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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge
Autoren: Sophie Miller
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Sabine, seien mir wichtiger als sie.«
    Ich musste daran denken, wie Ray tagelang mit mir durch Frankreich gefahren war, wie er von dem schlechten Gewissen sprach, das ihn ihretwegen quälte. »Und jetzt?«, fragte ich Ray leise.
    »Jetzt stehen hier die letzten Sachen von ihr, die sie irgendwann abholen wird. Über Weihnachten ist sie in …« Papier raschelte. »In Zell am See, zum Skilaufen.«
    »Allein?« Die Frage rutschte mir heraus.
    »Mit einer Gruppe von Freunden. Ihr Ex ist auch dabei. Ein toller Skiläufer, soweit ich weiß.«
    »Ray, das tut mir so leid. Glauben Sie nicht, dass Sabines Wunsch nach vollkommener Freiheit nur eine vorübergehende Phase ist? Sie hat das Schlimmste durchgemacht, das man erleben kann …«
    »Kann sein, schon möglich, wer weiß?« Er lachte kurz. »Jedenfalls sitze ich hier an Heiligabend mutterseelenallein in meinem nicht besonders gemütlichen Apartment und freue mich, dass mich eine – tja, was sind Sie? –, dass mich mein alter Fall anruft.«
    Er meinte es nicht ernst, trotzdem fragte ich: »Bin ich wirklich nur ein alter Fall für Sie?«
    »Nein, das wissen Sie. Spätestens seit Südfrankreich. Wie ist Weihnachten bei Ihnen?«, wechselte er das Thema.
    »Ich bin bei Dora und Ernie. Es ist stimmungsvoll.«
    »Ich wäre gern bei euch. Ich mag Dora, die alte Fregatte.« Er kicherte.
    »Sie haben ganz schön was getrunken, stimmt’s?«
    »Natürlich! Was soll ich wohl sonst allein hier machen?«
    »Ich würde Ihnen gern ein Stück Blueberry Pie vorbeibringen.«
    »Tun Sie’s doch!«
    Wir redeten noch ein bisschen, wir lachten ein bisschen. Wir legten auf. Wie veränderlich war doch das Leben, wie seltsam die Liebe! Ich schaute aus dem Fenster. Selbst an Heiligabend standen Trucks auf dem Parkplatz. Einige hatten hinter der Windschutzscheibe die Weihnachtsbeleuchtung angemacht. Die Fahrer rauchten im Freien.

39
    Drei Wochen später packte ich meinen klei nen Koffer, äußeres Zeichen dafür, dass ich nur einen Kurztrip plante. Einmal Frankfurt und zurück, lautete meine Devise. Ich sah mich aus dieser Stadt, die vor allem Bedrückendes für mich hatte, schon wieder abreisen.
    Der Flug verlief angenehm. Wie beim letzten Mal nahm ich vom Flughafen die Bahn und stieg am Frankfurter Hauptbahnhof aus. Die Adventsbeleuchtung war noch nicht abmontiert worden, alles wirkte schmutzig und grau. Die Zeit der frohen Feste war vorbei. Missmutig zog ich mein Köfferchen hinter mir her. Jemand von der Staatsanwaltschaft hatte mir ein Zimmer reserviert, sogar angeboten, mich abzuholen. Ich wollte das nicht. Je weniger ich mit diesen Leuten zu tun hatte, desto besser. Ich wollte ins Hotel, die Tür hinter mir schließen und nichts von Frankfurt sehen.
    »Taxi gefällig?«
    Ich hatte beschlossen, mein Hotel zu Fuß zu erreichen, und war am Taxistand bereits vorbeigelaufen. Verwundert drehte ich mich um. »Nein, danke, ich …«
    In dem dunkelblauen Mantel, ohne Schal und Kopfbedeckung, aber mit Krawatte, sah David wie das Klischee eines Business-Menschen aus. Hinter ihm wuchs die Frankfurter Skyline empor.
    »David! Woher wusstest du, wann ich komme?«
    »Bin ich wieder zu übergriffig?«, fragte er smart. »Solche Kleinigkeiten sind leicht rauszukriegen.« Er kam ein paar Schritte näher. »Hier sind wir uns schon einmal begegnet, weißt du noch?«
    »Als ob ich das vergessen könnte.«
    Während der Zeit meiner schlaflosen Nächte hatte ich öfter an David denken müssen. Ich erinnerte mich unserer Begegnungen nicht mit Abscheu; es lag eher Bedauern darin. Alles Angenehme, das ich mit ihm erlebt hatte, unsere Bergtour, das Frühstück in Frankfurt, sogar unser verrücktes Beisammensein im Schlosshotel, war überschattet von der raffinierten Taktik, mit der er gehandelt hatte. Er war charmant, leichtfüßig und absolut nicht vertrauenswürdig. Dass ich ihn immer noch mochte, änderte nichts an meiner Einschätzung seines Charakters.
    »Kann ich dich irgendwo hinbringen?«, fragte er.
    »Nein, danke.« Ich fand es nicht unangenehm, willkommen geheißen zu werden, zugleich fühlte ich mich überrumpelt.
    »Darf ich dich wenigstens ein paar Schritte begleiten?« Er stellte den Mantelkragen hoch. Bevor ich ein weiteres Mal ablehnen konnte, nahm er den Griff meines Rollkoffers. »Gott, wie ich den Winter hasse! Ich möchte diese Monate am liebsten verschlafen.«
    »Warum fährst du nicht in die Wärme?« Mein Koffer holperte auf dem Pflaster, als wir losgingen.
    »Das kann ich mir nicht
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