Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus
Autoren: Alexander Borell
Vom Netzwerk:
einsamen Haus.

12

    Ich war erst wenige hundert Meter gefahren, als mir einfiel, daß es außer dem einsamen Haus noch etwas gab, was keinen Aufschub vertrug: man kann seine zukünftige Frau nicht ständig Schinkenmakkaroni machen lassen und dann nicht rechtzeitig zum Essen heimkommen.
    Also fuhr ich zu Cornelias Geschäft. Ihre Chefin machte durchaus kein erfreutes Gesicht, als sie mich aufkreuzen sah. Spitz sagte sie:
    »Wollen Sie etwa schon wieder Ihre Braut abholen?«
    »Erraten. Freuen Sie sich, daß sie überhaupt noch ab und zu kommt. Wenn wir erst verheiratet sind, wird sie... ah, da ist sie ja!«
    Ich nahm Nelly beiseite.
    »Keine Makkaroni und keinen Schinken. Wendlandt hat Anna wieder festgenommen, aber ich habe ihm Beweise vorgelegt, daß Buchinger der Mörder ist. Wendlandt wird Anna nicht lange festhalten. Fahre hin und hole sie ab. Bring sie in meine Wohnung, und dort wartet ihr beide auf mich. Vielleicht kannst du auch Freddy Möhnert auftreiben, er soll auch kommen. Und heute abend gehen wir ganz groß aus und feiern, ich fahre jetzt los und bringe Frau van Straaten.«
    Cornelia schaute mich ein wenig sonderbar an, dann sagte sie:
    »Läßt sich das nicht vermeiden? Ich... ich sehe ein, daß sie eine verzweifelte Frau ist, aber schließlich möchte ich auf keinen Fall mit einer Frau am gleichen Tisch sitzen, die versucht hat, dich kaltblütig zu vergiften.«
    »Ach was, Nelly«, sagte ich betont heiter. »Das bißchen Gift. Hat ja niemandem geschadet. Sei ein braves Mädel und hole die beiden jungen Leute in meine Wohnung, ja?«
    Sie machte einen Schmollmund.
    »Meinetwegen. Aber ausgehen, mit dieser Frau, nein.«
    Ich zog sie sanft an den Ohrläppchen ganz dicht an mich heran und sagte so leise, daß es die mürrisch dreinblickende Chefin nicht hören konnte:
    »Du bist das entzückendste Kamel in Gottes wunderschönem Tierpark! Ich schwärme nämlich auch nicht für Frauenspersonen, die versucht haben, mich umzubringen. Aber Antonia Paola war’s gar nicht. Servus, bis nachher zur Siegesfeier!«
    Ich schwirrte ab, fuhr in Richtung Hofoldinger Forst und ließ meinen Wagen kurz vor dem einsamen Haus am Straßenrand stehen.
    Es war still um das Haus. Ich ging erst einmal um die Hecke. Die Fensterläden waren geschlossen. Die Dämmerung war so weit fortgeschritten, daß ich Licht durch die Ritzen hätte sehen müssen. Aber ich sah kein Licht.
    Mir wurde kalt im Kreuz, meine Hände fühlten sich feucht an. Sollte ich mich verrechnet haben? Sollte ich zu spät gekommen sein und wieder eine Tote finden? Oder war alles, was ich mir zurechtgedacht hatte, falsch, und Antonia saß wohlbehalten in Paris?
    Fast schien es so, denn die Haustür war verschlossen. Ich setzte den handgeschmiedeten Klopfer in Bewegung, bummerte an die Tür und war genauso erschrocken wie die Frau, die mir öffnete.
    Sie knipste das Licht an, starrte mir ins Gesicht und sagte:
    »Ach, Sie sind es.«
    »Ja, ich«, sagte ich und ging an ihr vorbei ins Haus. »Haben Sie jemand anders erwartet?«
    Sie gab mir keine Antwort. Heute trug sie ein schlichtes hellgraues Straßenkleid und einen leichten Sommermantel, weil es kühl in den Räumen war.
    Ich ging ihr voraus ins Wohnzimmer, schaltete die Stehlampe in der Sitzecke ein und deutete auf einen der bequemen Sessel.
    »Setzen Sie sich, wir müssen uns noch über einiges unterhalten. Buchinger hat sich heute morgen erschossen. Auf der Großhesseloher Brücke. Er hat es so gemacht, daß es wie ein Mord aussah. Er wollte Sie auch damit noch belasten. Aber Wendlandt weiß, daß Sie unschuldig sind. Eine Zigarette?«
    Sie nahm sie und rauchte ein paar Züge, dann fragte sie:
    »Wann haben Sie mit Wendlandt gesprochen?«
    »Vor... etwa vor einer guten Stunde.« Ich zog den Brief aus der Tasche, den Cornelia bekommen hatte, und gab ihn ihr zu lesen.
    Sie überflog ihn, legte ihn auf den Tisch und sagte ruhig:
    »Diesen Brief habe ich nicht geschrieben.« Plötzlich merkte ich, daß sich ihre schönen Augen veränderten. Angst entstellte ihr ebenmäßiges Gesicht. »Was soll das heißen: ich hätte den Kopf verloren und versucht, Sie zu vergiften?«
    »Haben Sie es nicht versucht?«
    »Nein!« Es klang fast wie ein Hilfeschrei. »Nein, was ist da geschehen?«
    »Ich habe diese Sache damals, als ich Sie zum erstenmal hier traf, mit keinem Wort erwähnt. Wir haben über alles gesprochen. Ich habe Sie mitgenommen und in einer Pension untergebracht, und mit keinem Wort wurde dieser Mordversuch in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher