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Das duestere Vermaechtnis

Das duestere Vermaechtnis

Titel: Das duestere Vermaechtnis
Autoren: Ben Nevis
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Justus-Jonas-Show!«
    Ein paar der Umsitzenden lachten, doch Justus ließ es bei einem scharfen Blick bewenden. »Meine Damen und Herren«, verkündete er mit fester Stimme. »Für das kleine Missgeschick mit der verschwundenen Krone zeichne ich verantwortlich. Genauer gesagt: ich und Kommissar Reynolds, der auf meinen Hinweis hin in einem unbeobachteten Moment vor Beginn der Aufführung das Requisit aus der Säule entfernt hat. Sie werden sich fragen: Warum? Ganz einfach. Weil, wie Sie vielleicht bereits gehört oder gelesen haben, Scott Carrara, der Autor des Stückes, eigentlich ein anderes Rätsel für diese Szene gedichtet hat. Ein Rätsel, das unter seltsamen Umständen verschwunden ist! Die Umstände dieses Verschwindens möchte ich heute klären.«
    Wieder erhob sich ein Gemurmel, ein Zeitungsfotograf stand auf und machte mehrere Bilder von Justus. Der lächelte kurz in die Kamera und stieß dann kräftig mit dem Gipsbein auf. »Meine Damen und Herren, Scott Carrara wollte Sie nicht nur mit einem guten Theaterstück unterhalten, nein, zur Premiere seines letzten Stücks hatte er etwas ganz Besonderes ausgedacht: Ein richtiger Kunstdiebstahl sollte auffliegen, einer aus der Realität – kein ausgedachter. Denn es gibt sie wirklich, die Krone, die der Königin von Saba zugeschrieben wird! Sie ist seit Jahren verschollen, aber sie befindet sich hier mitten unter uns! Ich und der Kommissar werden sie heute finden. Das ist der Knalleffekt, mit dem sich Carrara von seinem treuen Publikum verabschieden wollte; die Aufklärung der Tat, das ist sein düsteres Vermächtnis !«
    Kurz herrschte angespannte Stille. Justus genoss sie und lächelte zufrieden.
    Peter und Bob hingegen kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Justus liebte seine Schlussauftritte – das kannten sie aus langer Erfahrung –, aber vor so einem großen Publikum hatte er noch nie zuvor geglänzt. Samuel Reynolds zwinkerte ihnen zu. Offenbar las er ihre Gedanken oder er wusste zumindest bis zu einem gewissen Grad von der Geschichte, die Justus aufdecken wollte. Aber die anderen Zuschauer mussten Justus’ Ankündigung erst einmal verarbeiten.
    Der Erste Detektiv ließ das aufkommende Getuschel für einen Moment zu und warf einen prüfenden Blick auf Mister Turnbull. Dann wandte er sich wieder dem Publikum zu und stieß mit dem Gipsbein auf die Holzplanken. Es wurde wieder still. »Meine Damen und Herren, ich verlese jetzt das Originalrätsel, so wie es Scott Carrara in das Theaterstück eingefügt hat. Es stammt von der Königin von Saba. Sie präsentierte König Salomon zwei Blumensträuße und fragte ihn: Sag mir – von diesen beiden Blumensträußen – welche Blumen sind, von weitem – echt und welche falsch? Es ist übrigens das Zitat, das auch auf dem Torbogen am Eingang steht. Gewissermaßen ein Wahlspruch des Künstlers, der den Bogen und viele der Figuren hier erbaut hat: Phil Thompson, genannt Fly – ›die Fliege‹. Doch warum nannte er sich ›die Fliege‹? Wir werden es verstehen, wenn wir hören, wie die Antwort von König Salomon auf das Rätsel der Saba lautet: Salomon löste das Rätsel, deutet auf den echten Blumenstrauß und erklärt seine Wahl mit den Worten: Über diesen Blüten fliegen – in verliebten Kreisen, vorsorgliche Bienen, und über jenen, zur gleichen Zeit, schmutzige Fliegen . Denn die Bienen riechen die Blütenpollen und zeigen den Weg zu den echten Blumen, währen sich die Fliegen von der Kopie täuschen lassen. Und Fly Thompson verstand sich als ein Kopist, der berühmte Kunstwerke anderer Schöpfer nachbaute. Die Geschichte der Königin von Saba gefiel Thompson, zumal ihm eines Tages die echte Krone der Saba in die Hände fiel. Er hat sie nachgebildet! Und zwar täuschend echt!«
    Wieder Gerede und wieder musste Justus für Ruhe sorgen. »Fly fertigte die Kopie für einen geheimnisvollen Auftraggeber an, der sie aus Gründen der Täuschung brauchte: Das von ihm auf dem Schwarzmarkt erstandene Original, das ein Soldat aus einem arabischen Land gestohlen hatte, wollte er vor neugierigen Augen verstecken und nur die Kopie in seinem Anwesen präsentieren. So konnte er sich notfalls aus allem herausreden. Was der Auftraggeber nicht ahnte: Der Schlaukopf Thompson fertigte in Wirklichkeit zwei Kopien an, gab ihm die zweite statt des Originals und behielt selbst die richtige Krone! Sozusagen als Sicherheit, falls sein Auftraggeber nicht zahlte. Und er zahlte nicht. Da hielt Thompson einfach den Mund und grinste
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