mehr weiter. Oder...«
    Er ging noch mal in die Küche und schaute in den Mülleimer.
    »Suchen Sie was Bestimmtes, Inspektor?«
    »Ja. Asche und Zigarettenstummel. Der Tote hatte im Handschuhfach Zigaretten, der Aschenbecher in seinem Wagen war voll. Warum hat er nicht geraucht, als er hier war? Und wenn die Hilbinger inzwischen saubergemacht hat, warum hat sie den Aschenbecher nicht in den Mülleimer geleert?«
    Er ging hinaus zu den beiden Mülltonnen und zog mit spitzen Fingern ein paar Zigarettenstummel heraus.
    »Na also«, sagte er. »Die gleiche Marke. Die Hilbinger hat gründlich aufgeräumt.«
    »Sie meinen, daß sie wußte, was hier geschehen ist, und daß sie den Mörder decken wollte?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß ja nicht einmal, ob sie sich umbringen wollte, oder ob sie aus Versehen gestorben ist. Wir müssen erst wissen, welches Gift verwendet wurde, und ob beide am gleichen gestorben sind. Und dann wissen wir noch nicht, ob sie den Mann getötet hat, oder ob es ein anderer war.«
    »Auf alle Fälle müssen drei Personen im Spiel sein«, sagte ich. »Selbst wenn die Hilbinger ihn umgebracht hat: mit meinem Sportwagen ist sie ganz bestimmt nicht getürmt. Sie machte mir nicht den Eindruck, als könnte sie Auto fahren.«
    Wendlandt nickte zerstreut, vermutlich hatte er meine Worte gar nicht gehört.
    Ich folgte ihm zu seinem Wagen, und als wir einsteigen wollten, kam einer seiner Beamten aus dem Haus und schwenkte ein Handtuch.
    »Inspektor,
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