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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies
Autoren: Patrick Ness
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wird eine schwierige Zeit werden«, fährt er fort. »Das gebe ich unumwunden zu. Aber es wird sich lohnen.« Er zeigt auf die Soldaten. »Meine Männer werden noch heute damit anfangen, euch Aufgaben zuzuweisen. Ihr werdet ihren Befehlen gehorchen, aber ich kann euch versichern, euer Joch wird euch nicht allzu sehr drücken. Bald werdet ihr begreifen, dass ich nicht als Eroberer gekommen bin. Ich bin nicht euer Untergang. Ich bin nicht …«, hier macht er wieder eine Pause, »euer Feind.«
    Er lässt seinen Blick ein letztes Mal langsam über die Menge schweifen.
    »Ich bin euer Retter.«
    Und obwohl ich ihren Lärm nicht hören kann, sehe ich den Männern an, dass sie sich fragen, ob er möglicherweise die Wahrheit sagt, ob die Dinge sich vielleicht doch zum Guten wenden können, ob sie, entgegen allen Befürchtungen, vielleicht noch einmal glimpflich davongekommen sind.
    Das seid ihr nicht, denke ich. Noch lange nicht.
    Noch bevor sich die Menge auf dem Platz ganz aufgelöst hat, macht es Tschack! an der Tür.
    »Guten Abend, Todd«, sagt Bürgermeister Prentiss und betritt das Glockengefängnis. Er schaut sich um, rümpft leicht die Nase wegen des Gestanks. »Hat dir meine Rede gefallen?«
    »Woher wisst Ihr, dass neue Siedler kommen werden? Habt Ihr mit ihr gesprochen? Geht es ihr gut?«
    Er gibt mir keine Antwort, aber er schlägt mich auch nicht. Er lächelt nur und sagt: »Alles zu seiner Zeit, Todd.«
    Draußen hören wir Lärm die Treppe heraufkommen. Ich lebe, ich bin noch am Leben , sagt er, ich lebe, ich lebe, ich lebe , und dann kommt Bürgermeister Ledger herein, Mr Collins stößt ihn vor sich her.
    Er bleibt stehen, als er Bürgermeister Prentiss sieht.
    »Morgen gibt es neues Bettzeug«, sagt Bürgermeister Prentiss, der mich immer noch eindringlich mustert. »Ebenso eine Toilette.«
    Bürgermeister Ledgers Kiefer mahlen, aber er braucht einige Anläufe, ehe er ein Wort hervorbringt. »Herr Präsident …«
    Bürgermeister Prentiss beachtet ihn nicht. »Morgen wird man dir auch die erste Arbeit zuteilen, Todd.«
    »Arbeit?«, frage ich erstaunt.
    »Jeder muss hier arbeiten, Todd«, belehrt er mich. »Arbeit macht dich frei. Ich werde arbeiten. Auch Mr Ledger wird arbeiten.«
    »Werde ich das?«, fragt Bürgermeister Ledger.
    »Aber wir sind doch im Gefängnis«, sage ich.
    Prentiss lächelt wieder, es ist ein vergnügtes Lächeln, und ich frage mich, auf welche Art er mich diesmal piesacken wird.
    »Schlaf dich aus«, sagt er, geht zur Tür und sieht mir dabei fest in die Augen. »Mein Sohn wird dich gleich morgen Früh abholen.«

3
    Ein neues Leben
    [TODD]
    Aber als ich am nächsten Morgen hinaus in die Kälte gezerrt werde, ist es gar nicht Davy, der mir zu schaffen macht. Ich schaue ihn nicht einmal an.
    Es ist das Pferd. Menschenfohlen , sagt es und tritt von einem Bein aufs andere und glotzt so idiotisch auf mich herunter, wie nur ein Pferd glotzen kann, so als brauchte ich jetzt einen anständigen Tritt.
    »Mit Pferden kenne ich mich nicht aus«, sage ich.
    »Sie ist aus meiner eigenen Zucht«, erklärt Bürgermeister Prentiss von seinem Pferd Morpeth herab. »Sie heißt Angharrad und du wirst gut mir ihr auskommen, Todd.«
    Morpeth beäugt mein Pferd und denkt nur immer: Unterwirf dich, unterwirf dich, unterwirf dich , und damit macht er mein Pferd noch nervöser, als es ohnehin schon ist, das reine Nervenbündel. Und ich soll so was reiten.
    »Is was?«, sagt Davy Prentiss höhnisch grinsend vom Rücken seines Pferds herab. »Hast wohl Angst?«
    »Is was?«, frage ich zurück. »Hat dir Papi deine Pillen noch nicht gegeben?«
    Sein Lärm schwillt an. »Du kleines Stück …«
    »Aber, aber«, fährt der Bürgermeister dazwischen. »Noch keine zehn Worte gewechselt und der Streit ist schon in vollem Gange.«
    »Er hat damit angefangen«, verteidigt sich Davy.
    »Und ich wette, er hätte dem Streit auch ein Ende gemacht«, sagt der Bürgermeister mit einem Blick auf mich und liest in meinem zittrigen Lärm, der voll von dunkelroten Fragen über Viola ist und noch mehr Fragen, mit denen ich Davy Prentiss aus der Deckung locken will. »Komm, Todd«, sagt er und reitet an. »Bist du bereit, Männer zu führen?«
    »Wir werden sie einfach aufteilen«, sagt er, als wir in den frühen Morgen hineintraben, viel schneller, als mir lieb ist. »Die Männer werden von der Vorderseite der Kathedrale aus an das westliche Ende des Tals gebracht, die Frauen an der Rückseite nach Osten.«
    Wir reiten
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