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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes
Autoren: Bjarne Reuter
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Svendborg eine Frau und zwei Kinder hat, einen langen Brief geschrieben und versiegelt hat.
    Das Schiff hier ist ein Totenschiff, flüstert der Bootsmann.
    Ich schreibe alles auf, was Barret meinem Bruder erzählt:
»Wir befinden uns im südlichen Atlantik. Soweit ich beurteilen kann, bei 37° Breite und 12° Länge.«
    Diese Position lässt die Mannschaft Amok laufen. Gegen Morgen versammeln wir uns an Deck. Die Stimmung ist seltsam. Der Nebel ist jetzt so dicht, dass wir einander kaum sehen können. Alle wirken bedrückt, sogar Barret, der zugibt, dass wir uns in der Nähe von Tristan da Cunha befinden.
    Ich sitze bei meinem Bruder. Wir sprechen über unsere
Jahre auf Sansibar und über unser altes Vaterland. Seltsam,
vom gelben Löwenzahn zu träumen, wenn unser ganzes Leben
aus Gewürznelken bestanden hat. Wir beschließen, die kleine Schiffstruhe mit all dem zu füllen, was uns wichtig erscheint.
Falls uns etwas zustößt. Edwards Gemälde, das schöne
Messingrelief und der alte Globus, der uns schon so lange
begleitet. Ich denke auch an das kleine Album mit dem Foto
von Familie Schiøler, auf dem auch die jüngere Tochter zu
sehen ist. Ein dänisches Sommerbild mit Wald und Meer,
fast kann man Mittsommer riechen.
    Ich glaube, der Aberglaube der Mannschaft hat Edward
angesteckt. Jedenfalls steckt er die Liste der Passagiere und
der Mannschaft in die Jolly Nigger Bank, und ich gestatte mir, darüber zu lächeln. Wir kommen schon wieder nach Hause,
sage ich ihm, verlass dich darauf.
    Und wie als Gruß an die Vorsehung versammeln wir uns an
Deck und singen unter Anleitung von Ann-Sofie einen Choral
über Glauben und Vertrauen.

15
    Ich fand die Whiskyflasche und meine Leute fanden die Schirmmütze und die Reste von drei roten Drachen. Damals hatten wir ja keine Ahnung, wo die herstammten. Jetzt gehören sie dem Museum in Gormsby.
    Bruno Ehrle, Strandvogt
     
    Sie hatten die Blenden vorgeschlagen. Das Haus war von der Umwelt abgeriegelt. Und jetzt, da sie keinen Strom mehr hatten, brannten in Esszimmer und Wohnzimmer die letzten Kerzen. Der Sturm hämmerte auf das Dach, riss an Brettern und Balken, aber im Haus war es überraschend still.
    Sie saßen um den Esstisch und jeder verarbeitete das Unwetter auf seine Weise. Die Stimmung wurde auch nicht besser dadurch, dass das Haus durch die vorgeschlagenen Blenden im Halbdunkel lag.
    Bromsen hatte sie damit beruhigt, er habe im Autoradio gehört, der Sturm werde nach Mitternacht abflauen. Die Frage jedoch, die die meisten zum Schweigen gebracht hatte, war von Franz gestellt worden. Er hatte gefragt, ob sie nicht so schnell wie möglich nach Hause fahren könnten. Vielleicht war es nicht so sehr die Frage an sich, sondern wie er sie gestellt hatte. Mit leiser, fastflehender Stimme. Franz Malbeck schien wie ausgewechselt. Er war erschüttert. Vielleicht von dem schrecklichen Wetter, vielleicht davon, was vorher passiert war.
    Es hatte eigentlich munter angefangen. Bromsen und Julius versuchten, die Stimmung mit einem sogenannten Staffelquiz aufrechtzuerhalten.
    »Wo ist Bach begraben?«, fragte Bromsen.
    »Das ist unbekannt«, antwortete JB.
    »Korrekt«, sagte Bromsen. »Du bist dran, Julius.«
    »Okay, wer hat die Salzbombe erfunden?«
    »Niels Bohr«, rief Gustav.
    »Falsch«, sagte JB: »Der Erfinder der Salzbombe war Wilhem Emanuel Blumendorph. Wer stellt die nächste Frage?«
    Anders zeigte auf.
    »Ich, und es geht um Wagner.«
    »Richard trank am liebsten Rhonewein«, sagte Thomas. »Der Name liegt mir auf der Zunge.«
    Anders fiel ihm ins Wort.
    »Maria Wagner«, sagte er.
    Die bisher so muntere Stimmung verflog wie Tau in der Sonne.
    Anders blickte sich in der Runde um.
    »Die Frage ist: Wie hieß Frau Wagner, ehe sie ihren Nachnamen gewechselt hat?«
    »Ist das nicht ganz egal?«, seufzte Tineke.
    Anders schaute sie an.
    »Das ist alles andere als egal, denn sie hieß Schiøler,Maria Schiøler, und ihr Vater war Pastor und fuhr kurz nach Marias Geburt nach Afrika. Da arbeitete er zwei Jahre als Missionar, dann schiffte er sich mit Frau und Tochter auf der Pemba ein. Sie wollten nach Hause, wie Max und Edward, heim nach Dänemark, heim nach Burgsvig.«
    »Aber was geht uns das an?«, fragte Vibe.
    »Wir sitzen in Pemba«, sagte Betty, »wie sie auf der Pemba gesessen haben. Einige von uns haben nach einem Zusammenhang zwischen ihnen und uns gesucht. Wir glauben, dass Maria Wagner dieser Zusammenhang ist. Wir glauben nicht, dass es ein Zufall ist, dass Haus und
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