Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
Autoren: Yasmine Galenorn
Vom Netzwerk:
wir meine Mutter nicht gefunden haben, kann ich nicht einmal darüber nachdenken. Also hör auf, du Nervensäge.«
    Ich starrte die beiden einen Moment lang an, und erst jetzt fiel mir der schmale dünne Silberring am vierten Finger ihrer rechten Hand auf. Er besaß einen Diamanten, winzig zwar, aber dennoch vorhanden.
    »Ihr zwei werdet heiraten?«
    Sie lächelte leicht. »Wir werden uns verloben. Aber – ja, Leo ist derjenige, welcher. Wir sind nun schon seit drei Jahren zusammen. Cicely, können wir jetzt endlich nach Heather suchen? Es wird immer kälter da draußen, und wenn sie einfach nur nicht nach Hause kommen kann …«
    »Ja. Dann könnte sie erfrieren. Nehmen wir eine Decke mit, falls wir sie finden sollten.« Eine Decke bedeutete Ballast, aber besser, wir schleppten sie mit, als dass sie uns nachher fehlte.
    Ich trat hinaus auf die hintere Veranda. Ein Pfad führte hinunter aufs Grundstück, wo sich auch Kräuter- und Küchengarten befanden. Falls man sich zurückziehen wollte, herrschte hier kein Mangel an ruhigen Ecken, das stand fest.
    Ich wollte gerade nach Heather rufen, als mir klarwurde, wie dumm es war, auf eine Antwort zu hoffen. Also setzte ich mich am Rand des Geländes in Richtung Wald in Bewegung und zog eine Spur durch den frisch gefallenen Schnee. Leo und Rhiannon bedeutete ich, den anderen Weg einzuschlagen.
    Vielleicht war meine Tante gestürzt und hatte sich verletzt. Vielleicht hatte sie sich den Kopf aufgeschlagen und war bewusstlos. Vielleicht  …
    Ein Blitz – im pazifischen Nordwesten gab es ab und an Wintergewitter – beleuchtete direkt über dem Wald den Himmel. Ich starrte noch in das flackernde Licht, als der Donner wie ein Vorschlaghammer durch die Luft krachte.
    Wenn Heather hier ist, dann puste mich bitte in ihre Richtung, dachte ich.
    Eine Bö erhob sich, ließ mich vor Kälte erzittern und schob mich in nordöstliche Richtung, direkt auf den Wald zu. Shit. Vier Mitglieder der Gesellschaft sind tot. Vier weitere werden vermisst.
    Ich ging auf den Wald zu, erst zögernd, doch dann packte mich die Panik, und ich begann zu rennen. Als ich mich der Baumlinie näherte, hörte ich Rufe hinter mir und blickte über die Schulter. Rhiannon und Leo liefen mir nach. Ich kam rutschend zum Stehen und wartete auf sie.
    »Glaubst du, dass sie da drin ist?«, rief Rhiannon mir zu.
    »Der Wind hat mich hierhergeführt.« Erneut sah ich über die Schulter, diesmal zu dem dunklen Pfad, der mich zu locken schien. Und in diesem Moment kam eine Gestalt herausgeschossen und auf mich zugerannt, düster und dürr auf zwei Beinen, mit ungelenken langen Armen und einem aufgeblähten Bauch.
    »Was ist das denn?«
    Das Ding ging mir direkt an die Kehle, und ich taumelte zurück und versuchte es zu packen, während es mir unnatürlich starke Arme um den Hals schlang. Ich schmetterte ihm meine Handfläche gegen die Nase, doch es verstärkte nur den Griff, und alles um mich herum wurde schummrig. Wie aus dem Nichts kam eine Eule aus den Baumwipfeln und attackierte meinen Angreifer mit scharfen Krallen. Während der Vogel sich emporschwang, um erneut zum Angriff anzusetzen, rannte Leo herbei und prügelte auf das Wesen ein, das von mir abließ, so dass Rhiannon mich wegziehen konnte.
    Ich kam hastig auf die Füße und rieb mir den Hals. Das Wesen stieß ein Kreischen aus und wich zurück, zischte uns an und schoss blitzschnell herum, um im Unterholz zu verschwinden.
    »Verdammter Dreck! Was war denn das?« Fassungslos starrte ich dem Wesen hinterher. Ein Schatten, dachte ich. Es war wie ein dürrer hässlicher Schatten gewesen. Und die Eule – woher war sie gekommen? Eulen waren Nachttiere, doch diese hier war hellwach gewesen. Die Tattoos an meinen Oberarmen regten sich. Verdutzt blickte ich auf meinen Ärmel, doch schon war die Empfindung wieder vorbei.
    Ulean, was geht hier vor?
    Ich weiß es nicht. Aber dieses Ding wollte dein Blut. Gib acht, Cicely. Dieser Wald ist nicht mehr, was er einst war.
    »Ich weiß nicht«, sagte Leo. »So was habe ich noch nie gesehen.«
    »Ein Feenwesen?«, fragte Rhiannon.
    »Keine Ahnung«, murmelte ich. »Jedenfalls war das Ding furchtbar stark. Es scheint nicht erwartet zu haben, dass ihr mir helft. Und die Eule hat es aus dem Konzept gebracht.«
    Rhiannon wandte sich dem Wald zu und blickte stumm auf die Bäume. Nach einem Augenblick stieß sie einen tiefen Seufzer aus. »Glaubst du wirklich, dass meine Mutter hier in den Wald gegangen ist?«
    Leo schluckte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher