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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus
Autoren: Alexander Borell
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angerufen. Buchinger sagte, ich sollte es tun, er stand daneben und hatte mir den Text auf geschrieben. Ich tat alles, was er von mir verlangte.«
    »Liebten Sie ihn?«
    »Ja, ich liebte ihn. Er hat so rührend für Anna und mich gesorgt, zuerst war ich ihm nur unendlich dankbar. Mit der Zeit fing ich an, ihn zu lieben. Und deshalb vertraute ich ihm.«
    »Mein Gott, aber Sie mußten doch wissen, daß er es gewesen ist, der Vera Möhnert erschoß! Mit Ihrer Pistole! Wie kam er denn dazu?«
    »Er hat sie mir abgenommen. Vorher. Er sagte, er habe Angst, ich könne damit etwas falsch machen. Ich dachte, er würde fürchten, daß ich mich selber... ich wußte nicht, daß er Vera erschossen hat.«
    »Aber Sie erfuhren doch, daß sie ermordet wurde?«
    »Natürlich. Ich weiß nicht mehr, was ich dachte...« Sie rieb sich die Schläfen mit den Fingerspitzen. »Ich weiß überhaupt nichts mehr. Ich will auch nichts mehr wissen. Ich werde jede Strafe auf mich nehmen.«
    »Ich bin noch nicht fertig mit Ihnen, Antonia. Als ich Sie neulich hier traf, hatten Sie die Pistole wieder. Sie haben damit auf mich gezielt. Sie wußten, daß Buchinger auf Sie geschossen hat. Warum haben Sie damals immer noch geschwiegen? Warum ließen Sie mich Sie erst in eine Pension bringen? Warum das alles?«
    Sie griff nach meinem Zigarettenpäckchen.
    »Darf ich? Ich wollte Zeit gewinnen. Ich suchte eine Chance für Max und mich. Ich dachte, ich müsse ihn noch einmal sprechen und...«, ihre Stimme war nur noch ein Flüstern, »... und ich wollte, daß er mich entweder tötete oder sich mit mir zusammen der Polizei stellte.«
    »Und deshalb haben Sie ihn angerufen, als ich bei ihm war?«
    »Ja.«
    »Und Sie haben bis dahin nicht gemerkt, daß er Sie vom ersten Augenblick an nur als Werkzeug für seine ehrgeizigen Pläne gebraucht hat? Daß er Sie nicht liebte? Daß er Sie ans Messer liefern wollte, daß Sie allein die Mörderin sein sollten, und daß er in einem Prozeß alles abgestritten hätte?«
    Sie schwieg lange, ehe sie sagte:
    »Vielleicht habe ich es geahnt, ich weiß es nicht. Es ist mir immer schon sehr schwergefallen, von einem Menschen etwas Schlechtes zu denken. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß alles nur Lüge gewesen sein sollte.«
    »Es war Lüge. Buchingers Vertrag wäre abgelaufen, er mußte Möhnert beseitigen, und da sind Sie ihm gerade recht gekommen. Aber schließlich hätte Vera Möhnert gegen ihn aussagen können. Das war ihm zu riskant, infolgedessen mußte sie auch beseitigt werden. Nun hatte er freie Hand, aber es paßte ihm nicht, daß er Sie nun als Mitwisserin am Bein hatte. Vielleicht war ihm auch gerade Ihre Liebe lästig, wer weiß? Was spielte sich in der letzten Nacht zwischen Ihnen und ihm ab?«
    »Wir trafen uns in dem kleinen Café in Geiselgasteig. Ich bat ihn, er möge mit mir ins Ausland reisen. Die Kinder, ich meine Freddy Möhnert und Anna, sollten die COLORAG übernehmen, sollten uns vergessen, sollten von uns nie mehr etwas hören.«
    »Und er?«
    »Er wollte nicht, wenigstens zuerst nicht, aber ich ließ nicht locker. Ich sagte ihm, daß ich hier nicht mehr leben könnte, und wenn er nicht bereit sei, mit mir das Land zu verlassen, würde ich mich der Polizei stellen. Da gab er nach und sagte, er habe noch einiges zu regeln, morgen früh werde ich Bescheid erhalten.«
    Ich nickte und stand auf.
    »Also wußte er, daß es für ihn keinen Ausweg mehr gab. Entweder mußte er mit Ihnen fliehen, oder er wurde als Mörder geschnappt. Und er wußte, daß auf ihn der Wortlaut des Paragraphen 211 recht gut angewendet werden konnte, denn er hatte Vera Möhnert aus reiner Habgier erschossen. Mein Gott, wie muß dieser Mann Sie gehaßt haben!«
    Ihre großen Augen waren voll Entsetzen auf mich gerichtet.
    »Gehaßt? Max hat mich gehaßt?«
    »Über den Tod hinaus. Er dachte, Sie würden ein willfähriges Werkzeug für ihn sein, dessen er sich bedienen konnte, um es dann abzuschieben. Statt dessen haben Sie ihm alle seine Pläne zunichte gemacht. Er hat sich so erschossen, daß man Ihnen auch diesen Mord noch anlasten konnte. Es würde mich nicht wundern, wenn...«
    Ich schrak zusammen. Draußen polterte der Türklopfer. Antonia stand langsam auf, und während sie zur Tür ging, sagte sie:
    »Ich habe vorhin, ehe ich hierher kam, ein Telegramm an Inspektor Wendlandt aufgegeben, daß er mich hier abholen könne.«
    Ich war mit zwei Sätzen neben ihr und hielt sie fest.
    »Antonia, warum sind Sie nicht
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