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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen
Autoren: Silvia Kaffke
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Ebel sich wichtig, die Frau in den bunten Röcken saß eingeschüchtert auf dem kleinen unbequemen Hocker. Doch bevor er etwas sagen konnte, steckte der Bürgermeister seinen Kopf zur Tür herein. «Haben Sie einen Moment Zeit, Herr Commissar?»
    Robert nickte und folgte ihm in die oberen Diensträume.
    «Du bist spät, Robert», sagte Weinhagen.
    Robert war sicher, dass er längst erfahren hatte, wo sein Polizeichef heute Morgen gewesen war. «Lina wollte unbedingt zu Kätts Beerdigung. Und du weißt, wie das ist, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat.»
    «Du hättest es ihr verbieten können, Robert.» Weinhagen grinste ein wenig.
    «Ihr lag etwas daran, warum hätte ich mich mit ihr über so etwas Unwichtiges streiten sollen?» Robert sah Weinhagen direkt ins Gesicht. «Wolltest du mit mir nur darüber reden, warum ich zu spät bin heute Morgen, William?»
    Weinhagen lachte laut heraus. «Lass dich doch nicht so necken, Robert. Wenn Lina meine Frau wäre, würde ich es mir auch zweimal überlegen, ob ich einen Streit riskiere. Nein, ich möchte etwas anderes.» Er strahlte geradezu. «Es geht wieder aufwärts, Robert!» William Weinhagen war ein unerschütterlicher Optimist. Der besonnene Commissar sah ihn leicht zweifelnd an.
    «Nicht nur dass wir begonnen haben, die neuen Hafenbecken südlich des Hafens auszuheben. Ich habe gestern Abend mit Direktor Hüffer gesprochen. Der Phoenix wird in den nächsten Monaten bis zu hundert neue Arbeiter einstellen. Und er hat versprochen, dass er bevorzugt jene einstellt, die nach der Entlassung mit ihren Familien hiergeblieben sind. Um die Gemeinde zu entlasten.»
    «Es gibt aber weit mehr Arme in Laar und Meiderich als hier bei uns. Die wollen auch zu ihrem Recht kommen.»
    Weinhagen nickte. «Und die Löhne sind durch die Not der Menschen noch mehr gedrückt worden, das ist kein Geheimnis. Aber ich kann dafür sorgen, dass Ruhrort zumindest einen großen Anteil der Stellen bekommt, und selbst wenn wir manche Familien weiter unterstützen müssen, bleibt mehr in der Stadtkasse.» Er deutete Robert an, sich zu setzen, und nahm selbst hinter seinem Schreibtisch Platz.
    «Was ich mit dir besprechen wollte, Robert, ist Folgendes: Sobald bekannt wird, dass der Phoenix und auch die anderen Werke wieder einstellen, wird hier eine Menge Volk durchkommen. Wir müssen die Kontrollen und Registrierungen so organisieren, dass uns keiner entgeht, der sich ohne Wohnung und Arbeit hier niederlassen will.»
    Robert seufzte. Mit dem neuen Polizeidiener hatte er endlich einen Personalstand erreicht, mit dem er der Menge der Ein- und Durchreisenden gewachsen war. Aber die Ankündigung des Bürgermeisters ließ erahnen, dass er wieder nicht genug Leute haben würde.
    «Meinst du, es lässt sich überall so organisieren wie an der Duisburger Fähre?»
    «Das würde bedeuten, dass je ein Mann an der Roskath’schen Fähre, der Aakerfähre, dem Hebeturm, am Bahnhof und an der Chaussee Posten bezieht.» Robert schüttelte den Kopf. «Dazu sind wir immer noch zu wenige. Schließlich müssen die Leute ja auch registriert werden, jemand muss die Schreibarbeiten erledigen.»
    «Nun, wenn wir Geld sparen, weil wir weniger Bedürftige unterstützen müssen, dann könnte ich euch vielleicht noch einen Schreiber zur Verfügung stellen.»
    «William, Ruhrort ist eine Stadt ohne Mauern, abgesehen von den Anlegestellen am Fluss gibt es keine festen Kontrollpunkte. Selbst wenn wir jeden Einfallsweg kontrollieren, es schleichen sich immer Leute an uns vorbei. Und wenn sie erst einmal drin sind – du weißt doch, die Altstadt ist wie ein Loch: Wen sie einmal verschluckt hat, den spuckt sie nicht mehr aus. Ich glaube, dass wir zurzeit schon einige hundert Bürger mehr in Ruhrort haben, als unsere Listen ausweisen.» Er dachte kurz nach. «Wir verstärken die Kontrollen an der Duisburger Fähre und konzentrieren uns auf die Chaussee und die Phoenixstraße. Von dort sind die meisten zu erwarten, die im Werk arbeiten wollen. Und dann gehen wir häufiger Streife in der Altstadt und kontrollieren die Kneipen und Unterkünfte regelmäßig.»
    Weinhagen wirkte unzufrieden. «Das heißt aber, dass uns viele durch die Lappen gehen werden.»
    «Weniger, als du denkst, William», sagte Robert bestimmt.«Und letztlich ist das Gesindel, das sich in der Altstadt verbirgt, doch eher meine Sache. Steuern zahlen die ohnehin nicht.»
    Der Bürgermeister schien immer noch nicht glücklich zu sein, aber die nüchterne
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