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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus
Autoren: Alexander Borell
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Wendlandt befreundet, der damals noch Kriminalobermeister war. Er arbeitete in der Abteilung I, und manchmal leitete er eine Mordkommission.
    In Schwabing setzte ich Cornelia ab, die noch einkaufen wollte und außerdem gnädig versprach, sich um ein Abendessen zu kümmern. Außerdem schätzte es Inspektor Wendlandt nicht, wenn ich zu familiär im Präsidium erschien.
    Er wollte gerade Feierabend machen und empfing mich mit seiner üblichen Begrüßungsformel:
    »Sie haben es gut, Brenthuisen. Braun wie eine Haselnuß, den ganzen Tag ‘rumtreiben, abends ein bißchen Schreibmaschine, und damit einen Haufen Geld verdienen. Wie geht’s Cornelia? Noch keine Wohnung in Aussicht?«
    »Beinahe«, sagte ich. »Heute haben wir uns ein hübsches Landhaus angeschaut, wir hätten es gern gemietet, aber...«
    »Ein Landhaus! Na ja, Sie haben es gut.« Er packte seine Thermosflasche in eine abgeschabte Aktentasche. »Sonst was Neues?«
    »Ja. Wie gesagt, Cornelia und ich haben uns dieses Landhaus anschauen wollen. Es steht seit Jahren leer. Wir sind also hingefahren, haben unseren Wagen davor stehenlassen und...«
    Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Er griff nach seinen Zigaretten, und während er den Hörer abhob, gab ich ihm Feuer.
    Er meldete sich, hörte eine Weile schweigend zu, dann sagte er:
    »Wo ist das?« Er klemmte den Hörer mit der Schulter fest und notierte: »Ja — Hofoldinger Forst, ja — etwa zwei Kilometer nach der Brücke — links ein Waldweg. Ist gut, ich schau mir das mal an.«
    Er hängte ein und schaute auf die Uhr, dann wählte er eine Nummer, und ich hörte ihn sagen:
    »Hallo, Mutti — hast du den Apfelstrudel schon drin? Nicht? Das ist gut, es wird nämlich etwas später. Nein — nicht viel. Keine wichtige Sache — vielleicht eine Stunde. Bis dann.«
    Er legte den Hörer auf und seufzte. Er war vierundvierzig, hatte eine hübsche Tochter von sechzehn Jahren und eine rundliche Frau aus Graz, die Spezialistin für Mehlspeisen war. Er sah schmächtiger aus, als er in Wirklichkeit war, trug eine dicke Brille, und er wirkte absolut nicht wie ein Kriminalinspektor.
    »Sie haben einen gefunden«, sagte er. »Im Forst, auf einem Waldweg. Die Kollegen vom Land meinen, es sei ein Herzschlag. Der Mann sitzt friedlich hinter dem Steuer seines Wagens.«
    »Und dazu müssen Sie ‘raus?«
    »Dazu nicht. Aber die Kollegen sagen, sie glauben nicht, daß der Mann allein war. Sie haben einen Lippenstift im Wagen gefunden und außerdem im weichen Waldboden Fußspuren, angeblich von einer Frau.« Er seufzte wieder. »Ein Glück, daß Emmi den Strudel noch nicht im Ofen hatte.«
    Hofoldinger Forst? dachte ich, das ist doch...
    »Inspektor — wie sieht der Mann aus? Alt oder jung? Groß oder klein? Und was ist das für ein Wagen, in dem er sitzt?«
    Wendlandt zuckte mit den Schultern.
    »Das werde ich ja alles sehen.« Er lächelte. »Für Sie ist das kein Fall. Viel zu uninteressant. Vermutlich das übliche: mit einer Freundin unterwegs, Schäferstündchen — Herzinfarkt. Kommt jetzt öfters vor. Der Kleinen ist das natürlich peinlich, sie haut so rasch wie möglich ab.«
    »Können Sie mit Ihren Kollegen draußen eine Verbindung bekommen?«
    »Natürlich. Aber wozu? Ich fahre ja ‘raus.«
    »Fragen Sie doch mal, ob der Mann mindestens zwei Zentner wiegt, einen hellgrauen Flanellanzug trägt und ein fettes, aufgeschwemmtes Gesicht hat.«
    »Wieso? Wissen Sie was davon?«
    »Vielleicht, Inspektor, aber ich kann mich auch irren.«
    Er hatte schon wieder das Telefon in der Hand, und wenige Augenblicke später bekam er über Funk die Verbindung mit der Landpolizei. Er schaltete den Lautsprecher ein, so daß ich mithören konnte.
    »Hallo?« fragte er. »Wie sieht der Mann aus?«
    Trotz des miserablen Lautsprechers erkannte ich die Stimme des Mannes sofort: es sprach der Landpolizist, mit dem Cornelia und ich heute nachmittag verhandelt hatten. Er sagte:
    »Inspektor, der Mann ist groß und dick.«
    Wendlandt warf mir einen Blick zu und fragte:
    »Trägt er vielleicht einen hellgrauen Flanellanzug?«
    »Jawoll, Inspektor. Woher wissen Sie...«
    Ich gab Wendlandt ein Zeichen. Er sagte:
    »Danke inzwischen, ich bin gleich bei Ihnen draußen.«
    Er hängte ein und schaute mich an.
    »Woher, zum Teufel, wissen Sie das schon wieder? Und warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, daß Sie...«
    »Ich wollte es Ihnen gerade erzählen«, sagte ich. »Ich war nämlich dabei, als dieser Mann starb, aber das war nicht auf
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