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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus
Autoren: Alexander Borell
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Besorgungen nach Hause kam, fand ich William in seinem Zimmer. Er hatte sich erschossen. Aus seinem Abschiedsbrief ging hervor, daß er es getan hatte, weil er sich für einen Versager hielt, und weil er mir und Anna seine Lebensversicherung hinterlassen wollte.
    In diesen schrecklichen Tagen und Wochen fand ich an Max den einzigen Halt. Möhnert kümmerte sich weder um mich noch um Anna, er war nie zu sprechen, seine Sekretärin behandelte mich wie eine lästige Bittstellerin, und Möhnert verleugnete sich hartnäckig. Buchinger kam öfters am Abend zu uns, er regelte für mich alles, was mit der Versicherung zu regeln war, und — er war ganz anders als William. Mein Mann war nervös, ein feinsinniger Mensch voller Zweifel und Skrupel, vertrauensselig und eigentlich auch weich. Max war ein harter Realist, hatte einen klaren Blick für Gegebenheiten, und er war es, der mir riet, ins Ausland zu gehen, um das Schreckliche zu vergessen. Als ich ihm zustimmte, kurz vor meiner Abreise, sagte er mir, daß Möhnert meinen Mann betrogen habe, daß es Beweise dafür gebe, daß er aber nicht drankommen könne, ohne Verdacht zu erwecken, und er werde dafür sorgen, daß Anna und ich unseren Anteil eines Tages in voller Höhe zurückerhalten würden. Ich glaubte ihm und fuhr mit dem Kind nach Paris, wo ich Bekannte hatte, bei denen ich die erste Zeit unterkommen konnte.
    Von Zeit zu Zeit bekam ich von Max einen Brief. Er versicherte mir immer wieder, daß alles noch gut und mein Mann rehabilitiert werden würde.
    Eines Tages hielt ich es nicht mehr aus. Ich kam nach München zurück und sah den Neubau der COLORAG, ich sah Walther Möhnert, und mein Haß gegen diesen Menschen, der das Leben meines Mannes zerstört hatte, begann immer mehr zu wachsen. Ohne auf Buchinger zu hören, beauftragte ich einen Wirtschaftsprüfer damit, die Affäre von damals wieder aufzurollen und zu untersuchen. Das Resultat: lauwarme Berichte ohne irgendeinen Beweis. Dafür teilte mir Max Buchinger mit, Möhnert habe diesen Prüfer geschmiert. Also ging ich direkt zu Möhnert. Ich bekam ihn in seiner Wohnung zu fassen. Er hatte damals gerade geheiratet, und ich sagte ihm auf den Kopf zu, daß er meinen Mann umgebracht habe.
    >Stimmt<, sagte er wörtlich mit einem unendlich gemeinen Lachen. »Stimmt ganz genau, gnädige Frau. Jeder tut, was er kann. Aber es gibt keinen Beweis dafür, und wenn Sie einen Prozeß gegen mich anfangen, dann werden Sie noch mehr verlieren.< Seine Frau war Zeuge dieser Unterredung. Hoffnungslos fuhr ich wieder nach Paris zurück, aber unterwegs nahm ich mir vor, das zu tun, was mir kein Gericht verschaffen konnte: ich wollte mich an Walther Möhnert rächen.
    Dieser Gedanke beherrschte mich mehr und mehr. Ich dachte schließlich an nichts anderes mehr, und eines Tages schrieb ich Möhnert einen Brief. Ich war darin ganz unterwürfig und bat ihn, Frieden mit mir zu schließen. Ich sei bereit, alles zu vergessen und nie mehr davon zu sprechen, wenn er mir nur eine ganz kleine Rente bewilligen könne.
    Das war ein Gedanke, der ihm einging: eine Frau braucht Geld, und dafür wird sie still sein.
    Als ich zu dem vereinbarten Treffen nach München fuhr, hatte ich Williams Pistole in meiner Handtasche, die Pistole, mit der er sich erschossen hatte.
    Ich traf vorher Max Buchinger und sagte ihm, was ich vorhatte. Ich ließ es mir nicht ausreden, aber er stellte mir vor, daß ich damit nicht nur Möhnerts, sondern auch mein und Annas Leben ruinieren würde. Er kam auf den Gedanken, ich solle Möhnert mit Nikotin vergiften, kein Mensch würde mich für den Mörder halten. Ich fuhr daraufhin noch einmal nach Paris zurück, um mir das Nikotin dort...«
    »Und Anna?« unterbrach ich sie. »Wie kam Anna nach München?«
    Ihr Blick ging an mir vorbei, als habe sie meine Frage gar nicht verstanden, dann aber wurden ihre Augen wieder klar, als sie sagte:
    »Anna war schon längst in München. Max hat sich um sie gekümmert, und als ich einmal bei einem Besuch Walther Möhnerts Sohn kennenlernte — er wußte nicht, wer ich war —, kam mir der verrückte Gedanke, Anna und Freddy könnten heiraten, und dann wäre Anna wieder im Besitz dessen, war ihr rechtmäßig zustand.« Ein schwaches, beinahe hilfloses Lächeln umspielte ihren Mund. »Mütter denken manchmal um die Ecke, wissen Sie. Jedenfalls ließ ich Anna hier und war überzeugt, daß Max Buchinger auf sie aufpassen würde. Als ich hörte, daß er Anna in die COLORAG übernommen hatte,
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