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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus
Autoren: Alexander Borell
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Küche drang wütendes Hundegebell. Der Polizist sagte:
    »Ein Teufelsvieh ist das, dieser weiße Spitz. Genauso bös wie die Alte. Ich mache die Tür nicht auf.«
    Wendlandt zögerte eine Sekunde, dann öffnete er die Küchentür, und wie der Blitz kam der kleine weiße Hund angeschossen. Mit gebleckten Zähnen und bösem Knurren verwehrte er dem Inspektor den Zutritt.
    Ich schob Wendlandt beiseite, hockte mich vor der Tür auf den Boden und redete dem Hund leise zu. Er beruhigte sich allmählich, schnupperte an meiner Hand, und als ich ihm über den Kopf streichelte, wedelte er mit seinem Ringelschwanz.
    »Da schau her!« sagte der Polizist überrascht, und ich fragte:
    »Wie heißt er denn?«
    »Giacomo«, sagte der Polizist. »Die Hilbinger stammte aus Verona, ihr Mann war ein Hiesiger, aber er ist früh gestorben.«
    Ich redete weiter mit Giacomo, streichelte ihn, und plötzlich setzte er sich und gab mir die Pfote.
    Ich nahm ihn auf den Arm und streichelte ihn weiter.
    »So, Inspektor, jetzt können Sie ‘reingehen.«
    Wendlandt machte Licht. Es kam von einer nackten Glühbirne, die von der Decke herunterhing, und gerade soviel Licht spendete, daß man am Küchentisch zur Not noch eine Zeitung lesen konnte.
    Wendlandt untersuchte die Schubladen des Küchenbüfetts, fand schwarze Wachstuchhefte, einen Ordner mit Bankauszügen, einen zweiten mit Auszügen von der Kreissparkasse, und stieß einen leisen Pfiff aus.
    Der Polizist versuchte, in die Ordner zu schielen, aber Wendlandt klappte sie zu und sagte:
    »Man wird nach ihrer Tochter fahnden müssen. Die erbt doch alles. Falls wir kein Testament finden.« Er wandte sich an mich und den Polizisten. »Das Haus wird verschlossen, ich komme morgen früh bei Tageslicht noch mal heraus. In dieser Finsternis kann kein Mensch was entdecken. Diese Papiere nehme ich vorläufig an mich. Wer sorgt für das Vieh? Können das die Nachbarn übernehmen? Würden Sie das veranlassen, Wachtmeister?«
    »Selbstverständlich, Herr Inspektor.« Ein schiefer Blick auf Giacomo, der sich auf meinem Arm recht wohl zu fühlen schien. »Aber mit diesem Biest, ich weiß nicht...«
    »Den nehme ich mit«, sagte ich.
    Wendlandt nickte mir zu.
    »Fahren Sie mit in die Stadt?«
    »Ich möchte noch... ich werde...«
    Wendlandt winkte grinsend ab.
    »Weiß schon. Schnüffeln. Viel Glück, Brenthuisen.«

    Es war inzwischen dunkel geworden. Vom Wirtshaus aus rief ich Cornelia an.
    »Ach, wie nett«, sagte sie. »Ich bin froh, daß du dich überhaupt noch meldest. Wo steckst du denn?«
    »Im Wirtshaus.«
    »Natürlich. Dumme Frage. Und was mache ich mit den Schinkenmakkaroni?«
    »Essen und mir einen Rest aufheben. So viel wie möglich! Und dann mach irgendwas, was ein Hund genießen kann.«
    »Ein Hund? Was für ein Hund?«
    »Der kleine Spitz von der Hilbinger. Sie ist tot. Wir haben auch den Mann gefunden. Im Forst. Er saß friedlich in einem grauen Auto und war immer noch tot. Dann fuhren wir zu dem einsamen Haus, und dort haben wir Anna Hilbinger gefunden. Auch tot. Den Spitz will niemand haben, vermutlich aber das einsame Haus und die Landwirtschaft der Hilbinger. Sie war eine reiche Frau.«
    »Ach du lieber Gott«, sagte Cornelia.
    »Es kann spät werden. Ich möchte mich hier ein bißchen umhören. Geh nach Hause und leg dich schlafen.«
    Cornelia wohnte nur drei Häuser weiter. Sie arbeitete in einer Werbeagentur und war mindestens so geizig wie die alte Hilbinger, weil sie alles für unsere Möbel sparen mußte. Jedenfalls glaubte sie, wir würden nur in Kisten hausen, wenn nicht wenigstens einer von uns beiden sparte.
    »Weiß man schon, wer der Tote ist?« fragte sie.
    »Nein. Man weiß nur, daß er den Wagen aus einem Fabrikhof geklaut hat. Aber man hat einen Lippenstift in seinem Wagen gefunden.«
    »Na und?« fragte Cornelia. »Wenn der Wagen geklaut ist, kann der auch der Frau oder Freundin des Besitzers gehört haben.«
    »Natürlich. Aber das kannst du Wendlandt und mir überlassen. Iß jetzt deine Makkaroni.«
    »Welche Makkaroni?«
    »Die Schinkenmakkaroni, die du...«
    »Blödsinn, Hans, ich habe noch niemals was gekocht, wenn du zu Wendlandt gegangen bist. Servus.«
    Sie hängte ein, und ich kehrte in die Wirtsstube zurück, wo ein Glas Bier an meinem Platz stand.
    Die Unterhaltung über Schinkenmakkaroni hatte mir Appetit gemacht. Ich bestellte eine Wurstplatte und versuchte von der Kellnerin etwas über die Hilbinger zu erfahren. Ich hätte genausogut den kalten Kachelofen
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