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Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
Autoren: Yasmine Galenorn
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entdeckte, lockte sie mich mit dem Finger und sagte: ›Komm zu uns.‹ Und das Schreckliche daran war … ich wollte es! Ich wollte zu ihr.«
    Ich starrte sie einen Moment lang stumm an. »Das gefällt mir aber gar nicht.«
    »Was ist denn das?«, fragte Rhiannon plötzlich und deutete auf meine Hand.
    Ich blickte herab. Tante Heathers Kette. Die hatte ich ganz vergessen. Schweigend reichte ich sie ihr.
    »Das ist die Kette meiner Mutter«, flüsterte sie. »Wo hast du sie gefunden?«
    »Im Farn.« Ich schüttelte warnend den Kopf. »Ich habe Blut gesehen. Nicht viel, aber …«
    »Sie haben sie geholt.« Leo fuhr zurück. »Genau wie Elise. Wer immer dahintersteckt, versucht systematisch, die Mitglieder der Gesellschaft zu beseitigen. Was bedeutet, dass alle Magiegeborenen in Gefahr sein könnten. Aber warum?«
    »Sie holen nicht nur Magiegeborene. Hier verschwinden Leute aus allen Klassen und Schichten.« Rhiannon runzelte die Stirn. »Heather hat die Fälle aufgelistet. Seltsam ist nur, dass die Polizei überhaupt nichts unternimmt. Bisher zögern und zaudern sie, als ob sie versuchen, Zeit zu schinden. Man könnte fast meinen, dass sie ebenfalls etwas damit zu tun haben … wenn das nicht so abwegig erscheinen würde. Aber vielleicht manipuliert sie jemand.«
    »Was im besten Fall bedeutet, dass sie uns bloß ignorieren, im schlimmsten, dass sie uns zu behindern versuchen. Was denkt ihr zwei? Sollen wir in den Wald gehen? Nach Heather suchen?« Ich starrte wieder in die Bäume. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass wir keine Spur von ihr finden würden. Was – oder wer  – immer sie entführt hatte, hatte uns mit Sicherheit keine Fährte aus Brotkrumen gelegt. Aber vielleicht würden wir noch einer der Kreaturen begegnen, die mich eben angegriffen hatte.
    Rhiannon blickte hinauf in die Baumwipfel. Eine einzelne Träne rann ihre Wange herab. »Es gibt nichts, was wir im Augenblick für sie tun können. Wenn wir Ärger suchen, werden wir ihn sicherlich finden, aber wir würden unvorbereitet hineingehen. Ich denke, wir sollten uns besser genau überlegen, was wir tun, bevor wir eine Rettungsmission starten. Vielleicht können wir herausfinden, was meine Vision bedeutet. Lasst uns mit LeAnn sprechen. Und du musst mit dem Anwalt reden. Vielleicht gibt es unter den Dingen, die Marta dir vererbt hat, etwas, das uns weiterbringt.«
    Leo nickte, legte ihr einen Arm um die Schultern und küsste sie zärtlich auf die Wange, während sie beide sich wieder dem Haus zuwandten. Ich zögerte noch.
    »Geht schon, ich komme gleich nach. Ich muss zuerst noch die Botschaft an Grieve aussenden.« Beide bedachten mich mit einem besorgten Blick, doch ich nickte zuversichtlich. »Ich passe auf, versprochen.«
    Leo zuckte mit den Achseln und führte Rhiannon zurück zum Haus. Ich wandte mich wieder dem Wald zu und betrat den Pfad, und sobald ich die Grenze überschritten hatte, spürte ich, wie sich die Stille über mich senkte.
    Ich schloss die Augen und betete, dass dieses höllische Feenwesen, das mich angefallen hatte, längst weit fort war. Nach einem kurzen Augenblick fing ich den Duft einer flüchtigen Bö auf und konzentrierte mich auf ihren Windschatten, tauchte vorsichtig in ihn hinein. Zunächst schien alles ganz normal. Doch plötzlich riss mich etwas in den Luftstrom, und ich schoss mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch den Wald, wie ein Otter, der von der tosenden Strömung eines reißenden Bachs mitgezerrt wird.
    Bäume, Dickicht, Waldboden – alles verschwamm ineinander, als ich durch den Wald raste und wie ein Blatt im Wind hierhin und dorthin geschleudert wurde. Vergeblich versuchte ich, mich aus der Strömung zu befreien; irgendetwas hielt mich darin fest, rang mit mir, klammerte sich an mich, und dann erhaschte ich einen Blick auf ein Gesicht hinter einem diesigen Schleier. Ein Schneeelementar mit einem Gesicht aus Eis, mandelförmigen Augen und einem halbirren Lachen auf den Lippen.
    Bitte lass mich. Bitte  …
    Die geflügelte Gestalt packte fester zu und drückte mich so sehr, dass meine Rippen zu brechen drohten. Dann ließ sie mich lachend so abrupt, wie sie mich geschnappt hatte, los, und ich stürzte, fiel abwärts, schlug verzweifelt mit Armen und Beinen um mich, denn wir waren hoch oben in den Bäumen gewesen, und ich würde mir den Hals brechen, wenn ich am Boden aufschlug. Doch noch während ich weiter abwärts segelte, verlangsamte sich mein Fall, und schließlich segelte ich sacht wie
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