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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus
Autoren: Alexander Borell
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»Baden und abwarten.«
    »In die Stadt«, sagte ich. »Das gibt einen Bombenartikel. Vielleicht sind wir es auch dem Toten schuldig, daß wir etwas für ihn tun.«
    Wir knobelten, aber es kam Baden heraus.

    Als wir im Auto saßen, sagte Cornelia plötzlich: »Außerdem braucht der Mann gar nicht tot gewesen zu sein.«
    »Liebling, so tot wie der — also, toter konnte er nicht mehr sein.«
    »Hast du ihn denn angefaßt? Hast du mal kontrolliert, ob er atmet?«
    »Was soll denn der Unsinn? Wenn du später, wenn wir verheiratet sind, genauso kochst, wie du manchmal denkst, dann werden wir Himbeersaft im Salat, Kakao im Kartoffelbrei und Majoran im Kaffee haben. Der Kerl ist doch vom Stuhl gepurzelt und...«
    »Und hat damit genau erreicht, was er wollte: daß wir fluchtartig verschwinden.«
    Ich schaute sie verblüfft an, dann schüttelte ich meinen Kopf.
    »Kindchen, finde dich damit ab, daß Frauen keine Phantasie haben, und wenn, dann eine falsche. Wer ist denn dann mit unserem Auto davongebraust — und warum das Ganze?«
    »Woher soll ich das wissen? Aber immerhin haben wir den Anfang dieser Geschichte. Zwei Leute hatten in dem Haus was vor, nimm mal an, dieser Mann und eine Frau. Vielleicht eine sehr bekannte Frau, eine bekannte, verheiratete Frau, von der es dauernd Bilder in Illustrierten gibt. Sie hatten hier ein Rendezvous, in das wir flegelhaft hineingeplatzt sind. Die Frau rennt in die Küche, der Mann spielt uns was vor, und er erreicht damit, daß wir Hals über Kopf davonrennen.«
    »Und die Frau klaut inzwischen unser Auto?«
    »Natürlich. Es hätte doch sein können, daß wir das Haus durchsucht und sie dabei entdeckt hätten.«
    »Baden«, sagte ich und ließ den Motor an. »Du brauchst dringend kaltes Wasser.«

    Wir fuhren zum Seehamer See an der Autobahn, schwammen ein Stück hinaus, und plötzlich rief Cornelia:
    »Und woher kommen eigentlich die Schleifspuren, Hans?«
    Ich spuckte Wasser und rief zurück:
    »Vom Rendezvous. Der Kerl hatte keine Lust, und da hat ihn seine Geliebte mit Gewalt...«
    Sie spritzte mir eine Ladung Wasser in den Mund.
    »Wie heißt die Besitzerin dieses Hauses? Anna Hiblinger?«
    »Hilbinger«, verbesserte Cornelia. »Wollen wir sie mal besuchen?«
    »Genau das.«

    Sie wohnte in einem kleinen Bauernhaus neben einem großen Misthaufen. Hühner hockten unter der Hausbank und begrüßten uns freundlich gackernd. Ein weißer Spitz begrüßte uns weniger freundlich. Er knurrte uns mit gesträubten Haaren an.
    Wir fanden Frau Anna Hilbinger im Stall, wo sie gerade molk.
    »Grüß Gott, Frau Hilbinger«, sagte ich möglichst heiter. »Wir haben gehört, daß Ihnen das einsame Haus am Waldrand gehört. Wir möchten es gern mieten. Ist das möglich?«
    Ihre Hände zupften gleichmäßig wie eine Maschine die Milch in einen Eimer.
    »Nein«, sagte sie ohne aufzublicken. »Das Haus wird nicht vermietet.«
    »Aber es gehört Ihnen doch? Und es steht leer, oder?«
    »Es gehört mir, und es steht leer. Geht Sie das was an?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Cornelia. »Aber wir finden es so hübsch, und da wir beide freiberuflich arbeiten, könnten wir es so gut brauchen. Es bringt Ihnen doch kein Geld, wenn es leer steht, und wir könnten eine ganz gute Miete...«
    »Nichts«, sagte sie. »Das Haus geht Sie nichts an.«
    »Aber heute nachmittag war jemand drin«, sagte ich.
    Eine Sekunde lang schaute sie von ihrer Arbeit auf. Sie mochte fünfzig sein, oder siebzig, bei Bäuerinnen weiß man das nie so genau. Ihre schwarzen Augen hatten — das bildete ich mir wenigstens ein — einen stechenden Blick. Im ganzen wirkte sie südländisch, ich tippte auf Italien.
    Ich wiederholte meine Feststellung:
    »Heute nachmittag war jemand in diesem Haus.«
    Sie zog den Eimer weg, stand auf und ging wortlos an uns vorbei.
    »Da stimmt was nicht«, sagte Cornelia, als wir wieder in unserem Wagen saßen. »Da ist bestimmt was faul.«
    »Das habe ich schon die ganze Zeit gemerkt, Kindchen. Und jetzt fahren wir doch zum Inspektor und erzählen ihm alles.«

    Vor drei Jahren stieß ich an einer Straßenkreuzung mit einem anderen Wagen zusammen. Der Besitzer des anderen Wagens und ich fanden, daß wir beide schuldig waren, und es stellte sich rasch heraus, daß wir es auch beide eilig hatten. Als wir dann noch feststellten, daß wir beide zum Justizpalast wollten, wo er als Zeuge, ich als Reporter zum gleichen Prozeß mußten, nahmen wir uns gemeinsam ein Taxi. Seitdem bin ich mit Kriminalinspektor
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