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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen
Autoren: Silvia Kaffke
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betrat. «Frau Borghoff?», fragte er.
    «Ja, die bin ich.»
    «Ferdinand Weigel. Ich werde bei Herrn von Sannberg die Stelle eines Sekretärs antreten. Und da das Stadthaus des Barons hier in Ruhrort sehr klein ist, schlug er vor, bei Ihnen ein Zimmer zu mieten.»
    Lina deutete auf den Stuhl, auf dem er bereits während der Wartezeit Platz genommen hatte, und setzte sich selbst hinter den kleinen schnörkellosen Schreibtisch. Weigel war ein hübscher Kerl, trug die blonden Haare vielleicht ein wenig zu lang und war nach der neuesten Herrenmode gekleidet. Womöglich sein einziger Anzug, dachte sie, denn er trug noch leichte Spuren von Reiseschmutz. An der Wand lehnte eine mittelgroße Reisetasche.
    «Wo kommen Sie her?», fragte sie.
    «Ursprünglich aus einem kleinen Ort in Thüringen. Später bin ich nach Berlin gegangen. Aber den Baron habe ich in Italien kennengelernt. Ich war dort mit meinem Dienstherrn auf Reisen. Ich wollte jedoch gern wieder nach Deutschland zurück, und deshalb habe ich dem Baron geschrieben.» Er drückte sich gewählt aus.
    «Und er hat Sie bereits eingestellt?»
    Weigel nickte. «Er will wieder vermehrt selbst seinen Geschäften nachgehen und braucht dabei Hilfe. Einen Teil meiner Zeit werde ich auf dem Gut in Moers verbringen, den größeren jedoch hier in Ruhrort. Über die Miete sind Sie sich ja schon einig geworden, wie er mir sagte.»
    «Ja, das sind wir», lächelte Lina. Cornelius von Sannberg wusste, dass ihr das Geld sehr helfen würde, bis die Krise endgültig überstanden war. «Luxus können Sie in diesem Haus allerdings nicht erwarten. Das Zimmer ist einfach eingerichtet.»
    «Solange ich es warm und behaglich habe, stört mich das nicht.»
    «Dann kommen Sie mal mit.» Lina stand auf und führte ihndirekt zurück in den Flur des Hauses. Die Dienstboten wohnten alle in Clara Dahlmanns ehemaligem Haus, die Zimmer, die sie vermieten wollte, lagen bei ihr daheim unterm Dach. Sie hatte sie schon vor einigen Jahren als Gästezimmer hergerichtet, aber da ihre Verwandten ja alle in Ruhrort wohnten, wurden sie nur sehr selten gebraucht.
    Geduldig hielt Weigel Abstand, bis Lina vor ihm die Treppe ins Dachgeschoss erklommen hatte. Es gab drei kleine Zimmer dort oben, in das größte, das sich über die ganze Hausfront zog, hatte der Vorbesitzer bereits eine Gaube mit zwei kleinen Fenstern einbauen lassen, sodass man von dort oben auf die Harmoniestraße hinuntersehen konnte.
    Der Raum war lang und schmal mit einer tiefen Dachschräge an der einen Seite. Lina hatte ihn mit den Möbeln aus ihrem alten Zimmer im Hause Kaufmeister eingerichtet und auch etwas von der Einrichtung des Vorbesitzers übernommen. Das Bett stand unter der Schräge in der hinteren Ecke und wurde gemeinsam mit dem Waschtisch und dem unvermeidbaren Tönnchen für die Notdurft durch einen Vorhang vom übrigen Zimmer abgetrennt.
    Ein gemütlicher Ohrensessel mit einer gepolsterten Fußbank stand direkt am Fenster, es gab auch einen Tisch mit zwei Stühlen, einen kleinen Ofen und einen großen Schrank.
    «Sehr gemütlich», sagte Weigel. «Und vollkommen ausreichend für mich.»
    «Es gefällt Ihnen also?»
    Weigel trat an das Fenster und sah hinunter auf das Treiben in der Straße. «Ja, sehr.»
    «Möchten Sie hier essen, oder werden Sie beim Baron etwas bekommen?»
    Weigel überlegte kurz. «Wäre es möglich, das Essen gesondert abzurechnen? Ich werde mich ja auch öfter auf dem Gut aufhalten.»
    «Sicher. Wir werden es aufschreiben. Möchte der Baron die Miete monatlich oder jährlich zahlen?»
    «Oh, er sagte, er würde ein halbes Jahr im Voraus bezahlen.» Er griff in seine Hosentasche und zog einen kleinen Beutel heraus. «Das sind 24   Thaler.»
    Lina nahm den Beutel und schüttete den Inhalt, zwölf Doppelthaler, in ihre Hand. «Vielen Dank», sagte sie und ließ das Geld in ihrer Schürzentasche verschwinden. «Dann hätten wir die Formalitäten ja erledigt.» Sie hielt Weigel die Hand hin. «Herzlich willkommen im Hause Borghoff, Herr Weigel.»
    Er schüttelte sie. «Danke.»
    «Wann bringen Sie Ihre Sachen her?», fragte Lina.
    Weigel errötete. «Die Tasche unten in Ihrem Büro ist alles. Ich habe außerdem einen Koffer, aber der ist noch unterwegs aus Italien.»
    «Dann können Sie ja gleich einziehen, Herr Weigel.»
     
    Commissar Robert Borghoff betrat seine Dienststelle im Rathaus an der Dammstraße und bemerkte gleich die junge Frau, die vor Ebels kleinem Schreibtisch saß. Und wie üblich machte
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