Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge
Autoren: Sophie Miller
Vom Netzwerk:
zwingen.«
    »Das glaube ich nicht.« Ray kam mit langsamen Schritten auf uns zu.
    Ob Pascal schießen würde oder nicht, gab nicht den Ausschlag. Ich sah in diesem Moment nur bestätigt, was ich viel leicht die ganze Zeit über gewusst hatte: Pascals Handeln war von Zerstörung geprägt. Er würde im Chaos untergehen; ob jetzt oder später, spielte keine Rolle. Er bedrohte Ray, der nur seinen Job tat und loyal zu mir gewesen war. Dass er mich als Lockvogel benutzt hatte, um den Betrüger Zuermatt zu stellen, nahm ich ihm nicht übel. Ray war ein guter Mensch – der Gedanke stand klar vor mir. Sollte er nicht von Pascal ablassen, würde der auf ihn schießen. Pascal war der Irrsinn in Person. Dass er mich liebte, änderte nichts daran.
    Ich stieß ihm meinen Ellbogen in den Bauch und drehte mich um. Aus Verblüffung taumelte er und sah mich an. Es war undenkbar für ihn, dass ich mich gegen ihn stellte. Ich langte nach der Waffe. Ein wirkungsvoller Griff gelang mir nicht. Unser Kampf wurde ein ungeschicktes Gezerre, ein Klammern, mein verzweifelter Versuch, seine Macht zu brechen. Wir keuchten, starrten uns an, es mutete wie ein Tanz an, bei dem die Partner die Schritte nicht beherrschten. Ich stolperte und fiel rücklings hin. Da spürte ich einen Schatten über mir. Stein war da.
    Als ich mich aufrichtete, war der Kampf bereits entschieden. Die Waffe befand sich in Rays Händen. Die Lautlosigkeit, mit der alles abgelaufen war, verlieh dem Moment etwas Gespenstisches. Ebenso lautlos gab Pascal auf. Der Ermittler hatte ihn bei den Armen gepackt und erwartete das Herankommen seiner Kollegen. Langsam stand ich auf. Sekunden verstrichen, niemand sagte etwas. Ich musste an eine Party denken, bei der keiner der Anwesenden wusste, wie er ein Gespräch eröffnen sollte. Schließlich ergriff Pascal das Wort.
    »Wo bringen Sie mich hin?«
    »Zunächst nach Frankreich«, antwortete Ray. »Wollen Sie sich von Ihrer Frau verabschieden?«
    Die Polizisten blieben hinter ihm, während Pascal auf mich zutrat. Seine Enttäuschung, seine Verachtung standen ihm ins Gesicht geschrieben, dennoch zwang er sich zu einem Lächeln. »Unser Glück war kürzer als gedacht.« Er drehte sich um und ging mit den beiden Männern fort.
    Ray trat auf mich zu. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Nein.« Ich wollte ihn nicht kühl behandeln und tat es doch. Im Augenblick war er derjenige, der meinen Mann zur Strecke gebracht hatte.
    »Soll ich Sie irgendwo hinfahren?«
    »Nicht nötig, ich bin mit dem Auto hier.«
    »Und Ihre Tante?«
    »Die spielt Roulette.«
    Rays Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Es kommt Ihnen jetzt bestimmt alles unwirklich vor. Aber nach einiger Zeit …«
    »Oh, es ist sehr wirklich, Ray«, antwortete ich ernst. »Alles ist wirklich. Und ich bin froh darüber.«
    »Ich bin nur ein Ermittler, Tony, kein Richter«, sagte er, als hätte er sich zu entschuldigen.
    Ich wandte mich zur Unterführung.
    »Grüßen Sie Ihre Verwandten von mir.«
    »Danke.« Wir gaben uns nicht die Hand. Ich ging los.
    »Im Zuge der Ermittlungen werden wir Sie noch brauchen«, rief er mir nach.
    »Sie wissen, wie Sie mich erreichen.« Ich sah mich kurz um. »Das wussten Sie immer.«
    Ich nahm die Treppe, die zu dem unterirdischen Gang führte, und ging unter dem Boulevard hindurch. Auf dem Weg zum Casino wurde ich langsamer, in der Auffahrt blieb ich stehen. Das Perpetuum mobile, in dem ich mich seit Monaten befand, war zum Stillstand gekommen. Das Beklemmendste daran war die Leere.
    Beim Eintritt in die Spielbank musste ich meinen Ausweis zeigen, auch mein Ticket wurde kontrolliert. Ich ging die Freitreppe hoch. Selten im Leben hatte ich so undeutlich vor mir gesehen, was als Nächstes passieren würde.
    »Siiiebzehn!«, ertönte ein lang gezogener Schrei von oben.
    Ich hatte nicht den geringsten Zweifel, wer sich dort so maßlos freute. Beim Betreten des Saales sah ich die große Frau im Hosenanzug aufspringen. Hinter ihr trat Ernie einen Schritt zurück.
    »Siebzehn!«, tirilierte Dora. »Die Siebzehn hat gewonnen!«
    Der Miene des Croupiers war anzumerken, dass diese Art aufgeregter Touristen nichts Neues für ihn war. An einem langen Queue wurde Dora ein beachtlicher Stapel Jetons zugeschoben.
    »Am besten, wir tauschen es gleich ein«, sagte Ernie. »Sonst verspielst du es nur wieder.«
    Schützend hielt Dora die Hände über ihren Schatz. Dann entdeckte sie mich, ihre Miene zerfloss zu einem Strahlen.
    »Siebzehn!«, rief sie. »Einmal im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher